Diagnostik, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, OP
Heimatuni
LMU Muenchen
Kommentar
Ich absolvierte ein Tertial von 4 Monaten meines Praktischen Jahres an der Klinik Donaustadt in Wien in der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe. Ich habe mich bewusst für Wien entschieden, da es eine wundervolle Stadt mit hoher Lebensqualität ist und ich gerne für ein Tertial ins deutschsprachige Ausland wollte, um meinen persönlichen und kulturellen Horizont zu erweitern.
Gleichzeitig wollte ich Erfahrungen in der klinisch-praktischen Ausbildung in Österreich sammeln und das österreichische Gesundheitssystem kennenlernen.
Ich habe relativ zentral im 3.Bezirk in einer Altbauwohnung gewohnt mit einem sehr netten Mitbewohner, den ich ganz unkompliziert über eine Facebook Gruppe gefunden habe. Die Höhe der Mieten sind echt ein Traum im Vergleich zu München.
An meinem ersten Tag im Donauspital traf ich mich um 8 Uhr mit der netten Sekretärin des Chefarztes in der Ambulanz. Sie händigte mir u.a. die Ausbildungsvereinbarung, Accountinfos für das Computersystem sowie Datenschutzblätter aus. Zudem erhielt ich einen Laufzetttel mit dem ich dann -wie alle anderen KPJler des gesamten Hauses- nacheinander diverse Stationen ablief, um meine ID-Karte, Dienstkleidung und einen Spind zu bekommen. Daneben erhielt ich einen Laufzettel mit Terminen zu Pflichtfortbildungen; dazu gehörten u.a. eine EDV-Schulung, Brandschutz, Hygiene, Arbeitsmedizin, Labormedizin und ein Reanimationskurs. Außerdem gab es die Möglichkeit freiwillig an teils wöchentlichen stattfindenden interdisziplinären Schulungen teilzunehmen. Die Infos kamen immer per Mail und richteten sich an alle KPJler:innen und Turnusärzt:innen in Wien. Zum Glück fanden diese immer im Donauspital statt, was natürlich praktisch für mich war.
Das Essen in der Kantine (oder im Restaurant wie es dort heißt) ist günstig und insgesamt solide, obwohl ich da auch nicht große Ansprüche habe. Man hat auf seiner ID-Karte jeden Tag ein Kontingent von 3,80 Euro ohne Getränk, mit dem man locker auskommt. Es gibt -neben Suppen, Nachspeisen und Snacks- täglich ein Angebot von 3 Gerichten, wobei meistens nur 1 vegetarisch ist. Die vegetarischen Hauptgerichte bewegen sich bei 1-2 Euro und ein Salatteller zum selber bestücken vom kleinen Salatbuffet kostet 1,60 Euro.
Während meines Tertials hatte ich die Möglichkeit in die Gynäkologie und Schwangeren-Ambulanzen, im Kreissaal, auf der Gynäkologie- und Wochenbett-Station, sowie im OP die vielseitigen Facetten der Gynäkologie und Geburtshilfe kennenzulernen. Nach der Morgenbesprechung teilte ich mich meist selber in die einzelnen Bereiche ein, indem ich direkt im Anschluss mit der zuständigen Ärzt:in mitgegangen bin. Manchmal wurde ich auch direkt in der Morgenbesprechung in den OP eingeteilt. Eine richtige Bertreuung für mich als einzige PJlerin in meiner Abteilung war im Grunde nicht vorhanden, ich teilte mich immer selber ein und lief bzw. half ein wenig in der Ambulanz oder im OP mit. Das war gut, weil man relativ schnell rausbekommen hat, welcher Arzt/Ärztin nett ist und einen einbindet in die Arbeit und sich so selbstständig zugeteilt hat. Sonst kann man sich frei bewegen und es wird nur von einem erwartet, dass man den Vormittag da ist um evtl. im OP auszuhelfen.
Viele der Ärzt:innen arbeiten täglich nur bis 13 Uhr bzw. maximal bis 15 Uhr; der Rest des Tages und die Nacht wird durch 24h-Dienste besetzt.
Auf der Gynäkologie gehörten Nacht‐ und Wochenenddienste nicht zu meinen primären Aufgaben. Nichtsdestotrotz habe ich gerne einen 24h Dienst unter der Woche (da am Wochenende immer die Turnusärzt:innen anwesend waren) absolviert, um mir dann auch ein paar lange Wochenenden dienstfrei zu nehmen. Schlafmöglichkeiten sind in der Klinik gegeben, die tatsächliche Schlafzeit in der Nacht hängt von der vorhandenen Arbeit ab.
Ein großer Unterschied zu der deutschen klinischen Ausbildung ist das Turnusarztsystem in Österreich. Das bedeutet, dass jeder/jede junge Mediziner:in vor Beginn der Facharztausbildung zuerst mit einer 9- monatigen Basisausbildung anfängt, die dann optional auf 3 Jahre Turnus erweitert werden kann. Dabei rotieren sie nacheinander jeweils für ca. 3 Monate in diverse klinische Abteilungen/Fächer und am Ende noch 6 Monate in die „Ordi“ (Ordination sprich niedergelassene allgemeinmedizinische Praxis). Nach dem Turnus kann man entweder mit der Facharztausbildung weitermachen, oder als Allgemeinmediziner oder Sekundararzt auf der Station oder Notfallambulanz arbeiten. Manche nutzen diese Zeit auch als Überbrückung bis ihre Wunschstelle frei wird. Die Turnusärzt:innen auf meiner Station waren fest auf den Stationen eingeteilt und primär für Aufnahmen, Entlassungen, Aufklärungen und Arztbriefe schreiben zuständig. Das ermöglichte mir viel Freiheit und Eigenständigkeit beim Rotieren auf die verschiedenen Bereiche der Abteilung. Das Schöne am PJ in Österreich ist, dass primär die Pflege für Blutentnahmen und Nadeln (Venflons) legen zuständig ist und ich nur selten aushelfen musste. Obwohl alle Ärzt:innen und die Pflege insgesamt sehr freundlich waren, fehlte mir das selbständige Arbeiten und oft auch die Lehre, welches ich von anderen Famulaturen oder dem vorigen Tertial gewohnt war. Ich half daher oft in den Ambulanzen aus, wo ich teilweise die Möglichkeit hatte, selbstständig zu untersuchen und zu sonografieren.
Auf Station kümmerte ich mich mit den Turnusärzt:innen zusammen um die Aufnahmen und erledigte einfache Stationsarbeiten; im Kreissaal assistierte ich den Hebammen bei Geburten. Also insgesamt beschränkte sich mein Tätigkeitsfeld auf viel zuarbeiten und zuschauen.
Das Donauspital ist ein spezialisiertes Perinatalzentrum und insgesamt wirklich groß (mit 5 Kreissälen, einem OP-Raum und einem Eingriffsraum sowie verschiedenen Ambulanzen), daher habe ich sehr viele eher seltene Krankheitsbilder gesehen wie z.B. seltene gynäkologische Tumore, perinatale Spezialfälle, BEL-Geburten, Drillingsgeburten etc.
Die Covid-19 Situation im Krankenhaus war zwischendurch sehr angespannt, da es vor allem Ende März und Mitte Mai einen riesigen Pflegemangel gab, wodurch zwischenzeitlich für einen Monat unsere Gynäkologie und unsere Wochenbettstation zusammengelegt werden musste. Auch viel ärztliches Personal fiel aus.
Leider war ich die einzige KPJ-Studentin der Abteilung über den gesamten Zeitraum, sodass ich insgesamt kaum Kontakt zu anderen Studis in Wien herstellen konnte. Lediglich Block- oder Erasmusstudierende waren intermittierend für 1-3 Wochen anwesend. Zudem hatte ich gehofft vielleicht durch die Arbeit am ehesten Kontakt zu Einheimischen aufzubauen, aber der Kontakt zu den Assistenz- und Turnusärzt:innen gestaltete sich trotz Mühen meinerseits als eher anonym (was u.a. auch der vielen Rotationen des ärztlichen Personals in einem großen Haus geschuldet war).
Daher war ich insgesamt sehr froh darum, dass ich den Wien-Aufenthalt mit Studienfreunden aus Deutschland zusammen verbrachte.
Das Leben in Wien ist wirklich sehr lebenswert und die Stadt mit ihren unzähligen alten Fassaden und Sehenswürdigkeiten einfach wunderschön. Es gibt unzählige Cafés, Bars, Kultureinrichtungen und Grünflächen, welche insgesamt einen sehr hohen Freizeitwert haben. Die öffentlichen Verkehrsanbindungen sind sehr gut ausgebaut, sodass ich mir ein Semesterticket gekauft habe. Nichtsdestotrotz hatte ich auch über die Firma Swapfiets ein Leihrad, um vor allem im Sommer mobil zu sein.
Wien hat tausend schöne Ecken, da könnte ich Seiten lang darüberschreiben. Insgesamt sind die Lebenshaltungskosten mit denen in München vergleichbar, je nach Freizeitgestaltung kann das mal etwas mehr oder weniger sein, während die Mieten im Schnitt günstiger sind. Ich habe eine Praktikumsvergütung und das Erasmusstipendium bekommen und konnte damit meine Kosten gut decken.
Insgesamt würde ich jeder/jedem einen PJ-Aufenthalt in Wien wärmstens empfehlen, wenn man vielleicht nicht die allergrößten Ansprüche an die klinische Ausbildung stellt; es kommt da aber sicher auch aufs Krankenhaus und die Abteilung an. Trotzdem habe ich im Donauspital einiges gelernt und für meine praktische Ausbildung mitnehmen können. Im Endeffekt konnte ich eigentlich immer gegen 13 Uhr gehen und hab viel mehr Geld verdient als in D. Trotz anfänglicher Bewerbungsschwierigkeiten ist sich alles am Ende gut ausgegangen und ich hatte eine ganz tolle Zeit in einer der schönsten Städte Europas.
Bewerbung
Insgesamt beschränkte sich meine Vorbereitung auf das Auslandspraktikum auf die eigenständige Bewerbung bei diversen Krankenhäusern in Wien, die Bewerbung für das Erasmus+-Programm und schließlich die Wohnungssuche. Insgesamt war es nicht so einfach einen Praktikumsplatz in einem beliebigen Krankenhaus in Wien zu bekommen trotz anderthalb Jahre vorheriger Bewerbung, da viele Spitäler schon voll waren bzw. diese Plätze zunächst für eigene Studierende freihalten wollen. Das Universitätskrankenhaus (AKH) verweigert grundsätzlich ausländischen Studierenden einen Platz.
Eine Zusage vom Donauspital bekam ich per Mail von der zuständigen Sekretärin mit dem Hinweis mich noch einmal 6 Wochen vor Praktikumsbeginn zu melden. Die Organisation mit dem Krankenhaus war damit nach 2 Mails abgehakt und im Endeffekt sehr simpel. Zwischendurch hatte ich ein wenig Angst, dass ich vergessen worden bin, aber die Sekretärin war sehr zuverlässig.
Eine Unsicherheit bei der Bewerbung waren die unterschiedlichen Tertialzeiten für das österreichische KPJ (klinisch-praktisches Jahr) und das deutsche PJ, welche um eine Woche versetzt waren. Wichtig ist einfach, immer die deutschen Tertialzeiten anzugeben, weil diese für die Anrechnung des PJ Tertials essenziell sind. Der Rest lässt sich mit Kommunikation mit dem Krankenhaus und Urlaubstagen regeln.