PJ-Tertial Chirurgie in Universitaetsklinikum Heidelberg (4/2020 bis 7/2020)

Station(en)
Unfallschirurgie, Urologie, Viszeralchirurgie, Aussenrotation Sinsheim
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Ich hab das 1. Tertial des wegen Corona vorgezogenen PJs in der Chirurgie an der Uni in Heidelberg gemacht. Dort hat man alle 2-4 Wochen Rotationen auf verschiedene Stationen, wozu man vorher Wünsche angeben darf.
Ich hatte als 1. Unfallchirurgie in Schlierbach, dann Urologie, dann Viszeralchirurgie und am Ende noch die Außenrotation in Sinsheim.
Insgesamt muss man in Heidelberg 4 Nachtdienste (anschließend nach dem regulären Dienst, bis 24 Uhr) und 2 Wochenenddienste (9-24 Uhr) machen. Dafür gibt es bei Nachtdiensten einen Tag ausgleichsfrei, bei Wochenenddiensten sogar zwei Tage, die man sich frei einteilen kann.

Unfallchirurgie:
Die Klinik liegt etwas außerhalb in Schlierbach, wo man aus der Altstadt mit dem Fahrrad 20-30 Minuten hinbraucht oder mit der S-Bahn bis Schlierbach-Orthopädie fährt. Ich musste so gegen halb 8 da sein, das geht also insgesamt noch.
Die Assistenzärzt:innen sind alle super, insbesondere die, die schon länger dabei sind! Bei den Oberärzten (ja, alles Männer) gibt es ausser den Chef wenig Sympathische, und leider 2, die sich für Sexismus nicht zu schade sind.
Strukturierte Lehre gab es kein einziges Mal. Als PJler:in besteht deine Aufgabe vor allem in Hakenhalten im OP, gerne auch mal Beine oder Schultern für mehrere Stunden. Wenn du dabei Glück hast, wird dir was erklärt und du darfst am Ende zunähen oder sogar mal bohren - das ist aber die Ausnahme. Manchmal wird man auch für eine Hüft-TEP von einem der orthopädischen Teams angefordert.
Es gibt Mittagsbesprechungen, die spannend sind. Dort werden die OP-Indikationen des nächsten Tages besprochen und die gelaufenen OPs. In die Morgenbesprechungen mit der ganzen Klinik (Unfall + Ortho) durften wir leider nicht. Ab und zu kommen die Plastischen Chirurgen aus Ludwigshafen, dann werden die speziellen Fälle besprochen - sehr empfehlenswert!
Blutabnehmen muss man in Schlierbach nur selten, dann aber bei den wirklich schwierigen Patienten, bei denen es die Needle Nurse nicht geschafft hat.

Urologie:
Der Traum! Nettes Team, tolle Assitenzärzt:innen, nette Oberärzt:innen! Hab es selten erlebt, dass mir so viel Feedback gegeben wurde, oder dass sich eine Assistenzärztin einfach mal 1 Stunde mit dir hinsetzt, um ein Krankheitsbild zu besprechen. Als reguläre Aufgaben muss man auf der Station Blut abnehmen (nicht bei allen Patienten, aber wenn man alleine dort ist, sind es schon recht viele - das passiert aber zum Glück selten), Sonos der Nieren und der Blase machen und im OP helfen. Wir konnten als PJs auch recht schnell Patient:innen übernehmen, die man dann morgens (leider frühe Visite um 7:00) vorstellt, den Brief schreibt etc, aber eigentlich helfen die Stationsärzt:innen auch sehr viel dabei.
Wenn nichts zu tun ist, kann man auf der Ambulanz eigene Patienten betreuen (Anamnese, Untersuchung, Sono, Dokumentieren), bei kleinen ambulanten Eingriffen wie Nephrostoma-Wechsel oder DJ-Wechsel assistieren, im ESWL-Raum bei Prostatastanzen zu schauen oder in den OP wandern, irgendeinen spannenden Eingriff gibt es immer.
Es wird auf jeden Fall gesehen, wenn man interessiert ist, und alle sind super wertschätzend. Das extra Logbuch für die Urologie nervt zwar ein bisschen, aber damit könnt ihr auf jeden Fall einfordern, Katheter zu legen, bei Untersuchungen dabei zu sein und Feedback zu bekommen.

Viszeralchirurgie:
Auf das Hoch folgte leider das absolute Tief. Ich war auf Station 8 und kann leider niemandem, der ernsthaft an Viszeralchirurgie interessiert ist, empfehlen, dafür nach Heidelberg zu gehen.
Auf Station nimmt man morgens Blut ab und legt Viggos. Oft verpasst man dafür die Visite, bei der man aber sowieso nur Requisite ist. Dann ruft der OP an, wo man dann oft den ganzen Tag bleibt. Sonst ist man auf Station für die Aufnahmen zuständig, was bedeutet, dass man einen Aufnahmebogen ausfüllt und kurz auf Herz und Lungen hört. Eine dezidierte chirurgische Untersuchung ist nicht notwendig und wird auch wenn, dann nie mit den PJs zusammen gemacht. Die Aufnahmen stellt man um 15 Uhr im Hörsaal allen vor. Wenn man dabei Fehler macht (wehe, wenn man eine Information 2x nennt), dann wird man von den leitenden Oberärzten oft mit dämlichen Kommentaren bloßgestellt.
Die Fälle, die in Heidelberg operiert werden, sind schon sehr spannend. Viele Whipple-OPs natürlich, aber auch Transplantationen, Darmchirurgie, Schilddrüsen-OPs etc. Im OP ist die Stimmung meist nicht angenehm. Es gibt viele Operateure, die dir nie ihren Namen sagen, wenn man sich höflich vorstellt (weil sie erwarten, dass man sie kennt, nehme ich an), und einen auch sonst wenig beachten. Fragen kann man immer stellen, aber oft wird man dann statt mit Erklärungen mit Gegenfragen bedacht und vollkommen verhöhnt, wenn man nicht genau weiß, was die anatomischen Genauigkeiten sind.
Ab 16 Uhr gibt es dann die Dienst-Pjler, die einen eigentlich in den langen OPs auslösen können. Das ist oft kein Problem, aber bei manchen Operateuren wurde schlichtweg untersagt, den Dienst-PJ anrufen zu lassen, oder man wird mit so netten Aussagen konfrontiert wie "Klar können Sie jetzt gehen, wir sehen uns ja dann beim mündlichen Examen". Ein Chirurg hat mir erzählt, dass er Frauen für eh emotionaler und somit weniger logisch veranlagt hält, und das scheint keine Ausnahme zu sein.
Natürlich gibt es auch Ausnahmen, Prof. Probst und Prof. Hackert zum Beispiel sind super, wenn ihr bei denen ein Sub-Internship bekommen könnt, auf jeden Fall machen!

Im Dienst ist man hauptsächlich in der Ambulanz, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Dort kann man eigene Patient:innen versorgen, kleinere Wunden nähen, schallen und dokumentieren. Blutabnahmen werden in der Ambulanz von der Pflege gemacht, man hat aber ein Diensttelefon und kann aus dem ganzen Haus für Blutabnahmen/ Viggos/ EKGs angerufen werden. Bei Schockräumen kann man oft zuschauen. Ab und zu wird man im Dienst in den OP gerufen, da ist die Stimmung auch in der Regel besser als tagsüber. Das Team bestellt in der Regel zusammen Abendessen, was echt nett ist.

Aussenrotation in Sinsheim:
Wieder komplett anders: Kleines, familiäres Team, super netter Chef, der sich sofort deinen Namen merkt und gerne erklärt, tolle Assistent:innen und nette Oberärzte. Das Spektrum entspricht halt dem eines Wald-und-Wiesenkrankenhauses, dafür lernt man, mit den normalen chirurgischen Fällen wie Appendizitis, Cholezystitis und Darmkrebs gut und sicher umzugehen.
PJ-Aufgaben sind zwar nicht Blutabnehmen (das nur im Ausnahmefall nachmittags, wenn die Needle Nurse nicht mehr da ist), aber die gelegentliche Viggo und insbesondere das Drainagenziehen mit Verbandswechseln. Hält sich aber alles in sehr angenehmen Grenzen.
Wenn man möchte, kann man bei den Entlassbriefen helfen, das ist aber kein Muss. Wenn ihr Lust drauf habt, kann man in der Notaufnahme mitlaufen oder Patienten übernehmen.
In den OP wird man gelegentlich gerufen, dort gibt es neben den allgemeinchirurgischen Fällen auch gefässchirurgische Eingriffe. Stimmung ist meistens gut, es wird viel erklärt und wenig erwartet. Alle 2 Wochen kommt ein Chirurg aus der Uni für eine Whipple-OP, dann ist es immer strange von der Stimmung, aber da muss man als PJ selten mit an den Tisch.
Fast jeden Tag gibt es im Haus PJ-Unterricht (Gyn, Innere, Neuro, Chirurgie, Ortho/Unfall, Notfall/Anästhesie), der sehr spannend und praktisch ist und von den Ärzt:innen auch mit viel Elan gemacht wird.
Man bekommt Essensmarken und auch Kaffeemarken für jeden Tag.
Schluss ist meist gegen 16 Uhr, wenn nichts zu tun ist, auch gerne früher.
Einziger Wermutstropfen: Nach Sinsheim braucht man mit den Öffentlichen fast eine 1h. Nachmittags ist das kein Problem, weil eine S-Bahn jede halbe Stunde fährt, aber morgens gibt es keine direkte Verbindung, mit der man zur Visite um 7 Uhr pünktlich wäre. Da ist man entweder 90 Minuten ab Heidelberg unterwegs oder findet eine gütige Seele, die dich mit dem Auto mitnimmt.

Insgesamt hab ich mir gewünscht, mein ganzes Tertial in Sinsheim gemacht zu haben, und mein Wahltertial in der Uro. Naja. :)

Bewerbung
An der Uni gibt es eigentlich immer noch Plätze.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Braunülen legen
Briefe schreiben
Patienten aufnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Blut abnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Gehalt in EUR
800 (Aber Coronabedingt, inzwischen ist es wieder bei 400, soweit ich weiss)

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
4
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
4
Unterricht
6
Betreuung
6
Freizeit
4
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
4

Durchschnitt 4.13