Da ich eher chirurgisch versiert bin, bin ich mit eher geringen Erwartungen in mein Innere-Tertial gestartet und wurde am Klinikum Schwalmstadt positiv überrascht. Ich habe äußerst viel gelernt und wurde sowohl fachlich als auch persönlich sehr stark eingebunden.
Das Klinikum und das Wohnheim liegen leider sehr weit ab vom Schuss. Man muss bedenken, dass man sich nicht in Treysa, sondern am Rand von Ziegenhain befindet. Außerdem war ich zu dem Zeitpunkt die einzige PJ-lerin in der Inneren. Für mich war es kein Problem, weil ich ein Auto hatte, aber sonst muss man sich überlegen, wie man sich dort beschäftigen kann.
Ich war in der 3-er-PJ-WG untergebracht, aber hatte als einzige PJ die gesamte Wohnung für mich allein. Es gibt einen Balkon, WLAN und eine einigermaßen ausgestattete Küche. Und die Wohnung liegt tatsächlich direkt am Parkplatz der Klinik, das heißt man von Haustür bis zum Haupteingang sind es ca. 2 Minuten zu Fuß. Man kann also gut ausschlafen. ;) In der Klinik erhält man jeden Tag eine warme Mahlzeit, die man aber vorbestellen muss. Durch das Essen muss man sich etwas durchprobieren, bis man weiß, was gut ist, aber ich habe zum Ende des Tertials wirklich gut gegessen! Das Mittagessen ist jeden Tag möglich gewesen.
Als ich da war, gab es leider kein PJ-Telefon, weil kaputt. Man erhält einen PC-Zugang mit den gleichen Berechtigungen wie die Assistenzärzte. Man kann auch Untersuchungen anmelden (außer Untersuchungen mit Strahlenbelastung).
PJ-Unterricht gab es hin und wieder durch den Chefarzt der Anästhesie (v.a. zur Notfallmedizin). Wir mussten uns selbst darum kümmern, dass der Unterricht stattfindet, aber es lohnt sich auf jeden Fall! Ansonsten nimmt man an den wöchentlichen Fortbildungen in der Notaufnahme und der Assistentenfortbildung teil oder wird manchmal bei interessanten Fällen zur Fallbesprechung dazugerufen.
Einen Blutentnahmedienst gibt es nicht, aber die BE wird nicht als reine PJ-ler-Aufgabe gesehen. Es wurde sehr darauf geachtet, dass ich die komplette Visite mitlaufen kann und meistens wurden die BE auch zwischen mir und den Assistenten aufgeteilt.
Zu Beginn des Tertials habe ich eine (sehr gute und engagierte) Ansprechpartnerin gestellt bekommen. Ich hatte direkt einen PC-Zugang und einen Rotationsplan- mit dem Verweis, dass ich diesen nach Absprache auch umändern kann. Der Tag beginnt um 7: 45 Uhr mit der Morgenbesprechung, mittags ist die Röntgenbesprechung und ggf. Fortbildung, der Arbeitstag endet offiziell um 16.15 Uhr. Überstunden kamen sporadisch vor, aber viel häufiger konnte ich etwas früher gehen. Man kann in der ZNA Zwischendienste bis 19 Uhr machen, um einen halben Tag frei zu bekommen. Studientage gibt es keine.
Mein Rotationsplan hat folgende Bereiche vorgesehen: Station 2 (Kardio/ Monitoring), Kardio- Funktion, Station 5 (Gastro), Endo/ Sono (Gastro), EPU-Labor, ZNA, Intensivstation.
Auf den Stationen kann man nach Absprache mit dem Stationsarzt eigene Patienten betreuen. Man visitiert und untersucht die Patienten aber auch, wenn man mit dem Arzt/ der Ärztin mitläuft. Ansonsten wird im Verlauf erwartet, dass man selbstständig dokumentiert, Briefe schreibt, Patienten aufnimmt, Aufklärungen macht, Viggos legt, Untersuchungen anmeldet, Befunde sichtet, Patienten bei der Röntgenbesprechung vorstellt etc. Es steht aber immer jemand für Rückfragen zur Verfügung! Auf der Station 5 gibt es wöchentlich eine Oberarzt- und eine Chefärztinnenvisite, auf der Station 2 gibt es keine eigene OA/CA-Visite.
In der ZNA wurde man ein wenig ins kalte Wasser geworfen, was aber nicht negativ gemeint ist. Es wird erwartet, dass man von Anfang an selbstständig Patienten übernimmt, für die man verantwortlich ist. Es steht jedoch immer ein Oberarzt/ eine Oberärztin bereit, um einem über die Schulter zu schauen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Man sollte aber vorher Überlegungen angestellt haben, wie man die Situation einschätzt und weiter vorgehen wollen würde. Es kommen auch zwischenzeitlich spontane Fragerunden und Mini-Fortbildungen sowie regelmäßig konstruktives Feedback. Wenn man sich gut anstellt, kriegt man mit der Zeit immer mehr Patienten, die man gleichzeitig "jonglieren" muss, aber es wird darauf geachtet, dass es in einem vernünftigen Rahmen bleibt.
Die Notaufnahme wird von den leitenden OÄ sehr gut organisiert, dafür wird aber auch viel Engagement und Motivation erwartet. Das ist aber auch verständlich, denn man lernt hier wirklich etwas für die weitere berufliche Laufbahn (und auch, wie man ein EKG ordentlich befundet).
Auf der Intensivstation hatte ich ebenfalls eine super Zeit. Morgens wird erwartet, dass man vor der eigentlichen Visite (um 9.30/10 Uhr) als PJ-ler alle Patienten einmal selbst klinisch untersucht und dokumentiert hat. Man sollte sich auch gut in die Patienten und die anstehenden Maßnahmen für den Tag einarbeiten. Bei der Visite ist man immer dabei, sonst ist das Aufgabenspektrum ähnlich der Normalstation. Allerdings darf man hier z.B. auch unter Anleitung eine Kardioversion durchführen und wenn es sich ergibt, ZVKs legen oder Pleura-/Aszitespunktionen machen. Der Oberarzt der Intensiv beantwortet gerne Fragen und erklärt/zeigt einem auch viel! Ich bin tatsächlich direkt eine Woche länger dort geblieben, weil es mir so gut gefallen hat.
In der Gastro- Funktion kann man alle Patienten in der Sonographie selbst schallen. Der Oberarzt der Gastro ist ein sehr ruhiger Mensch und schafft überhaupt keine "Prüfungssituation", das war sehr angenehm. Wer Abdomensonographie lernen will, ist hier goldrichtig.
Ansonsten ist man bei den ÖGD/ Kolos mit dabei und darf das Endoskop auch selbst lenken. Das Handling ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber es war schon cool.
In der Kardio- Funktion ist man richtig, wenn man TTE lernen möchte. Auch hier konnte man jeden Patienten vorschallen und es wurde mir auch sehr geduldig (und mehrfach) gezeigt, wie es geht. Zum Teil darf man sich auch mal an den TEEs versuchen, wenn man das möchte.
Zuletzt ein kleines Highlight meines Tertials- die Woche im EPU-Labor. Hier ist man zu zweit am Tisch mit dem Chefarzt der Rhythmologie, der wirklich unfassbar nett, geduldig und erklärungsfreudig ist. Ich durfte jedes Mal die Schleusen legen, die Katheter vorschieben und sein Glück mit der intrakardialen Platzierung versuchen. Der Chef erklärt jeden Schritt, den er macht, was er in den Ableitungen sieht und was er daraus schließen kann. Es war ein bisschen so, als könnte man das erste Mal durch die Matrix sehen. ;) Es war wirklich überraschend interessant und hat mich dazu motiviert, mich etwas tiefer mit dem Thema zu beschäftigen.
Die Stimmung im Team war alles in allem sehr gut. Alle waren sehr entgegenkommend und freundlich- es gab auch zwischendurch ein Dankeschön, wenn man jemandem ausgeholfen hat. Ich habe mich gut integriert gefühlt und wurde nie unfair behandelt. Dadurch, dass man viel rotiert, muss man sich leider regelmäßig neu einarbeiten, aber ich hätte es nicht anders haben wollen. So war das Tertial deutlich abwechslungsreicher.
Besonders hervorzuheben ist die tolle PJ- Betreuung. Einmal durch eine sehr engagierte Ansprechpartnerin, aber auch durch das Team selbst. Es wird sehr darauf geachtet, dass man nicht für unbeliebte Aufgaben ausgenutzt wird und stattdessen selbstständig Patienten versorgt. Dazu muss man sagen, dass entsprechend auch ein gewisses Engagement und Mitdenken erwartet wird, jedoch in einem absolut fairen Rahmen.
Zusammenfassend kann ich also das Innere- Tertial in Schwalmstadt wärmstens empfehlen. Ich will zwar immer noch in die Chirurgie, aber schön war es trotzdem. :)