Ich kann ein PJ-Tertial in Flensburg nur empfehlen!
Persönlich hatte ich mich für Flensburg entschieden, da ich gerne ein Tertial am Meer absolvieren wollte und mich die Kombination aus PJ-Berichten/Bedingungen und Lage überzeugt hatten.
Die allgemeine Organisation läuft sehr gut. Die Klinik stellt jedem PJler ein Zimmer in einer WG oder im Haus Pniel, das am Wochenende vor Start bezogen werden kann. Am ersten Tag bekamen wir eine Einführung von der PJ-Koordinatorin, bei der wir Namensschilder, Essensmarken, eine Klinikführung und alle wichtigen Infos für den Start erhielten. Nach dem Mittagessen wurden wir dann auf die Sekretariate der verschiedenen Kliniken verteilt. Dort habe ich einen Schlüssel für die Stationen und im Verlauf auch einen PC-Zugang erhalten.
Zu Beginn hatte ich ein kurzes Gespräch mit dem Chefarzt, was ich mir von dem Tertial erwarte, was meine Ziele sind und er hat erklärt, wie die Grundbedingungen des Ablaufs sind. Jeder PJler soll auf einer der 3 Akutstationen starten. Das sind drei fakultativ geschlossene Stationen, das heißt es gibt sowohl Patienten mit PsychKG, die die Station nicht verlassen dürfen als auch Patienten die freiwillig da sind. Jede Station hat einen Schwerpunkt: Allgemeinpsychiatrie, Sucht oder Gerontopsychiatrie, wobei die Trennung nicht strikt ist, und man trotzdem ein buntes Bild an Patienten auf jeder Station hat, gerade da bei nächtlichen Aufnahmen auch einfach das nächste freie Bett genutzt wird.
Ich habe mein Tertial auf der G2 mit Suchtschwerpunkt gestartet, weil dort zu Beginn meines Tertials die gesamte Besetzung aus Oberärztin und Assistenzärzten anwesend war, während auf anderen Stationen mehr Leute der Stammbesetzung im Urlaub waren. Da ich vorher nicht viel mit dem Thema Sucht in Berührung gekommen war, fande ich es sehr interessant dort, insbesondere die Gruppenangebote für die Qualifizierte Entgiftung, da ich dort auch selbst einiges über den Umgang mit Sucht, aber auch über die persönlichen Geschichten der Patienten gelernt habe.
Zum allgemeinen Ablauf: Ich hatte nicht viele typischen PJler Aufgaben und im Prinzip wurde es mir freigestellt, zu machen was ich möchte. Ich durfte (sofern es die Gruppengröße zu Coronazeiten zuließ) jederzeit Gruppentherapien oder andere Therapien wie Ergotherapie, Achtsamkeit, PMR ... besuchen, habe bei Neuaufnahmen anfangs immer die körperliche Untersuchung und die Blutentnahmen übernommen und durfte im Verlauf dann auch das Aufnahmegespräch führen. Außerdem hatte ich auch die Möglichkeit, Patienten zu fragen, ob sie mit mir ein Gespräch führen wollen um dabei mehr über ihre Krankheit und ihr Leben zu erfahren. Ich hatte so zum Beispiel interessante Gespräche mit Suchtpatienten, aber auch ein langes Gespräch mit einer Patientin mit spannenden Wahnsymptomen deren Vertrauen ich erstmal gewinnen oder war mit einer anderen Patientin mehrmals spazieren. In der Summe kommt es sicherlich auf die eigenen Wünsche und das eigene Engagement an, wie viel man machen darf. Da ich persönlich einfach einen möglichst breiten Eindruck von dem psychiatrischen Spektrum haben wollte, war ich zufrieden mit meinem Ablauf, aber ich denke, es ist auch eine intensivere Einbindung in die ärztlichen Aufgaben möglich.
Das Wechseln der Stationen verlief unkompliziert, in dem ich einfach eine Woche vorher bei den entsprechenden Ärzten gefragt habe. So war ich nach 6 Wochen auf der G2 noch 2 Wochen auf der G1 und jeweils vier Wochen in der psychiatrischen Tagesklinik und auf der Therapiestation H2. Es macht vor dem Wechseln auf jeden Fall Sinn sich zu erkundigen, wie die Besetzung zu der Zeit auf den Stationen ist, denn es kann auch sein, dass manche Stationen nicht jeden Tag von einem Arzt besetzt sind. Das ist auf den Therapiestationen im Verlauf nicht von Nachteil, da ich dann die Gruppenangebote der Patienten besucht habe und ein bisschen mit den Psychologen und Ergotherapeuten mit bin oder selbstständig Aufnahmegespräche/untersuchungen geführt habe, aber anfangs fande ich es schon hilfreich, einen Arzt begleiten zu können und von ihm auf die Station eingeführt zu werden. Außerdem wurde sich auch immer wieder Zeit genommen, mit mir Patienten zu besprechen oder Fragen zu Krankheitsbildern, Medikation oder Therapien zu klären.
Auch das Mitmachen von Diensten (Spät/Nacht/Wochenende) war jederzeit möglich, sodass man mit Glück einige spannende Fälle in der Notaufnahme gesehen hat und sich im Ausgleich andere Tage freinehmen konnte.
Außerdem gab es jeden Donnerstag einen Studientag, an dem es ab 12 Uhr PJ-Seminare verschiedener Fachrichtungen gab. Die Qualität dieser Veranstaltungen schwankte von sehr interessant zu eher langweilig und sie fielen auch immer wieder aus.
Die Grundbedingungen kurz zusammengefasst: man bekommt 450€ im Monat, es wird eine Unterkunft in einer WG oder im Wohnheim in der Nähe des Krankenhauses gestellt, es gibt Essensmarken für jeden Tag im Wert von 4€ (über den Geschmack lässt sich streiten, nach einigen Wochen weiß man, welche Gerichte schmecken und wann das Salatbufet die bessere Variante ist) und einen Studientag pro Woche. Außerdem ist die PJ-Betreuerin jederzeit bei Problemen ansprechbar und kümmert sich gut um die Organisation.
Meist sind viele PJler gleichzeitig da (bei uns 16), die zu großen Teilen aus ganz Deutschland kommen, das heißt es gab in der Regel immer PJler, die auch am Wochenende da waren, sodass es viele Möglichkeiten für gemeinsame Unternehmungen gab.
Die Umgebung bietet auf jeden Fall einen hohen Freizeitwert. Innerhalb weniger Minuten ist man vom Krankenhaus am Hafen, zum Strand ist es auch nicht weit und es gibt viele Möglichkeiten für Ausflüge am Wochenende, zum Beispiel nach Dänemark oder auf die Inseln Amrum und Sylt.
Insgesamt ein für mich sehr gelungenes Tertial, würde ich mir wieder so auswählen.