Orthopädie und Unfallchirurgie, Neurochirurgie, Allgemeinchirurgie
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Für mein 2. Tertial hatte ich Plau am See gewählt und war in meiner Entscheidungsfindung wohl vor allem von den positiven Bewertungen zuvor sowie von der Aussicht auf Studientage beeinflusst. Die folgende Bewertung bezieht sich auf die Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, da ich dort den Großteil meiner Zeit verbracht habe. Da ich zwischenzeitlich auch in der Allgemein- sowie in der Neurochirurgie gearbeitet habe, sind diese weiter unten separat vermerkt. Vorweg muss ich anmerken, dass die Zeit in der Unfallchirurgie wegen diverser Gründe von einer sehr engen Personalsituation geprägt war – diese hat sich jetzt gerade zum Ende ein wenig gebessert und ich kann mir vorstellen, dass zukünftige PJler auch eher wieder an die vormals beschriebenen, sehr guten Erfahrungen anknüpfen können.
Der Tag auf der Unfallchirurgie beginnt um 7:30 Uhr mit der Morgenbesprechung, in welcher im Wesentlichen die Fälle aus dem Dienst einschließlich deren Röntgenbilder besprochen werden. Danach geht es auf Station, wo zunächst die Blutentnahmen und ggf. Flexülen anstehen. Teilweise wird man währenddessen schon von Seiten des OP-Teams angerufen, um dort zu assistieren, ansonsten läuft man in der Regel die Visite mit, diktiert danach Entlassungsbriefe und nimmt Patienten für elektive endoprothetische Eingriffe auf. Um 15:00 Uhr trifft man sich erneut zur Mittagsbesprechung, in welcher die Röntgenbilder des Tages von Station und aus der Notfallambulanz besprochen werden, sowie jene präoperative Bildgebung, die zur Aufnahme angefertigt oder von den Patienten mitgebracht wurde.
Insgesamt war ich, auch auf eigenen Wunsch hin, häufiger auf Station als im OP eingeteilt. Je nach Wochentag fielen mal mehr, mal weniger Blutentnahmen an, sodass man teilweise wirklich lange damit beschäftigt war. Gerade am Anfang waren mein PJ-Kollege und ich oft alleine für sämtliche Blutentnahmen und Flexülen zuständig, sodass wir meistens die Hälfte der Visite verpasst haben und noch nicht fertig waren, bevor einer von uns in den OP gerufen wurde. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Hilfe gewünscht. Im Verlauf gab es hierbei allerdings deutlich mehr Unterstützung, sodass man die Entnahmen gut bewältigen konnte und nicht sofort im Stress war, wenn es einmal nicht umgehend funktioniert hat. Die Visite konnte man danach, wenn man nicht im OP eingeteilt war, immer mitlaufen. Oft hat man dabei entweder das Patientengespräch in der jeweiligen Akte dokumentiert oder Aufgaben (Entlassungsbrief, Post-OP-Röntgen, Organisieren einer Kurzzeitpflege etc.) in einem Kalender notiert, welcher die To-Do-Liste für den jeweiligen Tag und die Tage darauf enthielt. Die Visite ging durchschnittlich sicherlich etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde, war aber durchaus von Zeitdruck geprägt, sodass man selten selbst die Gelegenheit hatte, diese zu leiten. Sporadisch durfte man das für ein oder zwei Zimmer tun, aber es war nie so, dass man die ganze Runde oder beispielsweise einen Patienten während seines gesamten stationären Verlaufes visitieren konnte. Dennoch hat man durch das Mitlaufen bei den Visiten die Patienten kennengelernt und einen sehr guten Überblick über deren Fortschritte bekommen, von Sorgen und Komplikationen erfahren und generell einen guten Einblick in die postoperative Nachsorge erhalten. Auf die Visiten habe ich mich daher immer sehr gefreut. Nach der Visite habe ich meistens erstmal Entlassungsbriefe diktiert. Zwischenzeitlich, als die Personalsituation besonders eng war, auch direkt nach dem Blutabnehmen, ohne zunächst der Visite beizuwohnen. Dabei kam es leider öfter vor, dass ich Briefe für Patienten übernehmen sollte, die ich zuvor nicht einmal zu Gesicht bekommen hatte. Die Briefe wurden selbstverständlich allesamt nochmal von Seiten der Ärzteschaft Korrektur gelesen und ergänzt, für mich selbst war diese Arbeit aber ziemlich frustrierend und wenig lehrreich, da ohne Kontext. Schwierig und zeitlich einnehmend war es zudem, in den handschriftlich geführten Patientenakten die relevanten Informationen zu entziffern. Fast jeden Tag gab es zwei bis vier Patientenaufnahmen zu elektiven Hüft- oder Knie-TEP-, seltener auch Schulter-TEP-Implantationen und dann noch Vorstellungen zu elektiven Arthroskopien. In der Regel hat man zwei bis drei dieser Aufnahmen übernommen, wobei uns die Anamnese und die dafür benötigten orthopädischen Untersuchungstechniken initial an Patienten vorgezeigt wurden. Eigenständig haben wir an dieser Stelle bereits ab der ersten Woche gearbeitet, insgesamt aber sehr wenig Feedback erhalten, sodass ich zwar eine gute Routine entwickeln konnte, aber mir bei einigen Zeichen immer noch nicht sicher bin, ob ich sie richtig durchführe. Bei Rückfragen wurde mir zwar die Untersuchung selbst nochmal vorgezeigt oder auf den Vorbefund zum Vergleichen verwiesen (bei vielen Patienten liegt bereits ein körperlicher Untersuchungsbefund aus der orthopädischen Sprechstunde vor, in der die Indikation zur OP gestellt wurde; dieser wurde meist wenige Wochen vor dem eigentlichen Termin zur Prämedikation durch einen Oberarzt erhoben und ist in der Regel noch ziemlich aussagekräftig – mir hat das bei den Bewegungsausmaßen am Anfang sehr geholfen, da es mir initial schwergefallen ist, diese richtig einzuschätzen), allerdings hat sich bei mir zum Beispiel niemand die Untersuchung von Knie und Schulter in Gänze angeschaut, wie es bei der Hüfte der Fall war. Nach den Aufnahmen habe ich, wenn noch Zeit bis zur Mittagsbesprechung war, meistens weiter Briefe diktiert. War man stattdessen den Tag im OP eingeteilt, galt es im Wesentlichen Haken zu halten. Es wird einem zwar viel erklärt und man kann immer Fragen stellen, allerdings wiederholen sich viele Eingriffe durch die Endoprothetik, die wohl einen Großteil des OP-Plans ausmacht und, gemessen an der Zeit, die man assistiert, durfte man insgesamt sehr wenig eigenständig unter Anleitung machen, sodass ich in meiner gesamten PJ-Zeit nur einmal intraoperativ genäht und kein einziges Mal intraoperativ geknotet habe. Zwar wurde das auch gesehen und sich oft dafür entschuldigt, dass das aufgrund des Zeitdruckes aktuell nicht möglich sei, aber dadurch habe ich ziemlich schnell die Lust am Operieren verloren (mein PJ-Kollege, der deutlich häufiger im OP war als ich, durfte, zumindest am Ende, ein wenig mehr machen). Da die OPs gerne auch mal länger gingen als 15 Uhr und die Oberärzte dort eingespannt waren, kam es häufig zu Verzögerung der Mittagsbesprechung. An vielen Tagen haben wir die Klinik erst nach 16 Uhr verlassen.
Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass man anfangs schnell in die alltägliche Arbeit integriert und dadurch viele Eindrücke sammeln konnte, die Lernkurve aber unglaublich schnell abgeflacht ist. Das zum klinischen Alltag leider viel Bürokratie und Schreibarbeit sowie Routineaufgaben dazugehören, ist kein Geheimnis, dennoch hätte ich mir als PJler einen Ausgleich und mehr Lernfortschritte gewünscht, die gerade durch das Arbeiten in der Notfallambulanz gewährleistet hätten werden können. Grundsätzlich heißt es, dass man als PJler immer in die Notaufnahme gehen kann, praktisch war dies aber kaum möglich, da man dann doch angerufen wurde, um im OP oder auf Station zu helfen. Auch als ich das explizit angesprochen hatte, hat sich an der Situation nichts geändert. Dadurch kam das Erwerben von praktischen Fähigkeiten wie das Anlegen einer Cast-Schiene, das Durchführen einer eFAST-Sonografie und das Nähen von unkomplizierten Wunden deutlich zu kurz. Was ich auf jeden Fall empfehlen kann, ist einen Dienst freitags oder am Wochenende(oder am besten gleich mehrere) mitzumachen, weil an den Tagen viel los ist und man unglaublich viel lernt. Ich selbst habe das leider nur einmal kurz vor Ende meines PJs gemacht und dabei eine sehr kompetente Ärztin begleitet, bei der ich alle oben genannten Punkte eigenständig unter Aufsicht und mit viel Feedback durchführen konnte. Diese Möglichkeit hätte ich mir auch im klinischen Alltag öfter gewünscht.
FAZIT: Ich glaube, dass mein Eindruck von diesem Tertial nicht ganz repräsentativ für das ist, was die Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie normalerweise bieten kann, ich persönlich habe jedoch in meiner – vor allem praktischen - Weiterbildung nach einer initial steilen Lernkurve schnell ein Plateau erreicht. Für zukünftige PJler wäre es vielleicht sinnvoll von Beginn an einen festen Wochentag auszumachen an dem man grundsätzlich nicht für den OP, sondern auf Station eingeteilt und dabei immer angerufen wird, sobald ein Patient in der Notfallambulanz vorstellig wird. An dieser Stelle möchte ich aber auch noch Positives erwähnen: Gleich zu Anfang erhält man ein eigenes Telefon und einen Computerzugang mit Zugriff auf eigentlich alles, was man für die eigenständige Stationsarbeit benötigt. Lediglich das System mit der radiologischen Bildgebung kann man nicht selbstständig aufrufen, kann aber immer jemanden fragen, wenn man sich außerhalb der Besprechungen nochmal was anschauen möchte. Probleme, einen Computerarbeitsplatz zu finden, gab es nie. Durch die Besprechungen selbst schult man schnell den Blick für Pathologien und ich fühle mich nun deutlich sicherer in der systematischen Befundung von Röntgenbildern das Skelettsystem betreffend. Es gibt ein Modell zum Knotenüben und ich durfte mir während fast der gesamten PJ-Zeit eine Vorlage zum Nähen, einen Nadelhalter und eine Pinzette (leider nur anatomisch) ausleihen. Zudem gibt es jede Menge abgelaufenes Nahtmaterial, an dem man sich bedienen kann – und das immer wieder aufgestockt wird. Was ich durchwegs als sehr positiv wahrgenommen habe war, dass alle Ärzte bis hin zum Chefarzt den PJlern gegenüber wirklich freundlich und aufgeschlossen sind: Jede noch so triviale Frage darf gestellt werden und wird gerne beantwortet. Gerade die Chirurgie ist reich an „Horrorgeschichten“ über die Bloßstellung von Famulanten und PJlern, hier habe ich jedoch sowohl während Visite als auch in den OPs niemals Sorge deswegen gehabt. Aus diesem Grund kann ich mir vorstellen, dass sich Plau am See sowohl für Leue eignet, die unfallchirurgisch sehr interessiert sind (es gibt hier eigentlich das gesamte Spektrum) als auch für Leute, die eher Angst vor der Chirurgie haben. Ich selbst wollte nie chirurgisch tätig werden und plane das auch nicht in naher Zukunft, habe aber im Verlauf des PJs ein Grundinteresse gerade für die Orthopädie und Unfallchirurgie entwickeln können. Im Studium war die gesamte chirurgische Bandbreite an Fächern für mich immer ein wenig mit Furcht und Unsicherheit verbunden und ich bin sehr dankbar, dass sich dies durch mein Tertial nun eher umgewandelt hat in Respekt vor der medizinischen Leistung der Ärzte in diesem Fachgebiet.
Insgesamt möchte ich mein Tertial in Plau nicht missen. Das liegt sicherlich vor allem an geschlossener Freundschaft und dem enormen Freizeitwert, den der Ort und die Umgebung zu bieten hat, dennoch habe ich trotz genannter Kritik auch einige neue Kompetenzen erwerben können, von denen ich fachlich weiterhin profitieren werde.
Nun noch kurz zur Neuro- und Allgemeinchirurgie sowie zu den Rahmenbedingungen:
Neurochirurgie: Hier war ich für insgesamt drei Wochen. Die Assistenzärzte, mit denen man die meiste Zeit zu tun hat, sind sehr freundlich, allerdings deutlich eingeschränkter in ihrer Arbeit, da auch kleinste Medikamentenänderungen vorher mit dem Chefarzt besprochen werden müssen. Die Atmosphäre auf Station ist stark durch diese Hierarchie geprägt. Chefarztvisite findet hier zweimal am Tag, allerdings im Schnelldurchlauf statt, sodass ich deutlich weniger über die Patienten wusste als auf der Unfallchirurgie. Durch die Aufnahmen (meistens Bandscheibenvorfall oder Spinalkanalstenose) lernt man vor allem die Kraftgrade nach Janda, dermatombezogene Sensibilitätsstörungen und den Reflexstatus zu erheben, erhält aber auch hier insgesamt wenig Feedback. Ansonsten fallen natürlich auch auf der Neurochirurgie Entlassungsbriefe an, die aber kürzer ausfallen als jene von der Unfallchirurgie. Gerade bei den außergewöhnlichen Operationen (Entfernung von verschiedenen Hirntumoren) ist man von Seiten des Chefarztes als Zuschauer fest im OP eingeplant – und man sieht tatsächlich viel, obwohl man nicht unmittelbar am Tisch steht, da mit Mikroskop und Kamera gearbeitet wird. Wenn man möchte, besteht an den meisten Tagen die Möglichkeit bereits früher zu gehen, allerdings kann man die übrige Zeit auch nutzen, um der Notaufnahme einen Besuch abzustatten. Häufigster Vorstellungsgrund sind hier Rückenschmerzen, sodass man bei V.a. Bandscheibenvorfall letztendlich dieselben Untersuchungstechniken nutzt wie auf Station, allerdings mit deutlich mehr Rückmeldung, was man noch verbessern kann. Insgesamt habe ich bei den Neurochirurgen auch am meisten genäht, da die Versorgung von Kopfwunden in den neurochirurgischen Kompetenzbereich fällt.
Allgemeinchirurgie: Eine Station, die wohl nur besteht, damit der Schockraum existieren darf. Hier habe ich insgesamt eine Woche verbracht und obwohl es nur wenige Patienten und überschaubare Krankheitsbilder gibt (viele Fälle werden direkt verlegt), habe ich einiges dazulernen können: Gerade die Wundversorgung unterscheidet sich doch maßgeblich von der auf der Unfallchirurgie und nimmt mehr Zeit in Anspruch, da viele Wunden nicht sofort geschlossen werden können. Im OP-Saal ist man gerne gesehen und es wird viel erklärt. Das kollegiale Miteinander ist sehr angenehm, allerdings gibt es hier unglaublich viel Leerlauf, sodass man hier wahrscheinlich noch früher nach Hause gehen könnte als auf der Neurochirurgie. Das Schöne ist aber, dass man die Zeit auch wieder nutzen kann, um in die Notaufnahme zu gehen, in der Radiologie vorbeizuschauen oder sich ein Sonografiegerät auszuleihen und den Ultraschall zu üben (mit Einverständnis der Patienten ist letzteres eigentlich immer möglich, bloß ist es manchmal schwierig, ein Sonografiegerät aufzutreiben)
Allgemeines:
- Die Klinik stellt Unterkünfte in insgesamt drei Wohnheimen. In zweien erhält man ein Zimmer mit eigener Küche und Bad, in einem gibt es eine Gemeinschaftsküche. Nur das Wohnheim in der Marktstraße ist mit einer Waschmaschine ausgestattet – wenn man dort niemanden kennt, kann man in der Rehaklinik waschen. Waschmaschine und Trockner kosten hier jeweils einen Euro. Man sollte sich aber rechtzeitig darum kümmern, sich in der Liste im Waschraum einzutragen, die wöchentlich erneuert wird.
- Als Aufwandsentschädigung erhält man 450 Euro.
- Es steht einem ein Studientag pro Woche zu. Den kann man entweder wöchentlich nehmen oder die Studientage fürs Ende sammeln.
- Man kann im Krankenhaus als PJler kostenlos frühstücken und zu Mittag essen. Zum Frühstücken (Brötchen und Belag plus ein Getränk) kommt man in der Unfallchirurgie meistens nicht, in den anderen Abteilungen ist das aber problemlos möglich. Beim Mittagessen gibt es eine Auswahl an drei Gerichten. Selten ist das vegetarische Gericht eine Süßspeise, dann muss man ggf. die Beilagen der anderen Gerichte kombinieren.
- Das Krankenhaus liegt etwa 4 km von den Unterkünften entfernt. Die Strecke kann man gut mit dem Fahrrad bewältigen, dann am besten am See entlang. Ein Fahrrad lohnt sich auf jeden Fall auch für Ausflüge in die Umgebung, es fährt ansonsten aber auch ein Bus.
- Jeden Mittwoch kann man im Zeitraum von 16:00 – 17:00 Uhr den Kraftraum der Rehaklinik als Mitarbeiter nutzen, zudem findet von 16:00 – 19:00 Uhr Mitarbeiterschwimmen im hauseigenen Schwimmbad statt (weitere Zeiten existieren auch sonntags, die habe ich allerdings nicht im Kopf)