PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Kantonsspital Uri (3/2021 bis 6/2021)

Station(en)
alle
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Es folgt ein recht ausführlicher Bericht, um meine Erfahrungen möglichst gut zu vermitteln, sodass man sich selbst ein Bild davon machen kann. Aber hier eine Kurzfassung im Voraus:
- kleines Spital, sehr freundliche Arbeitsatmosphäre
- breites Spektrum an Chirurgie, v.a. Traumatologie, Orthopädie, Allgemein-/Viszeralchirurgie
- eigenständiges und verantwortungsvolles Arbeiten, Integration ins Team
- wahnsinnig nette Kollegen, motivierte Oberärzte
- Bereitschaftsdienste (=Pickett) unter der Woche und am Wochenende, die durch Kompensationstage ausgeglichen werden
- Zimmer im gut ausgestatteten Personalwohnheim für 240 CHF
- sehr hoher Freizeitwert für alle, die gern in der Natur und den Bergen sind
- 100% Weiterempfehlung!

Allgemeines/Organisatorisches

Ich war für 4 Monate als Unterassistentin in der Chirurgie. Die Uhus und Assistenzärzte sind sowohl für allgemein-/viszeralchirurgischen und orthopädisch-/traumatologischen Patienten als auch für die Patienten der Belegärzte zuständig (Neurochirurgie, Handchirurgie, Fusschirurgie, Urologie). Man kann also ein recht breites Spektrum an Krankheitsbildern und Patientengut kennenlernen.
Am ersten Tag gab es für alle neuen Mitarbeiter eine Einführung, bei der das Spital und die einzelnen Abteilungen vorgestellt wurden und die organisatorischen Strukturen erklärt. Ausserdem gab es eine Führung durch das Haus und man hat Schlüssel, Badge und das eigene Telefon bekommen. Am zweiten Tag gab es dann noch eine Einführung in das Klinik-Informations-System und dann ging es ab dem Nachmittag auf die Abteilungen. Es findet sich sicher auch ein UHU der euch gerne nochmal herumführt und ein paar Dinge zeigt.

Aufgabenbereiche

In Bezug auf den Arbeitsalltag kann man viel selbst entscheiden, was man machen möchte. Es gibt ein paar Dinge, die von einem erwartet werden, dazu gehören die präoperativen Checklisten (kurz bei den Patienten, die am Morgen elektiv kommen, vorbeigehen, ein paar Fragen stellen – Name, Geburtsdatum, Allergien, etc. – und eine Markierung machen) und die Assistenz bei gewissen OPs. Hier ist es so, dass man logischerweise ab und zu die undankbare zweite Assistenz bei den Hüftprothesen «gewinnt» und Haken halten nunmal auch dazu gehört, aber je nach Motivation und Interesse darf man auch einzelne Schritte bis hin zu kleinen OPs selbst machen. Und ich habe mich dabei nie wie ein stummer Dienstleister gefühlt, ich konnte immer Fragen stellen, die auch gerne beantwortet wurden, zum Teil haben die Operateure auch pausiert und mich zu sich geholt um mir etwas zu erklären und besser zu zeigen - allgemein war es im OPS in der Regel eine angenehme Atmosphäre. Die OPs werden meistens am Vortag morgens unter allen Assistenten und Unterassistenten aufgeteilt, das lief meiner Meinung nach immer sehr fair ab. Wenn jemand einen Wunsch hatte, wurde das meist berücksichtigt, und auch als Unterassistent konnte man seine Präferenzen äussern. Wenn man nicht im OPS war, dann konnte man entweder auf dem Notfall helfen und auch ganz selbstständig Patienten übernehmen, oder auf der Station (auch hier konnte man Patienten eigenständig betreuen), und sonst war es auch immer möglich in die Sprechstunde zu gehen oder bei interessanten OPs zuzuschauen.

Pickett-Dienste

Die Pickett-Dienste werden unter den UHUs aus allen Fachrichtungen aufgeteilt. Unter der Woche sind es immer 14 Stunden (18 bis 8 Uhr), am Wochenende ganztägig. Die Dienstauslastung hängt davon ab, wie viele UHUs gerade da sind – i.d.R. maximal ein Dienst unter der Woche und maximal 1 Wochenende im Monat. Während der Zeit sollte man stets innerhalb von 10 Minuten im OPS sein können, es ist jedoch auch möglich nach vorheriger Absprache am Wochenende einen kurzen Einkauf zu erledigen. Während des Dienstes ist man auf Abruf für die Assistenz bei OPs oder auch um auf dem Notfall auszuhelfen. Ausserdem wird man für die polizeilichen Blutentnahmen angerufen – die sind oft nachts und man muss sie nicht unbedingt machen, es gibt aber einen grossen Vorteil: gute Entlohnung, etwa 80 Franken pro Blutentnahme, die dir mit der nächsten Lohnzahlung überwiesen werden.

Tagesablauf

Der Tag beginnt in der Regel um 6:45 Uhr mit den ersten OP-Checklisten. Dann war immer eine kurze Visite mit der Pflege, was in der Nacht passiert ist, und um 07:40 Uhr war der Morgenrapport. Im Anschluss haben die ersten OPs angefangen und für alle anderen gab es gemeinsames Kaffeetrinken. Dann folgte Stationsalltag und OP-Programm. Zum Mittag wurde eigentlich immer soweit es möglich war zusammen gegessen. Und für die Pausen wurde sich auch wirklich Zeit genommen, meist noch mit einem Kaffee auf der Dachterrasse im Anschluss. Das Mensa-Angebot ist ausgesprochen gut gewesen und für Schweizer Verhältnisse vergleichsweise günstig. Feierabend war ganz unterschiedlich, es gab immer solche und solche Tage. Theoretisch geht der Tag bis etwa 17 Uhr, aber manchmal war man nach dem Mittagessen fertig und manchmal gab es bis 20 Uhr noch etwas zu tun. Es hängt auch davon ab, ob man selbst beizeiten gehen will oder noch helfen / etwas Spannendes sehen will – am Ende zwingt niemand einen lang da zu bleiben.
Immer am Montag war noch morgens der Journal Club oder ein kurzer Vortrag und im Verlauf des Vormittags der Röntgen-Rapport, wo alle Bildgebungen vom Wochenende ausführlich besprochen wurden, hier wurde oft auch nebenbei noch Teaching betrieben. Dienstag Nachmittag war die interdisziplinäre Tumorboard-Besprechung. Dann gab es noch jeweils eine orthopädische und eine chirurgische Chefarztvisite pro Woche. Und immer mittwochs gab es das sogenannte «Viszi-Kränzli», dort konnten die Assistenten ein allgemein-/viszeralchirurgisches Thema ihrer Wahl aussuchen, zu dem es dann eine interaktive Fortbildung gab, bzw. 1x im Monat gab es dann die Morbiditäts-Mortalitäts-Konferenz. Als ich da war, wurde sehr neu der Lap-Trainer angeschafft, dort konnte man realitätsnah den Umgang mit Laparoskopie-Instrumenten und Kamera üben. Den Zugang zu dem Raum haben zwar nur die Ärzte, aber es nimmt euch sicher gern mal jemand mit, sodass ihr euch auch ausprobieren könnt.

Arbeitsumgebung

Das Spital ist mit insgesamt ca. 80 Betten ziemlich klein, neben der Chirurgie gibt es noch die (Innere) Medizin, Gynäkologie und Anästhesie, die Stationen sind gemischt mit chirurgischen und medizinischen Patienten. Insgesamt gibt es 3 OP-Säle. Was man als grossen Pluspunkt festhalten muss ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Im Haus herrscht eine «Du-Mentalität», das heisst es ist gewollt, dass sich alle Mitarbeiter gegenseitig duzen. Das macht die allgemeine Kommunikation deutlich angenehmer, und oft genügt schon ein Anruf für die Lösung der meisten Probleme. Das Personal ist sehr freundlich und hilfsbereit und auch aufgeschlossen gegenüber allen Unterassistenten. Mit der Pflege lief die Zusammenarbeit auch immer gut, mir wurde bei Fragen oder auf der Suche nach etwas immer gern weitergeholfen und der Umgangston war stets nett.
Innerhalb des Ärzteteams wurde ich von Anfang an gut aufgenommen und integriert. Die Assistenzärzte waren allesamt sehr lieb, immer gut gelaunt, motiviert und miteinander sehr kollegial. (Kleine Anmerkung aufgrund der Berichte aus der vergangenen Zeit, in der die Arbeitsatmosphäre bemängelt wurde: die chirurgischen Assistenzärzte sind meist nur 1 bis maximal 2 Jahre da, das heisst, das Team in das man kommt, kann nach einem Jahr schon fast vollständig ausgewechselt sein, ich zumindest habe wirklich positive Erfahrungen gemacht). Es gab ein paar junge Oberärzte, die viel Begeisterung für ihren Job ausgestrahlt haben und einen auch immer auf Augenhöhe betrachtet haben, sodass man sehr gerne mit ihnen zusammengearbeitet hat. Die Kaderärzte allgemein waren immer motiviert einem etwas beizubringen, im OP wurde viel Teaching gemacht und interessante Fälle wurden auf dem Notfall/im Rapport/bei der Chefvisite besprochen.
Ich habe mich immer als Teil vom Team gefühlt und nicht als (untergeordnete) Extrarolle, wie man das zum Teil aus Deutschland kennt. Das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde, habe ich sehr geschätzt, und wir hatten auch wirklich viel Spass bei der Arbeit - ich hätte mir wirklich keine besseren Kollegen wünschen können!

Wohnheim

Als UHU bekommt man ein Zimmer im Personalwohnheim (direkt neben der Klinik, über einen unterirdischen Tunnel verbunden) für 240 Franken zur Verfügung gestellt. Waschbecken ist im Zimmer, Dusche und WC auf dem Gang. Für mehr Geld könnte man auch ein Zimmer mit eigenem Bad mieten. Pro Stockwerk gibt es eine Küche mit Kühlschrank, Herd, Ofen, Geschirrspüler, Geschirr und Besteck, sowie den Untensilien des Grundbedarfs und je nach Stockwerk noch so einigen Extras (Mikrowelle, Toaster, Wasserkocher, Kaffeemaschine, …). Ausserdem gibt es eine Dachterrasse mit Tischen und Stühlen und diversen Grills, die allen zur Verfügung stehen. Es gibt ausserdem einen überdachten und abgesperrten (wie ein Wintergarten) Bereich. Die Terrasse bietet ein wunderschönes Bergpanorama, Gelegenheit zum Chillen und im Freien essen und auch Platz für die ein oder andere kleine Feier (solange es nicht zu laut wird und die Fassade sauber bleibt). Die meisten UHUs haben im Wohnheim gewohnt, ein paar von den Assistenzärzten und sonst noch weiteres Personal aus dem Spital, da findet man genügend Gelegenheit Kontakte zu knüpfen. Ausserdem wurden die gemeinsamen Räume regelmässig durch die Raumpflege gereinigt, sodass es immer sauber war.

Freizeit

Altdorf selbst ist relativ klein, hat aber einige Restaurants, Bars und Einkaufsmöglichkeiten zu bieten. Luzern ist ca. 40 km entfernt. Den Vierwaldstättersee hat man unmittelbar vor der Nase und ebenso die Alpen, was natürlich unglaublich viele Möglichkeiten bietet: Windsurfen, Kitesurfen, Kajak fahren, SUP, Baden, Beachvolleyball, Wandern, Klettersteige, Bouldern und Klettern, Mountainbike, Skifahren (bis April sicher möglich, nächstes grosses Skigebiet Andermatt-Sedrun-Disentis ca. 35 km entfernt, Engelberg ist auch nicht sehr weit weg), Langlaufen, Skitouren, Schneeschuhwanderungen, … Es gibt auch zahlreiche Seilbahnen in der Umgebung, so kann man auch ohne die ganzen Höhenmeter die grandiosen Aussichten geniessen. Falls das Wetter nicht so gut ist oder man Lust auf italienisches Flair hat, erreicht man in ca. 1 ½ Stunden Lugano oder den Lago Maggiore im Tessin. Ausserdem ist der ÖPNV in der Schweiz super ausgebaut und man kann auch mit der SBB viele Orte besuchen.
Sonst haben wir auch oft etwas gemeinsam mit anderen UHUs oder Assistenten unternommen - Ausflüge, Wanderungen, gemeinsam gekocht/gegessen, abends noch auf dem Dach einen Apéro genossen, … und manchmal klopft auch jemand zaghaft an deine Tür und leistet dir Gesellschaft ;)
Bewerbung
ca. 1 Jahr im Voraus über Online-Formular, auch zu den deutschen Tertial-Zeiten möglich (nicht nur 1. und Letzter des Monats)
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Patientenvorstellung
Bildgebung
Sonst. Fortbildung
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Röntgenbesprechung
Eigene Patienten betreuen
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Notaufnahme
Chirurgische Wundversorgung
Untersuchungen anmelden
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
1200 CHF
Gebühren in EUR
ca. 350 CHF für Wohnheim + Sozialabgaben, Anerkennung von der Uni Zürich für 50 CHF

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.07