OP, Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station
Heimatuni
LMU Muenchen
Kommentar
Im Vorfeld musste ich mein Learning Agreement sowohl von der Klinik in Bruneck, als auch vom Auslandsreferat der Medizinischen Fakultät der LMU unterschreiben und bestätigen lassen. Die Kommunikation mit Frau Neumair in Bruneck war ausgesprochen schnell und unkompliziert. Vorab hatte ich sie um Tipps für Unterkünfte vor Ort gebeten, da es kein Wohnheim gab. Sie gab mir dann eine Liste mit Adressen von Personen, die oft an Medizinstudenten vermieten.
Es war allerdings bis ein Monat vor Beginn des Tertials nicht klar, ob ich das Praktikum antreten kann, da dank Corona-Krise zunächst alles auf Eis gelegt wurde. Als ich dann die endgültige Zusage bekam, im Sommer 2020 doch mein Praktikum dort absolvieren zu können, freute ich mich umso mehr.
Am ersten Tag wurde ich auf der Chirurgie empfangen und für alles Organisatorische (Dienstausweis, Kleidung, Schlüssel, Spind) begleitet.
Während meines Praktikums durfte ich unter Aufsicht eigene Patienten betreuen, diver-se Schockräume begleiten und bei Interventionen im OP sowie der Ambulanz/Endoskopie assistieren. In der Notaufnahme kann man mit etwas Eigeninitiative am meisten selber machen: Blutabnehmen und Zugänge legen (ist dort eigentlich beides Aufgabe der Pflege), Wunden versorgen und Nähen, Sonographieren, etc.
Da die Notaufnahme in Bruneck zwar von Chirurgen betreut wird, aber im Grunde inter-disziplinär fast alle Patienten primär sichtet, konnte ich ein sehr breites Spektrum an Pa-tienten sehen und mitbetreuen (internistische, chirurgische, neurologische, urologische, ophthalmologische, pädiatrische Patienten, interdisziplinäre Polytraumata u.a.). Auf Station war meist nicht viel zu tun. Die Blutentnahmen und teilweise auch die Verbandswechsel) erledigt die Pflege schon morgens. Man kann mit auf Visite gehen und die Patienten mit dem betreuenden Arzt besprechen.
Im OP konnte man diverse allgemeinchirugische OPs kennen lernen. Wenn man möchte kann man auch Zeit bei den Orthopäden verbringen. In Südtirol ist im Gegensatz zu Deutschland die Orthopädie/Traumatologie ein eigener Fachbereich. Die Unfallchirurgie so wie bei uns gibt es dort nicht.
Das Mensaessen vor Ort war auch um Welten besser als bei uns. Das Mittagessen gab es umsonst und es gab immer klassisch italienisch Primo, Secondo, Dessert. Und der Kaffee!!!
Man konnte auch immer Spätdienste mitmachen, die waren meist von 12-20 Uhr. Oft passieren Unfälle ja nachmittags/abends und dann gibt es meist mehr zu tun als morgens. 1-2 mal im Tertial wird man für einen Hakendienst am Wochenende eingeteilt. Man muss dann auf Abruf bereit und in 20min in der Klinik sein. Ich weiß allerdings von niemandem, der angerufen wurde. Ich persönlich habe diese Bereitschaftstage in der Klinik verbracht, weil auch am Wochenende oft viel los war und man so viel sehen konnten. So konnte mna dann unter der Woche einen Tag freinehmen konnte. Man wurde immer mit offenen Armen empfangen, sowohl von den Ärzten als auch von der Pflege. Das chirurgische Team dort war verhältismäßg klein und daher war der Zusammenhalt sehr eng.
Bruneck an sich ist ja ein beschauliches, schönes, kleines Städtchen mitten in den Bergen und am Fuße des Kronplatzes. An Freizeitmöglichkeiten fehlt es also weder im Sommer noch im Winter. Durch Corona war ich sehr froh, dass Sommer war und die Zahlen vor Ort relativ gering waren. So konnten wir unsere Freizeit hauptsächlich im Freien und in den Bergen und abends im Garten oder in Bars verbringen. Allgemein hat man das Gefühl, dass die Lebensqualität dort enorm hoch ist. Durch den italienischen Einfluss herrscht eine gewisse Grundgelassenheit, was auch das Arbeiten in der Klinik sehr angenehm macht.
In der Klinik und vor allem in der Notaufnahme wird die Sprache sowie das Computersystem (inkl. Arztbrief, Labor, radiologischer Befund) auf die Sprache des Patienten abgestimmt. Also wurde je nach Patient deutsch, italienisch oder auch ladinisch gesprochen.
Ich konnte die Patienten auch auf Italienisch betreuen und Arztbriefe auf Italienisch schreiben (da ich zuvor ein Erasmus-Semester in Süditalien verbracht und dort Italienisch gelernt hatte.) Somit wurde vor allem mein medizinisches Italienisch verbessert. Es gab allerdings Studenten aus dem Norden Deutschlands, die hatten oft Schwierigkeiten v.a. mit dem Südtiroler-Dialekt, der vor allem während der Morgenbesprechung und im OP gesprochen wurde. Allerdings sind die meisten Südtiroler auch der hochdeutschen Sprache mächtig. ;)
Mir hat das Chrirugische Tertial in Bruneck unglaublich viel Spaß gemacht. Zum Einen konnte ich Patienten aus zwei verschiedenen Kulturen und auf zwei verschiedenen Sprachen betreuen. Zum Anderen war mein Ziel möglichst viel in der Notaufnahme zu sehen und nicht jeden Tag im OP zu stehen. Und das wurde vollkommen erfüllt.
Es gibt dort nur EINEN allgemeinchirurgischen OP, daher ist oft kein Bedarf an Assistenz (bzw. Hakenhalten). Zuschauen kann man aber immer. Wenn ich im OP war, wurde ich meist gerufen, weil sie noch ein Paar Hände brauchten oder weil ich im Spätdienst die einzige Assistenz war. Dann durfte ich immer mit am Tisch stehen. . Ich kann das PJ in Bruneck also jedem wärmstens empfehlen, der nicht so scharf auf den OP ist und lieber viel in der Notaufnahme sehen will. Wenn man recht heiß auf den OP ist, dann sollte man sich evtl. eine Klinik mit mehr OPs suchen.
Bewerbung
Die Klinik nimmt laufend Studenten für Famulaturen und das Praktische Jahr auf. Aller-dings ist dort die Warteliste sehr lang und es empfiehlt sich, möglichst 2 Jahre im Vor-raus anzufragen. Ich habe 1,5 Jahre vorher angefragt und damals einen der letzten Plät-ze bekommmen.