PJ-Tertial Chirurgie in St. Elisabeth Krankenhaus (5/2021 bis 9/2021)

Station(en)
11, 13 und 14, 15
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Leipzig
Kommentar
Sooo... Das chirurgische Tertial liegt hinter mir und ich kann vorneweg sagen, dass ich mich im Eli sehr wohl gefühlt habe - sowohl in der Viszeral- als auch in der Unfallchirurgie. Im Allgemeinen ist der Umgangston ein sehr guter, was mir im Arbeitsumfeld wichtig ist.
Das Tertial ist zwangsläufig zweigeteilt, man verbringt also je 2 Monate in der Viszeral- und in der Unfallchirurgie, wobei die Möglichkeit besteht, für 1-2 Wochen in der Notfallambulanz zu hospitieren (empfehlenswert).

- In der Viszeralchirurgie beginnt der Arbeitstag mit der Röntgenbesprechung um kurz nach 7, die meist sehr kurz ist. Dann ist Visite (hier schreibt der AvD/PJler mit, was so ärztlicherseits getan werden muss) und im Anschluss trifft sich das Team noch auf einen morgendlichen Kaffee (mit Horoskopvorlesen =P) im Stationszimmer der 13.
8:30 Uhr gehen die OPs los, d.h., je nachdem wie viele PJler gebraucht werden, macht man sich so 8:15 auf den Weg in den Saal. Dort ist unsere Aufgabe meist die Kameraführung bei laparoskopischen OPs. Ich durfte aber auch die eine oder andere Galle in den Bergungsbeutel stecken ;). Die Fachärzte operieren häufig mit nem PJler als 1. Assistenten, sodass wir mehr im OP stehen als die Assistenzärzte... Das ist jetzt primär für die Assistenten Mist. Ansonsten bei offenen OPs Haken halten, tackern, Faden führen; wer fragt und glaubhaft versichert, dass er es kann oder zumindest lernen möchte, darf auch mal Nähen.
Auf Station sind die PJler für die Aufnahmen zuständig; soll heißen, Anamnese, BE und körperliche Untersuchung macht man selbstständig und übergibt dann an den Stationsarzt (meist Assistenten, aber hin und wieder auch Fachärzte), der im Anschluss die Aufklärung durchführt. BEs und Flexülen legen kommt vor, ist aber meist nicht extrem viel.
Nachmittags sind idealerweise die Aufnahmen alle durch und keine OPs mehr, bei denen PJler beteilegt sind, dann werden Briefe geschrieben (meist nach Schema F, da gibt's Textdateien zu den häufigsten Eingriffen) und wenn man dann fertig ist, darf man auch gehen.

- In der Ortho läuft's etwas anders; hier dauert die Röntgenbesprechung ca. eine Stunde (von 7- 8 Uhr), dann geht's hoch zur Visite, bei der wir keine feste Funktion haben und 8:15 in den OP. Es sind 1-2 Sääle mit TEPs abzudecken; je nach Anzahl der PJler auf Station kann man sich da intelligent reinteilen. Aufgaben sind - nun ja - v.a. Haken halten. Man darf auch mal knoten, tackern und mit Glück auch bei Hüft-TEP mal ne Hautnaht machen.
Auf Station assistieren wir dem aufnehmenden Arzt, d.h. Zettel sortieren, Anordnungen vorschreiben, BEs und ja, Aufklärungsbögen vorschreiben. Das haben ja andere Rezensenten schon erwähnt. Mich persönlich störte das jetzt nicht so extrem; ja, es ist stupide, aber über OP-Risiken aufklären kann ich jetzt =D. Gemacht werden muss es halt... Orthopädisch untersuchen lassen einen die meisten Assistenten auch, wenn man das will.
Das mit den Reha- Anträgen ist allerdings tatsächlich ganz schöner Schwachfug; die sind nämlich vorbereitet bis auf die Nebendiagnosen und das OP-Datum, das wir dann noch eintragen müssen, aber hey, auch da gibt's Schlimmeres.
BEs gibt's häufig ne ganze Menge zu machen, aber je nach Zahl der studentischen Mitstreiter kann man in der Traumatologie mit intelligenter Verteilung auch ziemlich entspannt sein PJ-Leben verbringen ;).
So viel zum Arbeitsalltag.
Jetzt zum Drumherum.
- Frau Schwabe, die Chefsekretärin der Viszeralchirurgen, die auch die PJler mitbetreut, ist schwer auf Zack, immer freundlich und hilfsbereit. Daumen hoch. Wenn's Probleme gibt oder der PJ-Unterricht ausfällt bitte bei ihr melden.
- Allgemeiner Minuspunkt: Es gibt für die armseligen PJ-Studenten keine Schlüssel für die Umkleiden, d.h. man muss immer klopfen und hoffen, dass jemand in der Umkleide sich erbarmt oder man muss an der Patientenschleuse klingeln, damit jemand mit dem Schlüssel kommt. Nervt, ist aber keine Katastrophe.
- Das Wäschewechselsystem ist total bescheuert. Man bekommt am Anfang zwei Sätze Wäsche ausgehändigt, die man dann täglich in der Wäschekammer tauschen muss. Die hat allerdings offiziell nur eine Stunde am Tag geöffnet und die Uhrzeit wechselt... Meist ist es von 10-11 Uhr, also mitten am Tag, wenn man steril am Tisch steht oder gerade mit ner Aufnahme beschäftigt ist... Also klauen alle PJler Poolwäsche aus dem OP, was natürlich nicht erlaubt ist, aber die Alternative zu 'denselben Kasack drei Tage tragen' darstellt.
- Thema Sexismus: Existiert, ja. Und zwar in beiden chirurgischen Abteilungen, kommt aber ein bisschen unterschiedlich zum Ausdruck.
In der Viszeralchirurgie eher indirekt, wenn ich (weiblich) gefragt werde, was für einen Facharzt ich denn machen will und ohne meine Reaktion abzuwarten sich gleich die Frage selbst mit "Ach, sicher Gynäkologie oder Kinderheilkunde" beantwortet wird. Oder wenn frau an heißen Tagen Kreislaufschwierigkeiten hat = bestimmt schwanger (an besagtem Tag waren 4 Kolleginnen zusammengeklappt).
In der Trauma gibt's seitens der Oberärzte hin und wieder mal Witze, die vllt nicht mehr so 100%ig zeitgemäß sind und der Chef bezeichnet die Elternzeit der männlichen Assistenten konsequent als "Mutterschutz". Nun ja.
Meine persönliche Meinung dazu ist: Wandel geschieht nicht von heute auf morgen. Eine der Viszeralchirurginnen hat erzählt, dass sie noch auf Kongressen war, auf denen der Redner stolz verkündete "Ein Chirurg kann kein guter Ehemann und Vater sein!" Davon sind wir dankenswerterweise schon ein ganzes Stück entfernt und entfernen wir uns weiter. Übrigens gibt es jetzt auch eine OberÄRZTIN in der Trauma ;)
Die chirurgischen Assistenzärzte beider Abteilungen waren ohne Ausnahme sehr angenehme Kollegen. Bei den Viszeralchirurgen sind auch die Fach- und Oberärzte im Großen und Ganzen sehr, sehr zugewandt und verständig. Aber auch hier gibt es einzelne, die ihre Macken oder hin und wieder Allüren haben...
Die Unfallchirurgen sind im Umgang etwas konfrontativer, aber auch das sind keine Unmenschen! Ich fand den Umgang mit den Patienten immer angemessen und respektvoll. Angefahren wurde ich nie. Und der Oberarzt, vor dem alle gewarnt hatten, stellte sich als derjenige heraus, der am meisten hinter dem Wohl der Patienten und Assistenten her war.
Fazit: Wer nicht auf den Kopf (und auf den Mund) gefallen ist, wird ohne Weiteres ins Team integriert. Ich persönlich hatte keinerlei Probleme mit einem ärztlichen oder pflegerischen Kollegen.

Jetzt zur LEHRE (Achtung: Es folgt eine kurze Abrechnung mit der Arzt-Ausbildung in Deutschland)
Um ehrlich zu sein, bin ich durchs Studium so desillusioniert, dass ich da nichts mehr erwarte. In Deutschland existiert meines Erachtens leider keinerlei Lehrkultur.
Zwar gibt es wie überall auch im Elli zwischendrin Leute, die einem gerne etwas beibringen (und an die muss man sich dann dranhängen wie ein Gecko an die Wand), aber systematische Lehre existiert leider nicht.
Prinzipiell sollte es sein: "See one, Do one, Teach one". In den Ausbildungsberufen läuft das auch. In den "höher qualifizierten" universitären Ausbildungen heißt es in meiner Erfahrung eher "Darfst du nicht, Darfst du nicht, Warum kannst du das nicht?!"
Machen wir uns nix vor: Arzt ist eigentlich auch ein Ausbildungsberuf, nur gehen wir halt nicht in die Berufsschule, sondern in die Uni. Es gibt feste Kurrikula deutschlandweit. Keine Möglichkeit, innerhalb des Studiums Module nach den eigenen Interessen zu wählen. Wir schreiben keine Abschlussarbeiten, wir werden staatlich examiniert.
Es ist eine universitäre Ausbildung. Nur eben ohne Gehalt, ohne "Anspruch auf Lehre" (steht so in jedem PJ-Vertrag) und ohne Praxisanleiter, die sich in irgendeiner Form für die Lehre qualifiziert hätten.
Dass das PJ (wie das Pflegepraktikum auch) im Großen und Ganzen eine Ausbeutungsveranstaltung ist, dürfte bekannt sein. Die Abteilungen sparen sich dadurch, dass sie "ihren Lehrauftrag wahrnehmen" jeweils 3 Assistenzarztstellen. Wir stehen - gerade in der Viszeralchirurgie - viel häufiger am Tisch als die Assistenzärzte. Das ist in allen Kliniken so, die zuverlässig damit rechnen können, dass PJler kommen, und ein Armutszeugnis für ein Erste-Welt-Land. Dass jemand, der in Deutschland chirurgischer Facharzt wird, nicht ansatzweise auf die laut Weiterbildungsordnung geforderten OPs kommt, ist ein offenes Geheimnis. Das wird halt vom Chef unterschrieben. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Ein CHIRURG, jemand, der an meinem Körper herumschneidet!, wird in Deutschland einfach nicht angemessen qualifiziert!!
Ich hatte da mal im UKL einen traumatologischen Assistenten drauf angesprochen, der seinen Chef zitierte, dass dieser "auch einem das Operieren beibringen könnte", daher sollten die Assistenten mal lieber ganz toll forschen. Blöd nur, wenn der Affe dann besser operiert, als der "Chirurg". Es ist ein verdammtes Handwerk!! Das heißt, man braucht Übung dafür!!

Das Problem ist, dass der Assistent dem System am meisten nutzt, wenn er die Station schmeißt und auf Pfeifen schnell in den OP hetzt und die Haken hält. Oder forscht, damit der Chef auf möglichst vielen Papers steht. Das hält die Leute schön abhängig von ihren Chefs, da die ja am Ende ihre Urkundenfälschung betreiben und unterschreiben, dass der angehende chirurgische Facharzt diese ganzen OPs gemacht hat. Und es gibt keinerlei Druckmittel, wie zum Beispiel, dass die Landesärztekammer dem Chef die Weiterbildungsbefugnis entzöge, wenn die Assistenten nicht auf ihre OP-Zahlen kommen.
Aber es funktioniert, da es immer noch genug Leute gibt, die den Job machen wollen. Ich könnte mich hier noch lange weiter echauffieren.
Hoffentlich gibt es da langsamen Wandel. Im UKL gibt es mehrere Beispiele davon, dass mit dem Wechsel des Chefs plötzlich die Lehre auch funktioniert. Bis dahin wird man kontinuierlich besser darin, sich Sachen abzuschauen und selbst beizubringen...
PJ-Fortbildungen gibt es prinzipiell (laut Plan) 1x/Woche; die der Chirurgie fallen jedoch auch häufiger mal aus oder werden spontan verschoben. In der Inneren ist das vom Hörensagen wohl besser, ich kann's jedoch nicht aus erster Hand bestätigen.

Bewerbung
übers PJ-Portal
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Nahtkurs
Sonst. Fortbildung
Bildgebung
Tätigkeiten
Blut abnehmen
Briefe schreiben
Braunülen legen
Patienten untersuchen
Mitoperieren
Notaufnahme
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
400€/ Monat
Gebühren in EUR
1,30 € fürs Mittagessen

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
3
Betreuung
2
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
2

Durchschnitt 1.53