Zusammenfassend war mein PJ Tertial in Wilhelmshaven eine schlechte Wahl. Die mein Ursprünglicher Gedanke war ein Mobilitätstertial am Meer in einem mittelgroßen Krankenhaus. Ich war der einzige PJ Student in der Inneren Medizin, die Studenten der Chirurgie waren deutlich zufriedener.
Das Gebäude ist durchweg sehr alt und weitestgehend unsaniert. Die Patientenzimmer sind meist 3-Bett Zimmer, Nasszellen sind bis auf wenige Ausnahmen auf dem Flur. Es gibt (bis auf der Intensivstation und beim OP) keinerlei Personalumkleiden oder Spinde. Umziehen muss man sich in Lagerräumen oder (wie in der Notaufnahme) hinter einem Vorhang im Aufhenthaltsraum. Bei der Bekleidung ist man auf sein eigenes Organisationstalent angewiesen. Bei der Wäscheausgabe bekommt man lediglich einen Arztkittel oder ausgediente/ übrige Kleidung. Man kann sich aber auf Intensivstation oder der Notaufnahme mit Bereichskleidung eindecken. PJler bekommen ein Namensschild und ein Telefon, elektronische Schließungen gibt es nicht, somit wird keine Schlüsselkarte benötigt. In den meisten Bereichen der Inneren Medizin beginnt der Dienst zwischen 07:30 Uhr und 08:00 Uhr und Endet zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr. Mittagspause war eigentlich immer möglich. Das Essen war kostenlos, genießbar, aber hätte ich dafür bezahlen müssen, hätte ich nicht in der Kantine gegessen.
Organisierter Unterricht war ausschließlich chirurgischer Unterricht, der 1 Mal pro Woche geplant war. Ca. 50% davon waren gut, die anderen 50% fand der Unterricht entweder verkürzt, garnicht, oder schlecht improvisiert statt. Der Chef der Gastroenterologie hatte mir im Laufe des Tertials angeboten einmal pro Woche Fallbesprechungen zu machen. Diese Fallbesprechungen fanden zwar von 16:00 Uhr bis ca. 17:30 Uhr statt. Sie waren so gut, dass wir gerne länger geblieben sind. Das waren so ziemlich die Einzigen Momente im Tertial, in denen ich wirklich etwas gelernt habe.
Vermutlich aufgrund des maroden Gebäudes, der eher strukturschwachen Region und einer Aufteilung der Fachabteilung mit einem ähnlich großen Krankenhaus in der unmittelbaren Nähe, hat das Klinikum Wilhelmshaven Schwierigkeiten Personal zu finden. Ich habe in der Inneren Medizin lediglich zwei Assistenzärzte kennengelernt, die in Deutschland studiert hatten. Der Großteil der Assistenzärzte kommt aus dem Nicht-EU-Ausland und ist dementsprechend nicht vertraut mit PJ-Studenten. Viele sind aufgrund der Sprache und der dünnen Personaldecke überfordert und können dadurch keine Anleitung übernehmen. Es fehlt an grundlegenden Fähigkeiten wie Arbeitssicherheit oder Hygiene bei Punktionen. Es gab viele unreflektierte Blutentnahmen, die aufgrund der Arbeitsbelastung stets auf mich übertragen wurde. Teilweise war ich den ganzen Vormittag mit Blutentnahmen oder dem Legen von Venenverweilkanülen beschäftigt.
Empfehlen kann ich in diesem Krankenhaus, wenn überhaupt, die Gastroenterologie. Der Chef und einer der Oberärzte sind sehr engagiert und motiviert. In der interventionellen Kardiologie habe ich ähnliches erlebt.
Eine Unterkunft wurde kostenfrei gestellt. Ich war in einem Personalappartement untergebracht, das in den 60ern gebaut, und vor ca. 10 Jahren renoviert wurde. Das Zimmer war groß, jedoch seltsam aufgeteilt. Im Zimmer gab es eine Kochzeile und Kühlschrank, sowie ein Sofa. Für 3 Appartements gab es eine Toilette und ein Bad mit Dusche und Toilette auf dem Flur. Es gab eine Waschmaschine, in der man für ca. 2€ waschen konnte. Das Zimmer war sehr hellhörig und das einzige Fenster war zur vielbefahrenen Durchgangsstraße ausgerichtet. Da es keinen Sonnenschutz gab, heizte sich das Zimmer im Sommer sehr auf. Aufgrund des Lärms und der rauchenden Mitarbeiter der Kinder und Jugendpsychiatrie unter dem Fenster, konnte man das Fenster nachts nicht offen lassen. Die Nächte waren dementsprechend wenig erholsam. Ärgerlich war eine sehr langsame und instabile Internetverbindung. Trotz mehrfacher Versuche dies beheben zu lassen, fühlte sich niemand des Klinikums dafür zuständig.
Mit etwas Glück bekommt man eine Ferienwohnung gestellt, wie die anderen PJ-ler, da für sie im Personalhaus kein Zimmer frei war.
Bewerbung
Bewerbung lief über das PJ-Portal über die Uni Göttingen. Die Uni Göttingen fühlte sich aber nur sehr begrenzt für mich zuständig, da sie das Klinikum Wilhelmshaven nicht mehr als Lehrkrankenhaus in Vertrag hatte. Seit Mitte 2020 ist nun das UKE Hamburg zuständig. Dadurch könnten sich einige strukturelle Verbesserungen im Hinblick des PJs ergeben.