Disclaimer: Das war mein letztes Tertial, ich bin nicht Chirurgie-affin (eher von Vorteil, dazu gleich mehr).
In Aarau waren zu meiner Zeit stets 10-12 UHUs (Meistens PJler aber auch Famulanten - macht keinen Unterschied) für die Chirurgie da, die sich durch eigene Dienstpläne, die aber noch von Assistentenseite supervidiert werden, auf die Stationen aufteilen. 2 zusätzliche Urlaubstage pro Tag, wenn man die deutschen Fehltage nutzen will, muss man die Vertragsdauer dementsprechend anpassen.
Einführung: Die Organisation ist 1a, wie man es erwartet. Am ersten Tag wird einem alles Verwalterische erklärt, man bekommt alle Zugänge, die man benötigt, rundum bestens organisiert. Auch später empfand ich die Kommunikation mit der Verwaltung immer als reibungslos und nett.
Thoraxchirurgie: 3 OP Tage/Woche, an den beiden Ambulanztagen hat man eigentlich nichts zu tun und ist plötzlich wieder Famulant in einem frühen klinischen Semester. Man ist bei jedem Thorax-OP Punkt im Saal. Dort hält man vor allem, aber darf auch sehr oft bis fast immer mit-/zunähen. Ist keine große Sache, aber im KSA nicht die Regel, insofern war das ein sehr feiner Zug der netten Assistenten. Dazu kommt generell, dass die OP-Pflege (OTA, Lagerung etc.) zu mir immer super war, ich habe mir natürlich auch Mühe gegeben aber während der gesamten KSA Zeit gab es da nicht ein Negativerlebnis, das war in top. Hervorheben möchte ich noch den thoraxchirurgischen OA, der einfach super war, weil er auch aktiv gut und viel teaching betrieben hat. Vielen Dank, von ihm hab ich einiges mitgenommen. THC also unterm Strich wohl die beste Rotation des Hauses, auch nach Rücksprache mit den anderen. Ich würde schon sagen, dass ich dort etwas gelernt habe, waren auch interessante OPs.
Viszeralchirurgie: Grotesk. Wie in anderen Berichten schon angedeutet: Es war absolut nichts zu tun. Eher wenige OPs, 1. weil Schweiz und 2. weil COVID. Dadurch wird die einzige Tätigkeit des UHUs auf der Viszi nulliert. Wobei, stimmt nicht, man soll ja noch den OP Rapport für den nächsten Tag machen, das dauert circa 20 Minuten. Bis auf einen kritischen OA, der aber im Gegensatz zu den meisten OAs auch manchmal ein bisschen teacht, weswegen ich ihm dankbar bin, hört eh niemand zu. Den Rest des Tages hatte man einfach nichts zu tun, das war ein Albtraum, da sich die Tage somit wie ein unschön alter Kaugummi ewig zogen. Einfach gehen ist ja auch nicht wirklich drin. Wenn man ständig nur "nein" zu hören bekommt, fragt man die Assistenten auch irgendwann nicht mehr, ob man was abnehmen kann. Die Assistenten selbst haben auch das Problem, dass sie selbst sehr geringe OP Zeiten haben und auf Station auch absolut nichts alleine entscheiden, das habe ich so auch noch nie zuvor gesehen. Ich habs nicht verstanden, was das alles soll. In jeder Famulatur habe ich mehr gemacht, Lerneffekt eigentlich gleich 0. Wenn man doch mal für ne OP Haken halten konnte, war ich verrückterweise (je nach OP) sogar ganz froh, Zunähen war aber natürlich bis auf eine Ausnahme nie möglich. Hoffentlich ändern sich die Zustände ein wenig, Stimmung im Ärzteteam auch bestenfalls mittelmäßig.
Kinderchirurgie: Es gibt einige OAs in Teilzeit und einen aus dem Kispi ZH rotierenden Assistenten, bei dem man sozusagen famuliert. Fand ich hier aber eigentlich ganz schön, weil der betreffende Assistent ein super Typ war und ich gerade von Kinder-Ch keine Ahnung hatte. Insofern hat man da immerhin man ein paar Krankheitsbilder und Frakturen live gesehen, mit denen ich sonst nie zu tun hatte. Chefin soweit ich das beurteilen konnte auch menschlich wunderbar, angenehme Stimmung.
Notfall: Hier war ich ziemlich lange und das war auch gut so, weil man hier tatsächlich ein bisschen was machen konnte, in sehr angenehmer Atmosphäre. Früh- und Spätschicht von 8-16, bzw. 16-24 (22) Uhr.
Auf der Trauma war ich also nicht, man hört aber fast durch die Bank weg Gruselgeschichten. Soll eine sehr unsympathische Stimmung herrschen.
Lehre: Es gab eine Radiofortbildung und eine UA-Fortbildung jeweils 1x Woche. Die Radiofortbildung war als ich da war nie gut, habe dort leider nichts Neues gehört. Die UHU Fortbildung wird entweder von Ärzten oder oft von den UHUs selbst gehalten, was den Stellenwert der Veranstaltung zeigt. Unterm Strich nicht besonders gut.
Unterkunft: Das alte Haus am Birkenweg ist super, das sagen alle, die anderen Unterkünfte sind, gerade auch für den Preis, nicht gut. Ein Schweizer PJler hat sie (Lenzburgerstraße) passend als „s'Drecksloch“ bezeichnet.
Pikett: Von 8 bis 8 hat immer ein UHU das Piketthandy, ebenso am Wochenende, wobei man hier von 11 bis 19 Uhr auf dem Notfall Präsens hat. Ich wurde nachts nur sehr selten rausgeklingelt, trotzdem ist es natürlich nicht toll mit dem Telefon. Piketthäufigkeit korreliert natürlich mit UHU-Anzahl.
Fazit: Zwischenmenschlich und von der Stimmung in der Klinik her kann ich mich nicht beklagen, alles in Ordnung bis gut, aber: Lerneffekt unterm Strich gering, war leider klar mein schlechtestes Tertial. Wäre ich chirurgieversessen, wäre ich vermutlich noch negativer, weil man einfach so wenig selbst gemacht hat, im Endeffekt weniger als in den Famulaturen und sowieso weniger als in den ersten Tertialen, das habe ich so nicht kommen sehen. In einem anderen Bericht stand etwas von „selbstständigem Arbeiten“, glaube ich. Das kann ich mir nicht erklären, meine circa 20 Mit-UHUs wohl auch nicht. Alle sonstigen positiven Gerüchte über die Schweiz kann ich so bestätigen (Höflichkeit, alles gepflegt, gutes Essen (nicht billig), Entlohnung, Landschaft, etc.). Ich denke schon, dass die meisten Berichte hier das Erlebnis KSA gut widerspiegeln. Aber was aus meiner Sicht zu kurz kommt, ist, dass man nur so sehr wenig machen kann. Natürlich ist es gut, keinen Arbeitsstress zu haben, aber das genaue Gegenteil ist 1. nicht lehrreich und 2. gibt es das Problem, dass die Arbeitstage wie man es auch dreht und wendet einige Stunden lang andauern.