Ich habe mich relativ kurzfristig für das Chirurgietertial in Chur beworben und hatte Glück, dass coronabedingt ein paar Unterassistenten abgesprungen sind. Im Vorfeld darf man sich für einen Monat eine Station wünschen, hier stehen die Neurochirurgie, Urologie oder Orthopädie zur Verfügung. Einen weiteren Monat verbringt jeder UHU auf der Allgemeinchirurgie sowie den anderen Monat in der Notaufnahme.
Chur ist die Hauptstadt des wunderschönen Kantons Graubünden und stellt mit dem KSGR damit das größte Krankenhaus im ganzen Kanton. Demnach ist die Chirurgie recht groß und bietet alles von HNO über Urologie bis hin zu neurochirurgischen Eingriffen. Die Orthopädie und die Allgemeinchirurgie sind ebenfalls groß und es werden eigentlich alle chirurgischen Patienten, bis auf Brandverletzte, behandelt. Ich war den ersten Monat auf der Orthopädie eingesetzt. Hier ist man entweder im OP eingeteilt (super häufig, teilweise 8h Hakenhalten bei Wirbelsäulenoperationen) oder auf der Station (hier gibt es eigentlich nicht viel zu tun, bis auf ein paar Röntgenbilder anmelden und kurzen chirurgischen Visiten beizuwohnen). Alles in allem war die Stimmung im Team nicht so toll, was aber auch daran liegen mag, dass die Orthopädie gerade von einem anderen Standort ins Haupthaus umgezogen ist und noch nicht alles so eingespielt war. Trotzdem habe ich alle Standard-OPs wie Hüften, Schulter, Knie-TEPs, etc. gesehen, was sicher nicht schadet. Viel Nähen darf man hier leider nicht.
Der Monat auf dem Notfall war super - hier können Patienten eigenständig betreut werden, wobei man unglaublich viel lernt. Ich durfte Rissquetschwunden Nähen, habe Untersuchungen angemeldet und beim Reponieren von dislozierten Frakturen geholfen. Hier arbeitet man im Schichtsystem - 3x Frühschicht von 7.30-17.30 Uhr, dann 3x Spätschichten von 12-21.30 Uhr, dann ein Tag frei gefolgt von drei Nächten. Danach folgt noch einmal ein freier Tag. Dieser Rhythmus ist gewöhnungsbedürftig und es ist sehr unterschiedlich, wie viel in den Nächten zu tun ist. Ich konnte meist um 3 Uhr nach Hause gehen, und wurde dann auch nicht mehr für Notfälle angerufen.
Im letzten Monat war ich auf der Allgemeinchirurgie, hier gab es für PJler wenig zu tun. Teilweise waren alle Ärzte im OP, sodass wir zu zweit auf der Station gewartet haben und keinerlei Aufgaben hatten. Hier kann man dann eigenständig lernen und sich belesen. Ich durfte dann aber auch oft schon um 16 Uhr nach Hause gehen.
Das Team war wirklich nett und der Umgang in der Schweiz ist ganz anders, als ich es aus deutschen Klinken gewohnt bin. Die Pflege betreut weniger Patienten, hat mehr Befugnis und ist zu allen PJlern sehr nett. Mit dem Schweizerdeutsch hatte ich nach den ersten zwei Wochen keine Probleme mehr. Alle Unterassistenten sind in WGs untergebracht, die direkt gegenüber des Spitals liegen. Die Miete von ca 350 Franken wird direkt vom Lohn (1000 CHF) abgezogen. Die WGs sind mit Küchenutensilien sehr unterschiedlich ausgestattet - es lohnt sich also, eigene Töpfe und Teller mitzubringen. Es war total nett, mit den anderen UHUs zusammen zu wohnen. Immer war jemand zu Hause, wir haben immer gemeinsam gekocht und natürlich die Wochenenden genossen. Über den Freizeitwert von Graubünden muss ich nicht mehr viel erzählen und verweise auf die anderen Erfahrungsberichte. In einem Satz: Graubünden ist einfach nur großartig.
Ich würde jederzeit wieder ein Tertial in Chur machen.
Bewerbung
Ich habe mich vier Monate im Voraus beworben - das war wohl eine Ausnahme, da coronabedingt viele PJler ihre Auslandstertiale abgesagt haben. Normalerweise 2 Jahre im Voraus alle Plätze belegt