PJ-Tertial Chirurgie in Rechbergklinik (11/2020 bis 3/2021)
Station(en)
Allgemeinchirurgie/Viszeralchirurgie und Unfallchirurgie/Endoprothetik
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP, Station
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Eins vorneweg:
Mir hat die Chirurgie in Bretten super gut gefallen und ich kann sie zu 100% weiterempfehlen! Ich wurde ab Tag 1 toll in das Team integriert, hatte immer sehr viel Spaß, habe unheimlich viel gelernt und konnte sehr viel für die Zukunft mitnehmen. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass wirklich alle auch an mir als Person interessiert waren und es jedem am Herzen lag, dass ich mich wohl fühle.
Thema Organisation:
Die Chirurgie war top organisiert! Bereits ca. 14 Tage vor Tertialbeginn hat sich die ausgesprochen nette Sekretärin Frau Hausner bei mir per Mail gemeldet und in einem kurzen Telefonat alle Details zum ersten Tag besprochen. Außerdem hat sie mir im Voraus alle notwendigen Formulare zugesendet, sodass ich diese für den ersten Tag schon alle ausfüllen konnte und sie mir schon einmal den Zugang für das Computersystem (Orbis) organisieren konnte. Dadurch war am ersten Tag alles total stressfrei. Parkplätze sind genügend vorhanden. An der Pforte könnt ihr euch eine kostenfreie Parkkarte für den Mitarbeiterparkplatz holen. Auch der S-Bahn-Anschluss ist in der Nähe; ich würde den Fußweg auf ca. 7 Minuten schätzen. Es gibt auch die Möglichkeit im Nachbargebäude zu wohnen, genauere Details hierzu kann euch Frau Hausner nennen.
Wir waren zu zweit in der Chirurgie und wurden von allen sehr herzlich begrüßt und haben eine kurze Führung durch das Haus bekommen. Im Untergeschoß gibt es in der Umkleide ausreichend Spinde, sodass man seine Sachen wegschließen kann. Die Spinde sind nicht zugeteilt. Man nimmt sich einfach einen freien und kann diesen mit seinem Schlüsselchip (den man mit den anderen Schlüsseln am ersten Tag bekommt) abschließen. Einziges Manko: die Spinde müssen nach spätestens 24 Stunden geöffnet werden, weil sie sonst gesperrt sind und nur mit Hilfe des Hausmeisters geöffnet werden können. Man kann also nichts übers Wochenende dalassen, was mich persönlich aber auch nicht gestört hat. Die Kleidung (Kasack, Hose, Kittel) bekommt man ebenfalls im Untergeschoß nach dem Boutique-System, d.h. die Kleidung liegt nach Größe sortiert in den Fächern aus und man kann sich jederzeit bedienen. Dadurch kann man sich theoretisch beliebig oft am Tag umziehen (falls z.B. beim Blutabnehmen mal was daneben geht :D), leider sind deshalb aber auch manchmal die gängigen Größen vergriffen und man bekommt morgens nicht immer die passende Größe bzw. muss sich bei den anderen Farben (Hauswirtschaft, Pflegeschüler, etc.) bedienen. Auch das ist aber nicht schlimm. Für den OP zieht man sich ja eh wieder um.
Am ersten Tag hat auch jeder von uns ein eigenes Telefon + Liste mit allen wichtigen Telefonnummern erhalten, was sehr viel wert ist. So ist man selbst immer erreichbar und kann bei Unklarheiten jederzeit schnell und unkompliziert den zuständigen Arzt anrufen.
Da wir zu zweit waren haben wir uns am ersten Tag in die UC+Endoprothetik und AC+Viszeralchirurgie aufgeteilt. Nach ca. 8 Wochen haben wir dann gewechselt.
Die Chirurgische Klinik:
Bretten ist ein sehr kleines Haus. Es gibt eine chirurgische Station + die Privatstation mit chirurgischen Betten. Insgesamt gibt es 3 OP-Säle, wobei jedoch immer nur 2 parallel laufen (meist ein AC/VC und ein UC/Endoprotheik Saal). Außerdem gibt es die interdisziplinäre Notaufnahme, die Ambulanzen und eine Intensivstation mit ca. 10 Betten. Das erscheint anfangs vielleicht etwas klein, für mich war es aber perfekt. Die Chirurgie war mein erstes Tertial und so konnte ich mich gut in den klinischen Alltag einfinden und man kennt nach wenigen Wochen wirklich jeden im Haus, was definitiv von Vorteil ist! Egal was ist, man kann sich immer an jeden wenden und bekommt immer Hilfe, egal ob Ärzte, Pflege, OP-Pflege, etc. Das fand ich super! Außerdem ist Bretten ein sehr neues Haus, also top ausgestattet mit tollen Arbeitsvoraussetzungen. Auch die OP-Säle sind sehr modern eingerichtet und mit Tageslicht, was sehr angenehm ist.
Zum Tagesablauf und Team:
Der Tag beginnt offiziell immer mit der Visite, welche zwischen 7.00-7.30 Uhr beginnt (abhängig davon, ob ihr bei den Chefs auf Privatstation oder bei den Assistenzärzten mitlauft. Die UC fängt auch etwas früher an als die AC). Um 7.50 Uhr findet dann jeden morgen die Frühbesprechung statt, spätestens dort erfahrt ihr dann für jeden Tag bei welchen OP-Punkten ihr dabei seid (dies ändert sich aber auch über den Tag hinweg, schaut also am besten immer mal wieder in den Plan). Ab 08.00 Uhr geht es dann in den OP. Wenn ihr beim ersten Punkt mit dabei seid, ist es wünschenswert, wenn die Blutentnahmen vorher erledigt sind. Ich bin morgens meist ein paar Minuten früher gekommen, um die BEs in Ruhe (vor der Visite) erledigen zu können. Meist sind es nicht allzu viele Labore, sodass ihr das auch theoretisch während der Zeit der Visite machen könnt, aber dann bekommt ihr halt entsprechend wenig von der (schnellen) Visite mit. Daher würde ich empfehlen die BEs schon vorher zu machen. Wenn ihr nicht im OP eingeteilt seid, könnt ihr die Labore auch entspannt nach der Frühbesprechung abnehmen, das hat man relativ schnell raus, was wann am praktischsten ist.
Als ich in Bretten war, waren die Ärzte in der AC durch Krankheit relativ schlecht besetzt, sodass ich quasi bei jeder OP dabei war. Für mich war es im PJ das erste Mal, dass ich steril am Tisch stand. Das habe ich offen kommuniziert und es war überhaupt kein Problem! Mir wurde alles sehr geduldig gezeigt und erklärt und auch die OP-Pflege war super nett und verständnisvoll. Generell gilt, dass ihr alles machen und ausprobieren dürft, aber auch nicht müsst, wenn ihr es euch nicht zutraut. Mir wurde gleich bei der ersten OP gezeigt wie man näht und ab dann durfte ich bei jeder OP nähen, das war echt super. Wenn man sich geschickt anstellt ist man auch ganz schnell 1. Assistenz, wobei man total viel lernen kann. Generell ist die Atmosphäre im OP total locker und entspannt. Es gibt überhaupt keinen Grund Angst davor zu haben.
In der AC werden sehr viele laparoskopische OPs (TAPPs, AE, CHE, etc.), aber auch große Laparotomien und Schilddrüsen-OPs durchgeführt.
In der UC war man meist in der Endoprothetik mit dabei, aber auch bei unfallchirurgischen Eingriffe wie Radius- und Sprunggelenkfrakturen.
Solltet ihr bei einer OP, die euch interessiert, mal nicht auf dem Plan stehen, dann fragt einfach nach, meist ist es überhaupt kein Problem doch mit dabei zu sein. Auch hier gilt: wenn man sich interessiert zeigt und einfach nachfragt, wird nahezu alles möglich gemacht.
Dadurch, dass das Team so klein ist, wird mittags immer rumtelefoniert und alle gehen gemeinsam essen. In der Kantine gibt es täglich immer 3 verschiedene Menüs mit vegetarischer Alternative, die man sich aber auch individuell zusammen stellen kann. Außerdem gibt es belegte Brötchen oder ihr nehmt euch einfach etwas von Zuhause zum essen mit. Wie alle anderen Mitarbeiter bekommt auch ihr Mitarbeiterpreise: Ein Menü kostet ca. 4,50 € (mir waren die Portionen immer zu groß), ein belegtes Brötchen ca. 2,70 €.
Wenn es im OP nichts mehr zu tun gibt und alle Labore auf Station erledigt sind, kann man entweder auf Station bei den Briefen helfen oder man schaut in den Ambulanzen oder der ZNA vorbei. Gibt es nirgends etwas zu tun, wird man oft auch früher heimgeschickt. Offizieller Feierabend ist ca. 15.30-16.00 Uhr, aber ich war sehr oft früher draußen.
Mein Tipp:
Stellt euch anfangs immer bei allen vor und zeigt euch interessiert, so werdet ihr auch gut integriert. Auch die Anästhesisten sind total nett und wenn ihr euch als PJ zu erkennen gebt, gibt es (bei Interesse) während den Wechselzeiten die Möglichkeit mit in die OP-Einleitung zu gehen und den Anästhesisten über die Schulter zu schauen oder eventuell sogar mal zu intubieren. Wenn ihr eure Wechselpausen aber lieber bei einem Kaffee im Pausenraum verbringen möchtet, ist euch auch keiner böse.
Thema Unterricht:
Am besten klärt ihr gleich in der ersten Woche, ob noch andere PJler im Haus sind und kümmert euch dann gemeinsam um den Unterricht. Der Unterricht wird von allen Fachabteilungen (Innere, Endoprothetik, Viszeralchirurgie, Radiologie und Anästhesie) angeboten, ABER man muss wirklich hinterher sein und immer wieder anrufen und nerven… Aber macht das, es lohnt sich auf jeden Fall! Der Unterricht war immer gut und dadurch, dass im Haus nicht viele PJler sind, kann man den Unterricht individuell gestalten und Themen, die euch interessieren, besprechen. Also fragt gerade am Anfang immer wieder nach, dann bekommt ihr euren Unterricht auch.
Sollte der Unterricht mal nicht zu Stande kommen, ist es auch nicht tragisch. Das meiste wird einem „nebenher“ beigebracht. Immer wenn es sich z. B. im OP ergibt, werden interessante Fälle besprochen oder man wird (vor allem Anatomie) „abgefragt“. Aber keine Angst davor, niemand meint es böse mit euch oder will euch gar bloßstellen. Wenn man etwas nicht weiß, bekommt man es geduldig erklärt oder erarbeitet sich die Lösung gemeinsam. Durch die ständige Wiederholung ist das eine super Vorbereitung fürs Examen (auch wenn das noch weit entfernt liegt, erinnert man sich dann beim Lernen super schnell an die besprochenen Dinge).
Teilweise besteht anscheinend auch die Möglichkeit dienstags am (sehr guten) (Anästhesie-)Unterricht in Bruchsal teilzunehmen. Bei uns war das aufgrund von Corona leider nicht möglich, aber ihr könnt ja einfach mal nachfragen.
Mein Fazit:
Ich hatte Chirurgie als erstes Tertial gewählt, da ich überhaupt keine Lust darauf hatte und es so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte. Ich hatte sogar etwas Angst davor, da ich im Studium nie wirklich mit im OP war und man ja auch immer mal wieder die ein oder andere Horrorgeschichte hört… Aber meine Bedenken waren total unbegründet!
Die Chirurgie in Bretten hat mir total viel Spaß gemacht und ich war sogar etwas traurig als die 4 Monate rum waren. Alles in allem war das Chirurgietertial (neben meinem Wahlfach) das beste PJ-Tertial, das ich hatte und ich denke sehr gerne daran zurück! Für mich hätte es nicht besser laufen können als in Bretten und dafür bin ich unheimlich dankbar.