PJ-Tertial Innere in Staedtisches Klinikum Braunschweig (9/2021 bis 12/2021)

Station(en)
Kardiologie: Bmed 2.4; Gastroenterologie 1.3; Hämato-Onko: MHO1, MHO4/IMC
Einsatzbereiche
Diagnostik, Station
Heimatuni
LMU Muenchen
Kommentar
Zunächst möchte ich hervorheben, dass meine Bewertungen für die einzelnen Rotationen/Stationen sehr unterschiedlich ausfallen, daher nicht zu sehr von der "gemittelten" Gesamtnote leiten lassen in der Interpretation.

Die Wahl für Braunschweig:
Ich bin Norddeutscher und habe mich auf eine mittelgroße, studentisch angehauchte nette Stadt gefreut. Es gibt viel Natur in der Stadt und im Umland. Es gibt ein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz, was meiner Meinung nach zu teuer ist, aber das ist eine eigene Geschichte für sich.
Die Mieten sind nicht phänomenal, aber erschwinglich (für ein anständiges WG Zimmer habe ich 250€ gezahlt.) Keine euphorisch-knisternde Weltstadt, aber insgesamt ein guter Ort um zu Leben und zu Arbeiten, finde ich.

Das Klinikum:
Das Städtische Klinikum Braunschweig ist das größte Krankenhaus in Braunschweig und das hiesige Lehrkrankenhaus der MHH. Es ist nicht wahnsinnig groß, bietet aber als Maximalversorger alle möglichen Fachrichtungen an. Das Klinikum ist in 3 Standorte in der Stadt aufgeteilt, die Gebäude sind jeweils alle ein bisschen unterschiedlich alt und beherrbergen alle etwas unterschiedliche Themencluster, sozusagen: Der Standort Holwedestraße ist ein eher älterer Bau mit den wesentlichen Chirurgischen Abteilungen. Die Celler Straße beeinhaltet Geriatrische Stationen, Onkologie, Frauenheilkunde und vieles mehr, diese Gebäude ist etwas moderner und eigentlich ganz schön eingerichtet. Der Hauptstandort Salzdahlumer Straße enthalt den Großteil der Inneren Abteilungen und die meisten Funktionsdiagnostiken. Aktuell befindet sich "die Salze" im Umbau und ein moderneres Bauwerk soll die tlw. etwas gammeligen Stationen ersetzen.

Rahmenbedingungen:
Man bekommt einen Mitarbeiterausweiß und ein Namensschild sowie im Vorfeld seine Rotationen, in Absprache mit dem Sekretariat des PJ-Beauftragten. Schlüssel bekommt man im Zweifel nicht, ebenfalls gibt es (bisher?) keine elektronischen Schlösser mit Transpondern. Es gibt keine Umkleiden, idR. zieht man sich im jeweiligen Arztzimmer um und hofft, dass man eine gute Ecke für seine Sachen findet. Anfangs bekommt man ein unglücklich gewähltes Set mit Dienstkleidung, dies ist leider ein Kasack-Set mit einem grünen Streifen auf weißem Grund, auf dem hinten explizit "Schüler-Pool" steht, was also auch Pflegepraktikanten oder Pflegeschülern gestellt wird. Das sollte man sich nicht anziehen und stattdessen einfach Stationskleidung aus der normalen Kleiderausgabe beziehen, die einen im Verhältnis zu seiner Funktion nicht schon heruntergestuft wirken lässt.
Sehr peinlich: Das SKBS hat keine Telefone, nichtmal für Stationsärzte. Das System basiert auf >20 Jahre alten Piepern. Funktioniert auch irgendwie, kenne ich aber anders. Wo ist mein Telefon als PJler?
PC und IT: Die Systeme funktionieren alle, sind teilweise aber etwas holprig im SAP zusammengeschraubt. Als PJler bekommt man einen eigenen Zugang mit Arztprivilegien, was einem eigentlich wirklich gutes Arbeiten ermöglicht. Das muss man Loben.
Essen gibt es in der Kantine, vergünstigt, aber nicht gratis. Ich habe die Kantine nie besucht, weil ich selten Zeit dafür hatte und stattdessen Essen mitgebracht und am PC gegessen habe...

Meine erste Rotation war in die Kardiologie, genaugenommen auf die Kardiologiestation BMed 2.4. Es ist wichtig das abzugrenzen, denn die Stationen waren sehr unterschiedlich, die Assistenten rotieren zum Teil, ich kann also nur eine Momentaufnahme für diese Station abgeben.
Das war leider ein ziemlicher Griff in die Demotivationstonne für mich - zum Zeitraum meines Tertials gab es einen Pflegepersonalmangel auf allen Stationen der Bmed, der sich in einer schlechten Stimmung und einer (meines Erachtens nach) gefährlichen Situation für Patienten widerspiegelte. Die Kardiologie war in Hinblick auf eine zu diesem Zeitpunkt nach dem Herbst anstehende, finanziell verlustige Coronabedingten Aufnahme- und Belegungssituation sehr darauf bedacht, möglichst viele elektive Prozeduren durchzuziehen, bevor das wieder nicht mehr gehen würde. Dadurch habe ich hier zum ersten Mal seit langer Zeit wieder reguläre 4-Bett-Zimmer gesehen, manchmal sogar 6-Bett Zimmer, wenn die Überlastungslage zwischenzeitlich zu groß wurde. Geschockt war ich in der ersten Woche, als terminale, sterbende Herzinsuffizienzpatienten in solchen Mehrbettzimmern gelegt wurden, während daneben Patienten alles mit ansehen- und hören mussten. Die Stationsärzte waren für meine Verhältnisse, da ich gerade mein erstes Tertial in einem anderen Krankenhaus abgeleistet hatte, wahnsinnig abgestumpft und pragmatisch-kalt. Gelernt habe ich in dieser Zeit nichts- Denn selbst an den Visiten konnte ich nicht teilnehmen, da ich ständig aus den z.T. Chef- und Oberarzt-Visiten herausgerufen wurde, um für die vielen elektiven Patienten Braunülen für ihre Herzkatheter-Untersuchungen legen musste. Da das Pflegepersonal und die gestressten Stationsärzte bei >18 bis tlw. 22 Patienten pro Arzt darauf bedacht waren, alle Aufgaben abzuturfen, habe ich in dieser Zeit letztlich eine reine Phlebotomie-Rotation absolviert. Das war insofern anfangs besonders problematisch, weil ich keinen Schlüssel für das Arztzimmer hatte, in dem meine Sachen lagen. Dort war auch oft niemand anzutreffen, weil die entnervten Assistenten trotz vieler Patienten am Nachmittag früh nach Hause gegangen waren. So ergab sich öfter die bizarre Situation, dass ich länger da war als die Assistenten, nach Hause wollte, dann aber nicht mehr an meine normale Kleidung kam, weil es keine Schlüssel und niemanden zum Aufschließen gab. Also eine halbe Stunde auf den Generalsschlüssel warten, ehe man dann gehen darf.
Da auch dann irgendwann niemand wusste wie ich eigentlich heiße oder was ich mache, bin ich in dieser Rotation gegen Ende öfters einfach um 13 Uhr nach Hause gegangen, wenn ich 5-6 Stunden Phlebo-Dienst erledigt und einfach keine Lust mehr hatte. Kurzum: Auf das Risiko, dass man selbst nochmal soviel Pech wie ich hat mit der Rotation, sollte man vielleicht nicht Kardio im SKBS machen.


Die Zweite Rotation war in der Gastrenterologie. Hier war ich auf der Station 1.3, die ebenfalls in der Salzdahlumerstraße liegt. Es ist eine relativ dunkle Station, etwas versteckt nahe des Haupteinganges. Ziemlich gedeckelt begann ich nach meinem Kardio-Debakel in der Gastro und wurde von Tag 1 an positiv überrascht. Die gesamte Ärzteschaft der Gastro ist sehr freundlich, offenherzig und gut zugänglich. In meiner Zeit konnte ich wirklich wie ein Stationsarzt mitarbeiten, die Zeit verging wie im Flug, oft habe ich Mittagessen "gerne" vergessen, weil es einfach viel zutun gab. Endlich die normalen Sachen machen als PJler: Aufnahmen, Untersuchungen, Prozeduren/Bildgebung anmelden usw. Medikamente einstellen, Gastro/Kolo mitgucken. Ja, auch Blutabnehmen und Braunülen legen, aber keinesfalls in dem Ausmaß wie anderswo, die Ärzte helfen auch mit wenn es zu lange dauern sollte. Ich habe viel gelernt und viele interessante Fälle und Patienten gesehen. Der Chef der Gastro ist zwar etwas kurzangebunden, erkennt aber schnell wenn man sich interessiert und belohnt dies auch gerne. Die Oberärzte sind fachlich sehr gut und ich habe wirklich gute Medizin mitbekommen und mitmachen dürfen.

Als netter "Bonus" wurde durch das Klinikum eine Schnupperwoche in der Pathologie angeboten. Diese Zeit habe ich gerne angenommen und einen kleinen Throwback zur vor/frühklinischen Zeit erlebt. Im Zuschnitt konnte ich mir haufenweise chirurgische Präparate ansehen und habe dadurch dann nochmal ein ganz anderes Verhältnis zu den Erkrankungsbildern gewinnen können. Wenn man grundsätzlich Lust hat: Unbedingt machen! War eine super Entscheidung!

Die dritte Rotation war in die Hämato-Onkologie, auf die Stationen MHO1 und MHO4/IMC im Standort Celler Straße. Auch hier war ich sehr begeistert von der Zeit dort, es gab viel zu tun, allerdings ohne dass es zermürbend gewesen wäre. Zum Zeitpunkt dieser Rotation kurz vor Weihnachten sind viele elektive Aufnahmen nach Möglichkeit ambulantisiert worden, die Stationen waren also nicht gerade überbelegt. Dafür waren es wirklich komplizierte, anspruchsvolle und interdisziplinäre Tumorpatienten und Fälle. Hier habe ich einen großen Respekt vor dem weitreichenden Feld der Hämato-Onko bekommen. Der Chef und die Oberärzte haben wirklich tolle Arbeit geleistet und die motivierten Stations- und Fachärzte haben mir viel beibringen können. Ich glaube es ist ein gutes Zeichen, wenn man mal wieder realisiert, wie wenig man eigentlich weiß und was man alles doch nochmal nachlesen muss, ehe man die richtigen klinischen Entscheidungen treffen könnte. Das war jedenfalls auch eine wesentliche Erkenntnis aus der Rotation. Die Pflege hat ebenfalls ihr Wörtchen mitzureden, was ich bei derart kompetentem Personal und solchen komplexen Fällen wirklich gut und notwendig finde. Die Kommunikation ist auf einer weitestgehend flachen hierarchischen Ebene auch sehr direkt. Wenn was nicht klappt, ist das kein Problem. Nur Arztbriefe muss man nach einem ganz ganz klaren Schema schreiben, sonst kommt man in Teufels Küche ;)

Alles in allem: Kardiologie hätte ich mir wirlich sparen können, die anderen beiden, längeren Rotationen in der Gastro und Onko waren klasse und absolut empfehlenswert! Der Geheimtipp zum Schluss: Wenn man "Kreislaufmedizin" machen möchte, ist die Nephrologie der deutlich bessere Ort als die Kardio- so zumindest der Buschfunk unter den PJlern.


Bewerbung
via PJ-Portal
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Bildgebung
Sonst. Fortbildung
EKG
Tätigkeiten
Rehas anmelden
Briefe schreiben
Blut abnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
EKGs
Eigene Patienten betreuen
Braunülen legen
Untersuchungen anmelden
Patienten aufnehmen
Punktionen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Essen frei / billiger
Mittagessen regelmässig möglich
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
682,00
Gebühren in EUR
ca. 70 für Fahrkarten falls >25 Jahre

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
2
Unterricht
3
Betreuung
1
Freizeit
4
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
2

Durchschnitt 2.13