Vorweg: Die zuständige Assistenzärztin für die Unterassisten, wie man als PJler:innen in der Schweiz heißt, hat gerade gewechselt und scheint wirklich motiviert zu sein, Dinge zu ändern und besser zu machen. Vielleicht ist jetzt also schon alles anders.
Aus meiner Erfahrung heraus ist, wer chirugisch etwas anderes als Unfall/Ortho sehen und tatsächlich etwas lernen möchte, in Visp nicht an der richtigen Adresse. Mitten in den Alpen zwichen drei der größten Skigebiete der Schweiz gelegen, ist die Chirurgie im Winter von Skifahrenden mit gebrochenen Knochen überlaufen. Im Sommer werden diese von den Mountainbikern und Bergsteigern abgelöst. Es gibt eine kleine Viszeralchirurgie, die jedoch nur Basics operiert (Gallenblasen, Hernien, Venenstripping, ...). Alles andere wird nach Sion oder Bern geflogen.
Die Aufgaben als Unterassistent:innen sehen wie folgt aus:
Blutabnahmen und Zugänge: sind pflegerische Aufgabe. Ich habe nur eine einzige Blutentnahme in 4 Monaten gemacht.
Notaufnahme: den assistenzärztlich-chirurgischen Dienst begleiten und unterstützen, selbstständig Patient:innen versorgen, Wundversorgung machen (man kann wirklich viel Nähen, wenn man möchte), stationäre Aufnahmen vorbereiten. Die Betreuung hier ist super, da man fest einer Assistentin zugeteilt ist oder von den Oberärztin direkt mitgenommen wird.
Aufnahme: Unter Aufnahme fällt alles andere.
- Station: Theoretisch sollte jede Unterassistentin eine Woche auf Station mit den Assistentinnen mitlaufen. Wir waren zu wenige Unterassistentinne, weswegen dieser Teil bei uns gestrichen wurde. Da viele Assis aber selbst heillos überfordert schienen, war das für uns wohl kein großer Verlust.
- OP: Eine muss immer zur Verfügung stehen, um in den OP beordert zu werden. Hier gibt es den Pikettdienst, einen 24h Rufdienst der allzeit in max. 20 Minuten im OP sein soll. In der Hauptsaison standen wir zum Teil auch wirklich bis spät in die Nacht oder bis zum Morgen im OP. Im OP selbst hieß es dann meist, Haken halten oder an Beinen ziehen, damit das Tibiaplateau wieder gerichtet werden kann. Selten darf man zunähen oder mal eine Schraube einbringen. Häufig steht man auch nur dekorativ in der Gegend rum, weil der Herr Operateur gerne noch eine Person mehr im Raum hat...
- Aufnahmen: wir sind für die elektiv stationären Aufnahmen zuständig. Heißt, wir machen Anamnese und Aufnahmeuntersuchung, tackern das in den PC und verordnen die Hausmedikation sowie die Standard-Bedarfsmedikation. Danach soll eine Übergabe an die zuständige Assistentin erfolgen. Diese wir häufig sehr ignorant abgenickt oder auch gänzlich ignoriert. Bei manchen Assistentinnen konnte man in der Übergabe auch richtig was lernen, da hat man dann das Krankheitsbild des Pat., das weitere Prozedere und operative Vorgehen nochmal durchgesprochen. Das war cool.
- Sprechstunden: Man kann jederzeit in die Ober-/Chefärztlichen Sprechstunden gehen. Das lohnt sich tatsächlich auch, wurde von uns aber seltenst gemacht, weil man dann doch wieder für den nächsten Coronaabstrich oder OP angerufen wurde.
- Coronaabstriche: Manche Stationen machen es, die meisten nicht und so tingelt man durchs ganze Haus und schiebt Patientinnen ein Stäbchen in die Nase...
Team:
Es sind eigentlich alles super nett. Manche weigern sich hochdeutsch zu reden, sind aber auch nciht böse, wenn sie dann alles 10 Mal wiederholen müssen. Im OP ist man immer gerne gesehen, insbesondere die Viszeralchirurgen freuen sich, wenn sie einem was erklären können. Die Assistent:innen sind alle großteilig super liebe Menschen, die einem absolut auf Augenhöhe begenen und mit denen man auch gerne mal nach der Arbeit noch ne Runde Volleyballspielen kann oder so. Die Pflege kann zum Teil sehr fordernd sein. Da muss man aber auch einfach mal gegenangehen, dann läuft das.
Dienstzeiten:
Folgende Dienste müssen täglich von PJlis besetzt werden:
Notaufnahme: Früh 8-15h, Spät 15-22h
Aufnahme: Pikett: 7h - 7h nächster Morgen, normal: 8h - ca. 14/15h bzw. bis alle Arbeit erledigt ist (kann auch mal länger sein, wenn genug Leute da sind, sind wir aber auch schon um 10 gegangen oder einer ist halt mit dem Pikett noch bis nachmittags geblieben.)
Am Wochenende: Notaufnahme Früh 8-15, übernimmt auch den Pikett bis 8h nächsten Morgen und Notaufnahme Spät 15-22h
Für Wochenend- und Pikettdienste gibt es Ausgleichstage.
Den Dienstplan können wir selbstschreiben, was sehr viel Freiheit bietet, sich die Ausgleichstage passend zu Urlaubswünschen und so zu legen. Er muss dann nochmal von der zuständigen Assistentin abgenickt werden.
In der Hauptsaison arbeitet man wirklich viel und es sind viele Dienste zu besetzen an Wochenenden und mit Rufdiensten. In der Nebensaison ist dafür wirklich viel Freizeit drin, die Dienste bleiben aber trotzdem.
Essen:
Es gibt eine Mensa, in der man am Wochenende, wenn man Dienst hat ein Mittagesen bekommt, an den anderen Tagen muss man regulär bezahlen. Wir haben meist im Wohnheim gekocht und draußen gegessen.
Unterkunft:
Es gibt drei Wohnhäuser mit sehr unterschiedlicher Ausstattung. Am besten merhfach nachfragen, wie genau das Zimmer ausgestattet ist. Die Küchen sind z.T. im Zimmer und ganz leer, manchmal aber auch als WG Küche und dann ganz gut ausgestattet.
Freizeit:
Hier punktet Visp richtig. Es ist ein Paradies für alle Bersgsportarten, ob wandern, klettern, Snowboarden und Skifahren, Radeln, Mountainbiken oder Pargliden, hier ist alles möglich. Wir hatten eine super nice PJler-Crew und es hat sich immer wer für ein Abenteuer gefunden. Da sind die Wochenenddienste natürlich manchmal ärgerlich, aber dafür könnt ihr unter der Woche auch gut mal früh Feierabend machen oder gemeinsam Kompensationstage nehmen.
Zum Thema Auto: Es ist immer noch die Schweiz und entsprechend teuer ist das Bahnfahren. Viele hatten ein Auto und sind damit deutlich günstiger unterwegs gewesen als ich mit der Bahn, aber das Wallis ist extrem gut vernetzt. Man erreicht so gut wie alles auch ohne Auto. Achtung: in der Zwischensaison (Mitte April bis Mitte Juni) fahren viele Seilbahnen nicht!
Fazit: Ich hatte eine coole Zeit, was aber den Leuten und der großartigen Umgebung geschuldet war und definitiv nicht der Lehre oder dem Krankenhaus an sich.
Bewerbung
2 Jahre im Voraus per Mail oder sehr kurzfristig für Restplätze