Ich habe mich wegen der Nähe zur Nordsee und wegen der vielen positiven Berichte über alle Fächer hinweg für ein Tertial in Heide entschieden. Heide ist ein recht kleiner Ort, in dem man zwar alles findet, was man im Alltag so braucht, am Interessantesten ist aber sicher die Nähe zu St. Peter-Ording, Büsum, Sylt und Co. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man zwar überall hin, mit dem Auto ist es jedoch deutlich entspannter (und schneller).
Der erste Tag war super organisiert. Man startet um 9 Uhr mit Vorträgen der Personalabteilung und einer Hygieneschulung, anschließen wurde uns kurz das Haus gezeigt und gegen Mittag waren wir schon fertig. So wirklich los geht es erst am Dienstag und durch die gute Organisation am Montag kann man dann auch direkt mit Schlüssel und Computerzugang starten. Nur der Standort der Spinde wurde uns nicht gezeigt, ich hatte aber sehr viel Glück und habe einen Schrank im Arztzimmer belegen können.
Stationsalltag: Der Tag in der Neurologie startet um 8 Uhr mit der Frühbesprechung, danach ging es zum Blitzlicht mit der Pflege und erst gegen 8:45 auf Visite. Die Normalstation hat ca. 25 Betten, je nach Auslastung des Krankenhauses liegen auch chirurgische oder internistische Patienten auf der Neuro-Station. Montags ist Oberarzt-Visite, mittwochs Chefarzt-Visite, die restlichen Tage visitieren die Assistenzärzte alleine bzw. neue Patienten mit dem zuständigen Oberarzt. Dadurch unterscheiden sich auch die PJler-Vormittage, die Ober-/Chefarztvisite kann auch gerne mal bis 12/13 Uhr dauern, dafür ist man an den anderen Tagen schon um 10 Uhr mit der Visite fertig. Ich habe mich meistens an einen Assistenzarzt gehängt, mit diesem Patienten angeschaut und dem Arzt zugearbeitet. Nach ein paar Wochen durfte ich auch eigene Patienten übernehmen, sodass ich zeitweise sogar komplette Zimmer alleine betreut habe. Wenn für mich keine Patienten zu betreuen waren, habe ich Zugänge gelegt, Patienten aufgenommen, Briefe geschrieben oder wurde vom Chefarzt zu seinen ambulanten Patienten mitgenommen. Der Chefarzt ist seit diesem Sommer neben ärztlichem Direktor auch PJ-Beauftragter und sehr an Lehre interessiert. Er stellt zwar Fragen in der Visite, aber ich habe mich nie unangenehm ausgefragt gefühlt. Er hat mich auch häufig extra gesucht, um mir Patienten in seiner Sprechstunde zu zeigen. Klassische Stationsarbeit ist kein Muss, man kann jederzeit auch ins EEG oder zur Elektrophysiologie gehen. Blut wird bis 11:30 von der MFA abgenommen, danach sind die Ärzte zuständig. Zugänge legen grundsätzlich die Ärzte/PJler, für Hilfe bei der Blutabnahme ist die MFA aber sehr dankbar. Auch Lumpalpunktionen durfte ich unter Aufsicht durchführen.
Auf der Stroke-Unit war ich für zwei Wochen, dort ist der Tagesablauf ähnlich. Die Stroke ist auch für die Versorgung der neurologischen Intensivpatienten zuständig, sodass man in Kombination mit der Normalstation wirklich viele neurologische Krankheitsbilder kennenlernt.
Der Großteil der Stationsarbeit ist gegen 13 Uhr erledigt, sodass ich wirklich immer pünktlich zum Mittagessen gehen konnte. Um 13:30 steht an 3 Tagen/Woche die Röntgenbesprechung mit den Radiologen auf dem Plan, an den beiden anderen Tagen hält entweder der Chefarzt eine EEG-Fortbildung oder einer der Assistenzärzte eine neurologische Fortbildung. Auch dadurch habe ich viele Krankheitsbilder nochmal theoretisch wiederholen können. Jeden Nachmittag ab ca 14 Uhr findet der PJ-Unterricht statt, dieser ist jedoch nicht Anwesenheits-pflichtig, man kann also auch auf Station bleiben, wenn es etwas Interessantes zu sehen gibt. Der Tag endet gegen 16:30, pünktlich Feierabend machen ging eigentlich immer. Wenn man doch länger bleibt, dann aus persönlichem Interesse oder um für den nächsten Tag schon mal etwas vorzubereiten.
Ärzte, PTA, Pflege und MFAs arbeiten hier als Team zusammen, die Hierarchien sind sehr flach. Ich wurde vom ersten Tag an sehr herzlich aufgenommen, war nicht nur die PJlerin, sondern Teil des Teams. So wurde ich nach Feierabend zum Beispiel noch zum Eis essen mit den Ärzten und zur Stations-Sommerfeier eingeladen. Als ich dort war, hatten vor einem halben Jahr viele neue Assistenzärzte angefangen, sodass ich je nach zuständigem Arzt leider nicht so viel lernen konnte. Fragen stellen ging aber immer und an jeder Stelle.
Dienste sind keine Pflicht, können aber mit 1:1-Ausgleich gemacht werden. Ein Dienst am Samstag oder Sonntag geht von 8-20 Uhr, für einen Wochenendtag bekommt man einen Wochentag frei und kann sich den legen, wie man ihn braucht. Aufgeschrieben wird nichts, man sagt dem Chefarzt einfach Bescheid, dass man gearbeitet hat und wann man gerne frei hätte. Ich kann Dienste sehr empfehlen, weil man mit einem Assistenzarzt für alle Patienten auf der Normalstation, der Stroke und in der ZNA zuständig ist. An diesen Tagen habe ich mit Abstand das Meiste in Bezug auf Erstversorgung und Untersuchung gelernt und die Assistenzärzte sind sehr dankbar, wenn man eben schnell einen Zugang legen kann.
Allgemeines: Die hier oft beschriebenen Fahrräder gibt es, zu Beginn meines Tertials waren aber leider viele Fahrräder kaputt, sodass ich erst mit Ende des vorigen Tertials ein Fahrrad bekommen habe. Bei meistens 10min Fußweg ist das aber wirklich verkraftbar, die Unterkunft, in der ich untergebracht war, lag mit 20min Fußweg am weitesten von der Klinik weg. Die Personalabteilung ist sich des Problems bewusst und will das System ändern, sodass mehr Verantwortung beim einzelnen PJler liegt. Generell werden Verbesserungsvorschläge gerne entgegen genommen. Zur Unterkunft selbst: ich war in einem kleinen Häuschen untergebracht, wir waren 7 PJler auf 1 Küche und 4 Bäder. Die Zimmer sind ein bisschen karg, aber für 4 Monate absolut ausreichend ausgestattet. Für die Reinigung der Unterkunft sind die PJler zwar selbst verantwortlich, aber von Hygiene-Problemen, die hier ab und zu zu lesen sind, habe ich nichts mitbekommen. Das Highlight an unserer Unterkunft war der Garten, der in meiner Zeit hauptsächlich zum Lesen und gemeinsame Feierabend-Gespräche genutzt wurde, es soll aber auch Zeiten mit regelmäßigen Grillpartys gegeben haben. Die Gemeinschaft unter den PJlern war großartig, sowohl im Krankenhaus als auch in der Freizeit. Der WG-Charakter der Unterkünfte ist nicht für jeden etwas, hat aber sicher zum Gemeinschaftsgefühl beigetragen.
Zusammengefasst war das Tertial in der Neurologie super. Ich habe mich im Team sehr wohl gefühlt und wäre gerne noch länger geblieben. Auch mein Interesse für die Neurologie als späteren Facharzt ist durch das Tertial gewachsen. Eine klare Empfehlung!