Station, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Muenster
Kommentar
Obwohl Chirurgie nicht gerade mein Traumfach ist, hat mir das Tertial in Coesfeld wirklich viel Spaß gemacht. Und wie ich in den weiteren Tertialen feststelle, habe ich über Chirurgie auch echt viel gelernt!
Zur Arbeit selbst: Man fängt um ca. 7:15 mit der gemeinsamen Visite an. Je nach OP-Plan geht es dann entweder dorthin oder man bleibt auf Station, wo man bei allen anfallenden Tätigkeiten hilft, also Blut abnehmen (aber nur wenig, es gibt einen Entnahmedienst ;)), Fäden oder Drainagen ziehen, Dinge erledigen, Briefe schreiben/diktieren, etc. Insbesondere in der Unfallchirurgie waren die Kollegen die nettesten, die ich in der Chirurgie jemals getroffen habe. Vieles kann, wenig muss. Ich wurde nie mit einer Frage abgewiesen oder mit einer Aufgabe allein gelassen. Zugleich haben die meisten Lust, einem auch spontan mal was beizubringen. Wenn auf Station nicht so viel los ist oder man einfach Lust hat, etwas anderes zu machen, ist man auch in den Sprechstunden oder in der Notaufnahme stets willkommen.
Im OP sind ebenfalls alle nett und wenn man sich nicht allzu dumm anstellt, darf man ruckzuck auch mal was selbst machen. Natürlich stehen in der Unfallchirurgie auch die unvermeidlichen Hüft-TEPs an. Aber die lassen sich mit freundlichen und witzigen Kollegen auch überstehen.
Auch die Dienste sind in der UC sehr zu empfehlen, man macht quasi eine Doppelschicht, deren zweite Hälfte vor allem aus Notaufnahme und Patientenbetreuung von ZNA bis evtl. OP besteht. Da lernt man am meisten :)
In der Visceral- und Gefäßchirurgie (die Abteilungen sind mehr oder weniger vereint) läuft es ähnlich nett ab. Die Station bzw. Notaufnahme konnte es für mein Empfinden (rein interessenbedingt) nicht ganz mit der UC aufnehmen, dafür lernt man hier im OP noch viel mehr. Besonders der Chefarzt erklärt immer wahnsinnig viel und auch interessant während und nach der OP, wenn man sich etwas interessiert zeigt. Es lohnt, sich zuvor kurz ins Gebiet einzulesen bzw. die Anatomie etwas zu refreshen, denn man ist kein Hakenhalter, sondern wird interaktiv mit Fragen gelöchert. Allerdings bleibt meiner Erfahrung nach so auch mehr hängen.
Ansonsten sind auch hier eigentlich alle sehr nett und man fühlt sich willkommen. Zunähen darf man übrigens fast immer und wer das noch nicht kann: keine Bange. Bei mir hat sich der Chefarzt bei der ersten Intrakutannaht daneben gestellt und mir Tipps gegeben, bis ich fertig war. Dann drängelt auch kein Anästhesist ;)
Zum Drumherum:
Essen ist ein wichtiger Tagesordnungspunkt für alle Beschäftigten (ja, ich weiß, sehr untypisch für Chirurgen). Die Tage, an denen ich keine Mahlzeit geschafft habe, kann ich an einer Hand abzählen. Häufig gab es für mich sogar Frühstück und Mittagessen. Übrigens beides sehr zu empfehlen, die Kantine gehört zu den besseren, die ich bisher kennen gelernt habe und hat zudem sehr nettes Personal :)
Feierabend war, wenn die Arbeit soweit durch war, bei uns coronabedingt auch mal etwas eher als nach 8 Stunden. Auch da sind die Assistenten super kollegial, teilweise wird man sogar aktiv nach Hause geschickt, wenn man nichts mehr tun kann.
Bei Bedarf wird ein Zimmer in einer der PJ-WGs gestellt. Die sind wohl recht unterschiedlich, aber "meine" war super. Mitten in der Stadt, ein süßes Zimmer sowie ein cooles Wohnzimmer und große Küche mit über die Jahre gesammelter Vollausstattung für alle.
Außerdem:
Seminare (Radio einmal ausgenommen, das hat super geklappt und war stets interessant gemacht) fanden leider eher unregelmäßig statt, wohl ebenfalls den Corona-Umständen geschuldet. Meist waren sie dann aber ganz gut und konnten mir einiges vermitteln.
Zudem besteht die Möglichkeit, mit dem Notarzt mitzufahren. Die Ausrüstung bekommt man komplett gestellt und den Pieper hat man halt dabei und sprintet im Falle eines Alarms los. Ich bin zwei oder drei Mal mitgefahren und auch das war lehrreich.
Ebenfalls gut zu wissen: man kann ohne große Umstände für 2-3 Wochen in eine andere Abteilung der Wahl rotieren.
Der einzige mögliche "Kritikpunkt" wäre, dass wir zeitweise mit relativ vielen PJlern dort waren (weil es eben beliebt ist dort). Dazu kann sich jeder selbst seine Gedanken machen, aber ich bin niemand, der sich um die 25. Hüfte prügelt - von daher war es so entspannt und jeder konnte das machen, worauf er Lust hat.
Zusammenfassend kann ich die Chirurgie in Coesfeld also nur wärmstens empfehlen. Ein hervorragende Abteilung vom Assistenzarzt bis zum Chefarzt, ein freundliches Haus und nettes Drumherum. Ich würde es sofort wieder so wählen.