Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, chirurgische Notaufnahme
Einsatzbereiche
Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Jena
Kommentar
Wer jetzt nicht unbedingt hochspezielle Chirurgie sehen will oder später unbedingt Gefäßchirurgie oder Plastische Chirurgie machen will, sondern einfach die Grundlagen der Chirurgie in den Fachrichtungen Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie sowie Unfallchirurgie und Orthopädie lernen will und dabei noch Erfahrungen in der Notaufnahme sammeln will - und das ganze in einem tollen Team mit flachen Hierarchien, auf Augenhöhe und mit viel Mitmachmöglichkeit, der ist hier genau richtig.
Man hat hier außerdem die Möglichkeit für 1-2 Wochen auf die Intensiv zu rotieren, man kann in die Urologie/den Uro-OP reinschnuppern (was ich unbedingt empfehle, die Operationen von Herrn Dr. Djakovic sind wirklich sehenswert - wer dabei war, weiß, was ich meine ;) ) und auch Schilddrüsen-OPs werden hier gemacht. In meiner Zeit gab es auch einige Not-Operationen wie ein rupturiertes Bauchaortenaneurysma, zu dem wir auch mit dazu gerufen wurden.
Leider gibt es in Mühldorf keine Geburtshilfe mehr, ich durfte aber beim allerletzten Kaiserschnitt assistieren :)
Zum Ablauf/Orga: Wir sind immer um 7:30 Uhr zur Röntgenbesprechung gekommen (in der auch immer drauf geachtet wird, dass auch die PJler mitkommen und man kann auch hier gerne Fragen stellen!). Danach ging es meistens schon in den OP oder die Notaufnahme bzw. manchmal auf Station (da war ich aber tatsächlich nicht sooo oft ;) ).
Wir waren 3 PJler und sind entsprechend jeweils 4-5 Wochen durch die beiden Fachrichtungen Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie sowie Unfallchirurgie und dann noch in die Notaufnahme rotiert. Man kann auch 1-2 Wochen auf die Intensiv, wenn man das untereinander abspricht und im "Notfall" (wenn der OP unterbesetzt ist) auf Abruf in den OP kommen kann.
Jede:r PJler:in hat ein eigenes Telefon und einen eigenen Chip für den Zugang zu den PCs, außerdem hat man ein eigenes Schließfach im Keller in der Umkleide.
Mittagessen gibt es umsonst inkl. Salatbar, deshalb kann man sich finde ich nicht beschweren ;) Die Kantine hat nur bis 13:30 Uhr auf, wenn man seit 8 Uhr im OP steht, kann man daher sogar aus dem OP ausgelöst werden oder man spricht sich mit den anderen PJlern ab. Nachmittags um 15 Uhr ist dann noch mal Röntgenbesprechung und danach kann man (meistens um 15:30 Uhr) nach Hause :)
Es gibt hier außerdem den "Lernfrei-Tag", der auch über die Zeit kumuliert werden kann, wenn man das vorher transparent mit Herrn Dr. Pau (PJ-Betreuer) abspricht. Die sind da wirklich kulant und machen viel möglich. Als ich mich in der Klinik mit Corona angesteckt habe, wurden mir außerdem 1,5 Wochen Ruhe "verordnet" und die Zeit wurde mir nicht auf die Fehltage angerechnet, was leider nicht in allen Kliniken der Fall ist.
Zum Wohnheim gibt es hier ganz gute Rezensionen, das wiederhole ich daher nicht, weil sich da glaube ich nichts geändert hat. Zimmer 9 ist der Jackpot, weil es das größte ist und das Bad im Zimmer hat ;) Und sauber ist es im Wohnheim halt so sehr, wie man sich halt selbst kümmert. Es ist eher wie eine WG, daher kann man da auch einfach mal selber ein bisschen die Küche sauber machen und den Müll rausbringen, das ist ja kein Beinbruch (weil sich zuvor wohl einige über das fehlende Reinigungspersonal beschwert haben).
Zur Klinik und zum PJ:
Insgesamt eine wirklich tolle Klinik, die mir in meiner Zeit dort echt ans Herz gewachsen ist!
Ich habe hier die Chirurgie von einer für mich völlig neuen und sehr positiven Seite kennengelernt (meine vorherigen Erfahrungen aus der Uniklinik (Jena) und meinem vorherigen Tertial in der Anästhesie in einer anderen Klinik (da bekommt man auch relativ viel von dem Ton in der Chirurgie mit) waren nicht so besonders gut).
Wir Studierenden wurden sehr kollegial, mit Respekt und auf Augenhöhe wie junge Kolleg:innen behandelt, die Kommunikation untereinander war wirklich top, es wird sehr viel Wert auf Transparenz, Ehrlichkeit, Vertrauen und Verständnis füreinander gelegt und die Kolleg:innen verstehen sich untereinander auch alle sehr gut und unterstützen sich gegenseitig, was ein tolles Arbeitsklima schafft.
Außnahmslos alle Kolleg:innen (nicht nur die Ärzt:innen, sondern auch Pflege, OP-Personal, Stationssekretärinnen usw.) haben eine große Freude daran, einem Dinge zu zeigen und zu erklären und engagieren sich dabei wirklich sehr. Der PJ-Unterricht hat - auch wenn die Stationen randvoll waren und viele Kolleg:innen krank - fast immer stattgefunden oder wurde dann nachgeholt, war dabei interaktiv und oft auf aktuelle (eigene) Fälle bezogen, sodass man sich alles deutlich besser merken und gezielt Fragen stellen konnte. Besonders gefallen hat uns Studierenden der interaktive PJ-Unterricht am Endoskopie-Simulator, Danke dafür an Herrn Dr. Heidenkummer! :) Zu Empfehlen ist außerdem die "CT-Bilder-Sammlung" von Herrn Dr. Umschlag, ihn einfach drauf ansprechen, da freut er sich total drüber und bespricht viele interessante und auch kuriose Fälle mit den PJlern :)
Im OP:
Dort bin ich immer von allen Operateur:innen sehr gut integriert worden. Wenn man noch keine OP-Erfahrung hat, bekommt man alles geduldig von 0 an beigebracht. Man ist fast immer 1. Assistenz, was ich wirklich toll fand (obwohl ich vorher mit Chirurgie echt nicht viel anfangen konnte ;) ). Wenn man Spaß am Nähen hat, kann man das auch fast immer machen (es gibt dafür auch einen Nahtkurs von Herrn Dr. Heidenkummer, da muss man aber ggfs. nach fragen, weil das nicht alle brauchen. Ansonsten kann man sich auch aus der Notaufnahme einfach Nähzeug mit nach Hause nehmen oder im OP "das Gute" gehen Unterschrift ausleihen ;) )
Im OP wurden mir wurden zunehmend Aufgaben übertragen und es wurde mir praktisch während jeder OP jeder Schritt erklärt, wichtige Einzelheiten deutlich gemacht, praktisches und theoretisches Wissen vermittelt und von den meisten wurde ich ermuntert, Fragen zu stellen oder auch Dinge zu hinterfragen. Wirklich bei allen ärztlichen Kolleg:innen, habe ich mich im OP sehr wohl gefühlt und mich nicht gescheut, Fragen zu stellen, was für das Lernklima für mich extrem wichtig ist. Man wird hier weder angebrüllt noch bloßgestellt, sondern das genaue Gegenteil. Auch die OP-Pflege ist total nett (wenn man ihnen nicht gerade auf den sterilen Tisch klatscht) und immer bereit, einem Dinge zu erklären.
PJ-Betreuung:
Dr. Michael Pau ist der PJ-Betreuer der Klinik und hat sich wirklich toll um uns gekümmert, hat sehr viel für uns organisiert, PJ-Unterrichtspläne erstellt und sich für uns eingesetzt. Für Fragen und bei Problemen war er wirklich immer (!) erreichbar, man konnte auch jederzeit mit Wünschen zu ihm kommen und er hat fast alles möglich gemacht (z.B. Zeit auf der Intensivstation). Die Organisation des ganzen PJs war sehr gut organisiert und flexibel (z.B. das mit den Lernfrei-Tagen) und unsere Wünsche, Bedürfnisse und Präferenzen wurden gezielt erfragt, wahrgenommen und um- und durchgesetzt - was keine Selbstverständlichkeit ist!
Man merkt, welchen Stellenwert die Studierenden hier haben und zu Recht hat diese Klinik für das PJ Chirurgie unter Studierenden einen guten Ruf (auch wenn sich leider nicht alle die Mühe machen, hier einen Bericht zu schreiben ;) ). Ich kann dazu nur sagen, dass wir drei PJler zu meiner Zeit dort waren und wir alle super zufrieden waren.
Insgesamt also ganz ganz große Empfehlung dieser Klinik, man lernt nicht nur praktisch außerordentlich viel (man darf wirklich von Anfang an sehr sehr viel mitmachen, einem wird viel an- und zugetraut, man ist dabei aber nie alleine und bekommt immer Hilfe und kann jeden fragen - vom Assistenz- bis zum Chefarzt/ärztin), sondern insbesondere menschlich habe ich hier viel gelernt und habe gesehen, wie toll ein Arbeitsumfeld sein kann und wie viel leistungsfähiger einen das macht und um wie viel mehr die Arbeit Spaß machen kann, wenn man sich wohl fühlt, gewertschätzt wird und von wohlwollenden und sich gegenseitig unterstützenden Kolleg:innen umgeben ist.
Hervorheben möchte ich außerdem noch etwas, was mir persönlich sehr am Herzen liegt: Das Maß an Menschlichkeit und Empathie, das hier den Patient:innen als Menschen entgegengebracht wird, hat mich sehr beeindruckt. Hier steht wirklich (!) und im wahrsten Sinne des Wortes der Mensch mit all seinen Bedürfnissen nach dem Ideal des biopsychosozialen Modells im Mittelpunkt. Wie sich hier alle in's Zeug legen, damit Patient:innen nicht nur medizinisch, sondern auch menschlich, psychisch und sozial gut versorgt sind, hat mich sehr beeindruckt. Das hat man auch bei den Visiten, Patient:innen und Angehörigengesprächen sehr gemerkt. Indikationen werden hier (neben den medizinischen Aspekten) nach den Bedürfnissen und teilweise Wünschen der Patient:innen gestellt und nicht nach DRG- und Abrechnungsgesichtspunkten. Insbesondere ein Fall ist mir da im Kopf geblieben, der mir immer noch nachhängt (im positiven, aber nachdenklichen Sinne), bei dem ich aus nächster Nähe miterleben durfte, was es bedeutet, den Patientenwillen zu respektieren und wie schwierig manchmal ärztliche Entscheidungen sein können, insbesondere, wenn einem der Mensch hinter dem Patienten oder der Patientin wichtig ist.
Danke außerdem auch an Eva Meier und Carolin Betz, Fach- bzw. Ärztin in Weiterbildung in der Chirurgie: beides junge Frauen, die einem sehr ehrlich, aber auch auf eine zuversichtliche Weise gezeigt haben, dass man "auch als Frau mit Kinderwunsch Chirurgie machen kann". Das klingt wie ein Klischee, aber nach meiner Erfahrung wird es Frauen immer noch sehr schwer gemacht, Fuß in der Chirurgie zu fassen und hier weiter zu kommen, insbesondere, wenn sie Kinder haben oder haben wollen. Diese beiden haben mir viele Fragen beantwortet und ein anderes Bild für mich gezeichnet, mir aber auch vorgelebt, dass man sich als Frau nicht alles gefallen lassen muss und dass es langsam Zeit ist, vom Klischee der "Männerdominierten Domäne Chirurgie" wegzukommen.
Bei allen Kolleg:innen (nicht nur den hier genannten) war es insbesondere die gemeinsame Arbeit auf Augenhöhe und ohne Hierarchien, die das Lernen und Arbeiten hier zu einer echten Freude gemacht haben. Dafür bin ich von Herzen dankbar.
Bewerbung
Ãœber das PJ-Portal.
Man kann aber - wenn man sich von extern bewirbt - sicherlich auch einfach mal im Sekretariat der Chirurgie (siehe Website) anrufen und nachfragen. Die sind alle total nett und unkompliziert da :)