PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Marienkrankenhaus (1/2021 bis 3/2021)
Station(en)
C2/C3
Einsatzbereiche
Station
Heimatuni
Hamburg
Kommentar
Willkommen im Club der alten weißen Männer, aka der alten weißen Chirurgen.
Die Chef- und Oberarztriege ist ausschließlich männlich, die Assistentenschaft dagegen überwiegend weiblich.
Größtenteils sind in dem Haus alle , von Chefarzt bis zur Pflege, sehr freundlich und nett.
Jedoch ist das PJ hier eher eine große Enttäuschung. Die einzigen Aufgaben für die Studierenden sind Blutabnehmen und Braunülen legen. Dies wird als Selbstverständlichkeit erwartet. Man ist eine sehr günstige Arbeitskraft. Der Lohn besteht aus 7,50€/Tag, welche auf der Mitarbeiterkarte für den Verzehr in der Kantine bestimmt sind.
Der Tag beginnt um 7:00 mit der Visite. Dabei dackelt man als Studierende/r hinter der Ärzteschaft her und ist offiziell damit beauftragt die Wunden mit Octenisept zu besprühen nachdem der Oberarzt das Pflaster gelüpft hat. Es gibt schon mal den leicht vorwurfsvollen Spruch ,,Bitte Sprüh!!'' wenn man das Fläschchen nicht sofort parat hat. Irgendwas mit den Studierenden besprochen wird nicht. Die Ärzt*innen kommunizieren untereinander, aber die Studierenden werden dabei nicht einbezogen.
Um 8:00 ist eine Besprechung mit allen Angehörigen der Allgemeinchirurgischen Abteilung. Dabei werden die wichtigsten Infos aus dem Dienst, von den Intensivpatient*innen und den Stationen besprochen. Auf dem OP-Plan stehen bei manchen Operationen PJ-Studierende als 2. Assistenz auf dem Plan. Da es meist mehrere PJler*innen und Famulant*innen in der Abteilung gibt muss man sich untereinander absprechen wer zu was in den OP geht. Es gibt auch zwei Handys die man untereinander aufteilt.
Im Anschluss an die 8-Uhr-Besprechung ist es die Aufgabe der PJler*innen das Blut für die Laborkontrollen abzunehmen, Zugänge zu legen und BGA's zu machen. Wenn man damit fertig ist und nicht in den OP geht ist der Tag eigentlich vorbei. Man sitzt viel rum und ab und zu wird man angerufen das hier und da noch Blutentnahmen/Zugänge zu machen sind.
Im OP ist man als PJler*in meistens bei größeren Eingriffen eingeteilt wo jemand zu Hakenhalten benötigt wird. Meistens hat man hierbei keinen guten Blick in den Situs. Die Lehre im OP gleicht eher einem Anatomietestat, denn man wird meistens nach Muskeln oder anderen Strukturen gefragt. Natürlich ist die Anatomie ein wichtiger Bestandteil wenn man operiert, aber ich hätte im OP gerne mehr gelernt. Das höchste der Gefühle im OP ist es dann, wenn man nach 3h Hakenhalten ohne Situsblick den Tacker bedienen oder eine Drainage anknoten darf. Auf Nahttechniken oder ähnliches wird nicht eingegangen. Die Ärzt*innen operieren schnell und man hat den Eindruck das Aufgaben supervidieren oder etwas beizubringen eher lästig ist.
Auch wenn man Interesse hat und sich versucht einzubringen ist das eher zwecklos. Man untersucht keine Patienten, wird von den Ärzt*innen nicht in Therapieplanung, Indikationsstellung oder in die Planung des post-OP-Prozedere eingebunden. In der Ambulanz ist es mehr als unüblich das Studierende dort sind. In der Endoskopie kann man zugucken. Dies ist allerdings auch keine Dauerlösung. Wenn man fragt ob man Entlassungsberichte oder ähnliches schreiben kann wird einem höflich gesagt das dies eher unüblich ist (bedeutet ja auch Korrekturaufwand...).
Alle versuche sich einzubringen, etwas praktisch zu lernen oder kleine Aufgaben zu übernehmen laufen ins Leere.
Die Chirurgie des Marienkrankenhauses wird dem praktischen Jahr nicht gerecht. Blutentnehmen und Braunülen legen sind zwar praktische Aufgaben, aber meiner Meinung nach kein wertvoller Beitrag zur Lernkurve, die man zur Vorbereitung auf seine Assistentenzeit eigentlich haben sollte. Wenn alle Tertiale wie das chirurgische am Marienkrankenhaus wären, dann wäre man für seinen Arbeitsbeginn in der Chirurgie extrem schlecht aufgestellt.
Man merkt dass das Klinikum PJler*innen als billige/kostenlose Arbeitskräfte einsetzt und eigentlich keinerlei Interesse hat aktive Lehre am Patientenbett zu machen. Denn der PJ-Unterricht in Form von Vorlesungen am Nachmittag bildet keine praktische Ausbildung ab. Man hatte 5 Jahre Vorlesungen und Seminare und sollte im praktischen Jahr praktische Fähigkeiten erlernen, wie z.B. Therapieplanung, Untersuchungen, Dokumentation, Interventionen o.Ä.!
Die einzigen Pluspunkte sind die Freundlichkeit von allen Beteiligten und der Studientag jeden Freitag.