Im Hospital Universitario arbeiten sehr viele PJler, die auf verschiedenen Unis Kolumbiens studiert haben. Die einheimischen PJler haben dabei eine 65 Stunden Woche ohne freie Tage. Die deutschen PJler aus der Rotation vor uns haben wieder durchgesetzt, dass die ausländischen Studenten nur eine 40 h Woche haben, worüber der PJ-Betreuer aber nicht sehr glücklich war. Ich würde mich daher nicht darauf verlassen, dass das so bleibt. Wochenenden hatten wir somit immer frei.
Angefangen haben wir in der Notaufnahme, dort ist Dienstbeginn um 6:30, Schichtende gegen 13 Uhr. Es beginnt mit der Ronda, der Visite, bei der die Studenten dem Assistenzarzt und manchmal Oberarzt die Patienten vorstellen und das weitere Prozedere besprochen wird. Lehre spielt dabei leider meist keine Rolle, durch den dortigen Akzent und den Trubel habe ich maximal 50% des gesagten überhaupt verstanden. Es wurde sich bei uns auch keine Mühe gegeben, etwas deutlicher oder lauter zu sprechen.
Im Laufe des Tages ist dann Aufgabe der Studenten, neue Patienten aufzunehmen und deren Berichte zu schreiben und sie später dem Assistenzarzt vorzustellen. Da bis das passiert ist, was auch mal den ganzen Vormittag dauern kann, nichts weiteres mit dem Patienten geschieht, liegen die oft stundenlang auf dem Gang oder in den Zimmern, bis überhaupt eine Bildgebung gemacht wird. Und auch die Studenten müssen stundenlang warten, bis sie wieder etwas machen können.
Die Patienten werden im Vorhinein alle von einem Medico general gesichtet, der schon mal näht, sie teilweise wieder entlässt oder in die Fachabteilungen zuteilt. Dadurch bekommt man die Erstversorgung gar nicht wirklich mit und es ist auch nicht gern gesehen, mit dem Medico general mitzulaufen, da das ja eine andere Fachrichtung ist und die Kolumbianer sehr auf ihre organisatorischen Einheiten und Hierarchien pochen.
Das Patientengut ist zum Teil ähnlich wie bei uns, dazu kommen jeden Tag Stich- und Schussverletzungen, die man bei uns kaum sieht. Es war sehr interessant zu sehen, mit welcher Ruhe diese behandelt werden.
Im Anschluss sind wir in den OP-Bereich rotiert, hier ging es um 7:15 los mit Operationen. Wobei es meist noch mindestens 20 Minuten dauert, bis der Patient dann wirklich da ist. Auch zwischen den OPs herrscht oft viel Leerlauf....daher mal wieder warten. Einwaschen darf man sich selten, da es viele Assistenzärzte und kolumbianische PJler gibt, die erst mal Vorrang haben.
Man hat zudem die Möglichkeit in HNO/Orthopädie/Urologie oder plastische Chirurgie zu rotieren. Ich war daher noch zwei Wochen auf der HNO. Dienstbeginn war zwischen 5:30 und 6:30. Zuerst wird Visite bei den stationären Patienten gemacht, danach Konsile bearbeitet und Ambulanztermine wahrgenommen. Auch hier spielt Lehre leider wieder eine untergeordnete Rolle, sodass man oft mit 5 weiteren PJlern einfach daneben steht und zuschaut. Viel gemacht habe ich in der HNO nicht.
Es gab ein mal pro Woche ein Allgemeinchirurgisches Seminar, das sich meist ewig gezogen hat und mit kleinen unwichtigen Fakten vollgepackt war. Offiziell ist das Pflicht, die letzten Wochen haben wir uns das dann gespart, da der Lerneffekt sehr gering war.
Das Ansehen des deutschen PJlers ist sehr niedrig, schon allein durch die angenehmeren Arbeitszeiten zusammen mit der Sprachbarriere. Manche der Kolumbianer nehmen sich den Deutschen sehr nett an, erklären viel und erzählen viel von ihrem Leben. Das waren die schönen Momente während der Zeit dort.
Ansonsten kann man das frühe Dienstende und die freien Wochenenden gut nutzen, rund um Cartagena gibt es viele traumhafte Strände und auch in der Stadt ist immer was geboten. Die viele Freizeit ist ein großer Pluspunkt für das PJ in Cartagena.
Auch wenn die Zeit in der Klinik oft anstrengend war, man sich fehl am Platze gefühlt hat oder ewig warten musste, würde ich es trotzdem wieder machen. Zu sehen, wie medizinische Versorgung in einem Land wie Kolumbien läuft, wie die Menschen leben und denken und all die kleinen herzlichen Begegnungen, waren es wert. Das sind Erfahrungen, die man als normaler Tourist niemals sammeln kann.
Bewerbung
Ca. ein halbes Jahr vorher per Email an das Dekanat (movilidadmedicina@unicartagena.edu.co)