Insgesamt ein tolles Tertial in einer sehr guten Arbeitsatmosphäre, viel Teaching mit großem Lernzuwachs meinerseits und super Freizeitmöglichkeiten.
Bewerbung und Organisation
Ich habe mit ca. 2 Jahre im Voraus über Frau Zehnter vom Human Ressources (HR) beworben. Der Email- und Telefonkontakt war immer sehr herzlich und freundlich mit zügigen Antworten und unkomplizierter Abwicklung. Man bekommt in der Schweiz als Unterassistent (Uhu) einen Arbeitsvertrag und ist offiziell mit einer 42h-Woche angestellt. Der Lohn beträgt ca. 1150 CHF, wovon direkt die Miete und Steuern etc. abgezogen werden, durch die Pikettdienste (siehe unten) kommen nochmal ca. 250-300 CHF dazu.
Insgesamt hat man in 16 Wochen Tertial 7 Tage Urlaub und pro Monat 2 Studientage. In der Inneren Medizin ist es gewünscht, dass nur ein Uhu auf einmal frei nimmt, sodass man sich absprechen muss. Je nach dem, wie viele Uhus insgesamt gerade da sind, sind auch mal Ausnahmen möglich. Die Urlaubs- und Studientage zählen nicht als deutsche Fehltage. Andersherum zählen die deutschen Fehltage in der Schweiz nicht.
Arbeitsalltag
In der Inneren rotiert man in die Notaufnahme, Geriatrie, Allgemeine Innere und IMC/Privatstation. Man ist immer einem Assistenten/einer Assistentin zugeordnet, welche wiederum von einem Kaderarzt/einer Kaderärztin betreut werden. Die Hierarchien sind vergleichsweise flach, man duzt sich (außer den Chefarzt) und alle sind wirklich, wirklich nett und herzlich. Ich habe mich sehr willkommen gefühlt und wurde schnell ins Team und in den Arbeitsalltag integriert. Es wird aber auch erwartet, dass man selbständig arbeitet, vor allem in der Notaufnahme, und wenn man möchte, auf Station Patient*innen betreut und direkt mit Kaderarzt/-ärztin bespricht.
Auf Station gehören zudem zu den Aufgaben der Uhus die Dokumentation der Visite, stationäre Aufnahmen, Schellongs, MMS (v.a. auf Geri) und Berichte schreiben. Wenn Zeit ist, darf man auch mal in die Gastro, Kardio- und Pneumosprechstunde reinschauen.
Auf dem Notfall übernimmt man recht schnell selbständig Patient*innen, erhebt Anamnese, körperliche Untersuchung, überlegt sich, was man weiter machen würde, und bespricht dies mit Kaderarzt/-ärztin. Dann meldet man die weiterführende Diagnostik an, verordnet die Medikamente und schreibt die Berichte. Alles natürlich unter Supervision, ich hatte nie das Gefühl, allein gelassen zu werden und konnte immer die Assistent*innen fragen, wenn etwas unklar war. Ich habe gerade auf dem Notfall sehr viel gelernt, vor allem, sich das Prozedere zu überlegen und eine gewisse Verantwortung zu übernehmen.
Es gibt diverse Fortbildungen, jeden Dienstag einen EKG-Kurs, mittwochs (etwas unregelmäßig) verschiedene Teachings durch die Kaderärzte und wöchentlich Uhu-Teaching durch die Chirurgie. Die Gyn macht offiziell auch einmal im Monat Teaching, was aber bei uns nie stattfand. Donnerstags folgt nach dem Morgenrapport eine Fortbildung aus St. Gallen, die meist recht lehrreich war. Jeden Freitag ist Journal Club, wo Assistent*innen und Uhus Paper vorstellen, die dann diskutiert werden. Außerdem gibt es einmal wöchentlich eine Radiologie-Fortbildung und alle zwei Wochen Uhu-Teaching durch den Chefarzt der Inneren Medizin, was leider mehrfach ausgefallen ist, aber wenn es stattfand, sehr gut war.
Es wird jeden Tag zusammen in der Mensa gegessen, wo man als Uhu 50 % Rabatt bekommt. Pro Tag gibt es ein vegetarisches und ein fleischhaltiges Hauptgericht sowie eine große Salattheke, bezahlt wird alles nach Gewicht. Ich kam meistens mit 4-5 CHF pro Tag gut aus.
Die Uhus der Inneren und Chirurgie (und Gyn, falls jemand da ist) decken die Pikettdienste der Gyn ab. Das bedeutet, dass man abwechselnd unter der Woche von 17:00-07:00 und am Wochenende von 07:00-07:00 das Piketthandy hat und bei Sectios angerufen wird und innerhalb von 20-30 Minuten als Assistenz in den OP muss. Unabhängig davon, ob man gerufen wird oder nicht, bekommt man unter der Woche pro Dienst 50 CHF und am Wochenende 100 CHF.
Insgesamt habe ich das Arbeiten im Spital als sehr angenehm empfunden, der Umgang untereinander ist respektvoll und auf Augenhöhe, es wird auf gutes Teaching geachtet. Trotz teilweise langer Arbeitstage habe ich es aufgrund der guten Atmosphäre deutlich weniger stressig erlebt als teilweise in Deutschland. Dieses Jahr wird es bei den Kaderärzten und -ärztinnen allerdings wohl noch einige Änderungen geben, weswegen ich nur für die jetzige Personalsituation sprechen kann.
Wohnheim
Das Wohnheim ist etwas in die Jahre gekommen, aber ausreichend ausgestattet. Die Zimmer sind sehr unterschiedlich groß. Meins war sehr klein, ca. 11 qm, und ausgestattet mit Bett, Schrank, Kommode, Schreibtisch, Stuhl und Waschbecken. Es hat 300 CHF gekostet, was für Schweizer Verhältnisse wirklich günstig ist.
Tipp: Falls es möglich ist, explizite Wünsche anzugeben, die Zimmer am Ende des Ganges im 1. Stock mit der Nummer 108 und 107 sind deutlich größer als die restlichen Zimmer und kosten trotzdem nur 300 CHF.
Die Küche teilt man sich auf dem Flur (oben Frauen, unten Männer), genauso wie die Toiletten und eine Dusche pro Flur. Die Gemeinschaftsräume und der Flur werden täglich gereinigt, bei uns gab es nie Probleme mit Ordnung oder Schmutz, wobei das natürlich auch von der Sorgsamkeit der Mitbewohner*innen abhängt. Die Küche ist gut ausgestattet mit Tellern, Besteck, Töpfen, Pfannen etc., es gibt sogar eine Mikrowelle, ein Raclette-Gerät und ein Crèpegerät, welche gut in Schuss sind und mehrfach von uns benutzt wurden. Jeder hat ein abschließbares Fach im Kühlschrank und im Schrank.
Im zweiten Stock gibt es, auf explizite Nachfrage beim HR, Studios, die ein eigenes Bad, zwei Betten und eine kleine Küchenzeile haben und 400 CHF kosten. Es gibt ein abschließbares Fahrradabteil und wer mit dem Auto kommt, erhält eine kostenlose Parkkarte.
Ich persönlich hatte etwas Sorge vor dem Leben im Wohnheim, die aber völlig unbegründet war. Wir waren 6-9 deutsche Uhus im Wohnheim und hatten eine super Zeit mit gemeinsamem Grillen auf dem Balkon, regelmäßigem Pizzabacken, entspannten Abenden in der Küche und tollen Ausflügen am Wochenende.
Freizeit
Wir haben jedes Wochenende Ausflüge gemacht, sowohl in Städte (Luzern, Zürich, Bern, St. Gallen) als auch viele Wanderungen. Uznach liegt zwar nicht direkt am Zürichsee, mit der Bahn ist man aber in 5 Minuten am See, mit dem Fahrrad in ca. 20 Minuten. Für ein kleines Dorf ist es gut mit den Öffis angebunden, die Schweizer Bahn ist was Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit angeht auch einfach ein Traum. Ich hatte mir über ein Angebot ein „Schnupper Halbtax“ für 33 CHF bei der SBB geholt, womit ich 50 % Rabatt auf alle Fahrten mit dem ÖPNV hatte, was sich für mich ziemlich gelohnt hat.nMit dem Auto ist es teilweise aber doch deutlich einfacher, zu Startpunkten für Wanderungen zu kommen.
Für Wanderungen einfach auf Komoot schauen, da wird man schnell fündig. Landschaftlich ist die Schweiz einfach wunderschön, es lohnt sich auch, mal etwas weiter Richtung Appenzell oder für ein Wochenende ins Berner Oberland zu fahren.
Vom Spital aus ist man in 3 Minuten im Grünen und kann am Kanal mit Blick auf die Berge spazieren gehen. Dafür geht im Dorf selbst nicht viel. Man kann gut die Ruhe und die Natur genießen, aber abends auswärts feiern oder essen gehen ist dort kaum möglich. Weil das in der Schweiz aber auch ungleich teurer ist als in Deutschland, spart man so wenigstens Geld. Bei Lebensmitteln unterscheiden sich die Preise stark je nach Supermarkt. Der Aldi ist zum Beispiel zu Fuß ca. 30 Minuten entfernt, ist aber deutlich günstiger als Coop oder Migros. Rapperswil ist die nächste größere Stadt mit einer süßen Altstadt und einem kleinen Hafen am Zürichsee, dort gibt es auch alle gängigen Geschäfte.
Ich würde Uznach und das Spital Linth für ein Tertial in der Inneren Medizin auf jeden Fall weiterempfehlen.