Hepatobiliäre, endokrine und Transplantationschirurgie
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Auf der Haben-Seite:
Der belgische Medizinstudierende ist sehr gut eingebunden und arbeitet i.d.R. Seite an Seite mit den Assistenzärzt:innen. Man assistiert und näht mit im OP, darf eigene Patient:innen betreuen und visitieren auf Station oder in der Sprechstunde, schreibt Arztbriefe und beurteilt Laborbefunde. Grade für jemand von außen ist das aber ein "Alles kann, nichts muss" und hängt auch vom Niederländisch-Niveau ab. Die Visite wird übrigens auch von den Assistenzärzt:innen alleine geschmissen, die vorher mit der Pflege und nachher mit den Fachärzt:innen Rücksprache halten. Funktioniert sehr gut, die Patient:innen haben ein sehr gutes Verhältnis zu den Ärzt:innen und ich hatte immer den Eindruck, dass sie alle ihre Sorgen und Probleme ansprechen konnten.
Viele von den Ärzt:innen machen wirklich gerne Lehre und stehen mindestens gerne Rede und Antwort, wenn sie nicht sogar sehr proaktiv viel erklären und zeigen. Sie sind auch – man mag es in der Chirurgie kaum glauben – eigentlich nicht besonders gestresst und durch die Bank sehr nett und humorvoll. Vom Chefarzt bis zum Assistenzarzt. Ich hatte sogar ein Eingangs- und ein Abschlussgespräch mit dem Chefarzt, für die er sich wirklich Zeit gelassen hat.
Auch die Pflege ist super gut besetzt, es ist ein wahnsinnig freundliches Pflege-Team und das Verhältnis mit den Ärzt:innen ist sehr gut! Blut abnehmen muss hier von den Studierenden keiner: Das ist in der Regel vor unserem Dienstbeginn schon längst durch pflegerisches Personal erfolgt, sodass die Laborergebnisse in der Regel sogar schon vorliegen.
Sehr beeindruckend fand ich persönlich die Transplantations-Situationen. Zwei Mal in meiner Zeit hatten wir einen Spender für deren Organe Teams aus dem Eurotransplant-Gebiet eingeflogen sind, was sowohl eine spannende OP als auch ein spannendes Setting ist.
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Was man bedenken sollte:
Ich war zwischenzeitlich mit drei Studierenden auf Station, sodass es bei einem OP-Saal (selten mal zwei) und Tagen ohne Sprechstunde nicht mehr so viel zu tun gab. Das hätte ich aber auch anders gestalten können, wenn ich gewollt hätte. Habe halt lieber lange Mittagspause gemacht oder bin mal früher nach Hause verduftet.
Apropos früh nach Hause: Die belgischen Studierenden sind meist von 8:00 bis 18:00 dort und implizit wird das auch von dir erwartet. Mir gegenüber hat das keiner klar kommuniziert, aber einen früheren Schluss muss man sich i.d.R. schon deutlich erfragen oder halt erschleichen, wenn es nichts mehr zutun gibt.
Auch wenn es Leerlauf gibt, wird auch immer wieder Einsatz von einem erwartet. Wenn im OP jemand gebraucht wird, wird im OP halt jemand gebraucht (es guckt aber z.B. auch jeder, dass du dann Zeit zum Mittagessen hast und nicht bis in den Abend hinein bleibst – wirklich tolles Team!) Einmal pro Woche müssen die Studierenden im "Stafvergadering" alle Patient:innen der folgenden Woche vorstellen und einmal während des Praktikums wird von dir erwartet, dass du da im Journal Club auch einmal ein Paper vorstellst. Die Stimmung beim Stafvergadering ist aber sehr angenehm und wertschätzend!
Niederländisch ist für ein interessantes Praktikum meiner Meinung nach wirklich nicht zu vernachlässigen, auch wenn es keiner von einem erwartet. Im Gegenteil: Ich hab vorher ein paar Monate lang Niederländisch geübt, kam dann mit ganz gutem Verständnis und gebrochenen Sätzen an und es wurde sehr, sehr wertgeschätzt. Ohne das hätte ich aber aus Sprechstunden, Besprechungen & Visite kaum etwas mitnehmen können. Und wenn man kein Niederländisch spricht, wird trotzdem erwartet, dass man da mitkommt – so ging es meiner italienischen Mitpraktikantin. Niederländisch zu verstehen war dabei viel wichtiger als es selber zu sprechen, was mit deutschsprachigem Hintergrund leicht erreichbar ist.
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Kurz und knapp noch ein paar harte Fakten:
- Dienstzeiten i.d.R. 08:00 - 18:00
- OP-Spektrum: Hepatektomien, Ablationen der Leber, Whipples, distale Pankreatektomien, Nierentransplantationen, Spender-OPs, (Para)-Thyroidektomien u.ä.
- Keinerlei eigene Kleidung nötig; man läuft den ganzen Tag in der Bereichskleidung herum (auch außerhalb des OPs)
- Vegetarisches Mittagessen immer möglich; vegan ggf. etwas umständlicher
- Distanz vom Stadtzentrum zum Krankenhaus ca. 30 min mit dem Fahrrad und ca. 45 min - 1h mit dem Bus
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Zu Antwerpen:
Antwerpen hat mich als Stadt super positiv überrascht! Es gibt viele junge Menschen, schöne Ecken, Veranstaltungen und Museen, eine tolle Restaurant-Szene (insb. die vegane Szene hat mich überrascht!) und Möglichkeiten, nach draußen zu kommen. Mit der Mode, dem Hafen und den Diamanten hat die Stadt eine spannende Geschichte, setzt aber auch viele zukunftsorientierte stadtplanerische Maßnahmen um. Auch eine absolute Fahrrad- und Fußgängerstadt! Nur das Wetter hat manchmal zu wünschen übrig gelassen. Dafür sitzen beim ersten Sonnenstrahl alle Menschen auf den Terrassen der Cafés und Restaurants!
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FAZIT:
Eine absolute Empfehlung für jeden, der Lust hat, Chirurgie zu machen oder zumindest einen guten Eindruck von der Chirurgie zu bekommen, aber gerne dem harschen Klima an manch deutscher Universitätsklinik entkommen möchte. Wer sich eine entspannte Zeit im Ausland machen möchte und gerne nach der Visite schon wieder raus wäre, ist hier nicht ganz richtig aufgehoben.
Bewerbung
Ich habe mich ein knappes Jahr im Vorlauf per E-Mail an stage@uza.be beworben, gehe aber davon aus, dass es auch später gegangen wäre. Die Bewerbung war sehr unkompliziert: Ich hab kurz geschrieben, warum ich das Praktikum machen möchte und einen Lebenslauf mitgeschickt. Nach einem kurzen E-Mail-Austausch hatte ich die Zusage. Alternativ kann man sich auch über das Erasmus-Programm bewerben; das kam für mich aber wegen fixer Rotationszyklen nicht in Frage. Mehr dazu findet man auf der Website vom UZA ("Stage geneeskunde in het UZA").