PJ-Tertial Chirurgie in Hospital Universitario del Caribe (3/2024 bis 6/2024)

Station(en)
Allgemeinchirurgische Notaufnahme, Ortho/Unfallchirurgie, Thoraxchirurgie, Neurochirurgie
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, Notaufnahme
Heimatuni
Jena
Kommentar
Im Wesentlichen läuft das PJ-Tertial so ab wie in den vorherigen Berichten beschrieben.
Organisation: im Voraus an die offizielle E-Mail-Adresse des internationalen Büros (oficina de relaciones internacionales) der Universität, sowie später mit Luz Mila von der Facultad de Medicina, die die entsprechenden Kontakte hat und sich liebevoll um alles kümmert. Verantwortlich für die Internos (PJs) der Chirurgie ist Prof. Dr. Carlos Osorio, ein sehr netter, sehr engagierter, junger Prof. für Allgemeinchirurgie, der extrem viel weiß und Wert auf Verlässlichkeit und Struktur legt (ein relativ deutscher Kolumbianer haha) Auch Unterschriften am Ende von der Dekanin und Prof. Dr. Osorio.
Wohnung: am einfachsten über die Liste des Internationalen Büros, absolute Wohn-Empfehlung für das Viertel Manga, Vorteile sind: sicher, nicht zu teuer, nicht gefährlich, relativ typisch für die Stadt, nicht ganz so touristisch, gute Lage zentral zwischen Zentrum/Getsemaní/Bocagrande und Weg zur Klinik. Andere Viertel in der Nähe sind sicherlich auch gut. Nähe Klinik zu wohnen würde ich nur empfehlen wenn man ähnlich viel Zeit wie die kolumbianischen PJs in der Klinik verbringen möchte und einen absolut kurzen Arbeitsweg haben möchte, ansonsten ist es dort eher nicht schön und kann schon auch mal gefährlich werden.
Transport: mit Moto am günstigsten und schnellsten, aber vielleicht auch am gefährlichsten. Mir ist nie was passiert aber in der Klinik kommen täglich Unfälle mit Moto rein, das muss man selber entscheiden. Mit Taxi sicherer, aber teurer als Moto oder Bus (südamerikanische Verhältnisse) und langsamer. Bus: mit Transcaribe ok, günstig, je nach Verkehrslage Stau und viel los, sehr sicher, wahrscheinlich noch mit am Besten, vorausgesetzt man kommt an eine Karte die man sich dafür kaufen muss. Meine Empfehlung: Vor Ort Fahrrad kaufen und wieder verkaufen, kriegt man für 50-100€ hin. Damit spart man sich die Wegkosten, ich habe die Flexibilität unglaublich genossen in der Stadt rumzufahren ohne immer auf Transporte angewiesen zu sein! Zum Beispiel auch zum Strand etc. Natürlich schwitzt man sehr bei der Hitze, aber in der Klinik kann man duschen, auch Fahrrad abstellen innerhalb des umzäunten Klinikbereichs kein Problem. Am Anfang mag man denken wie verrückt kann man sein bei dem Verkehr mit dem Fahrrad rumzufahren, das stimmt. Aber man merkt dass man doch etwas respektiert wird, wenn man „auf die kolumbianische Art“ fährt, das heißt mit Ellenbogen raus und etwas auf seine Vorfahrt pocht, sich an die Motos hält. Einziges Manko neben der Hitze ist dass wenn es regnet wird man echt ganz schön dreckig (Regenzeit so ab Mai/Juni bis August), weil das Abwassersystem der Stadt furchtbar ist, auch überschwemmte Straßen sind dann die Regel :D
Sicherheit: Über das Thema wird natürlich viel gesprochen bzw. ist irgendwie ständig präsent. Mir ist in meiner ganzen Zeit wirklich nie was passiert. Und das, obwohl man natürlich auch den teuren Laptop im Rucksack hat und damit zur Klinik fährt, nach Ausländer aussieht, etc. Man muss einfach immer vorsichtig sein, das gilt ja für ganz Südamerika, dann ist es schon ok. Manchmal vielleicht zu später Stunde lieber InDrive oder mehr fürs Taxi zahlen als dann mit dem Moto zu fahren oder sonstiges. Auf meinen Fahrradfahrten war auch immer alles gut. Man sollte in den barrios die nicht Zentrum/Getsemaní/Strandnähe/Manga sind auf jeden Fall nicht bei Dunkelheit alleine unterwegs sein. Mir ist nie was passiert aber ich hab öfter mitbekommen dass sogar Residentes also Assistenzärzte in und um der Klinik bedroht oder ausgeraubt worden sind, da sollte man also schon einfach immer aufpassen.
Sprache: Man sollte schon ein gutes Niveau an Spanisch an den Tag legen, um hier PJ zu machen. Damit meine ich mindestens B2/C1 o. ä. Ich habe auf jeden Fall unterschätzt, wie stark der Küstendialekt „Costeno“ in Kolumbien ist: Man spricht sehr schnell und lässt regelhaft die s, r oder l weg. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich vielleicht eher PJ in Medellín oder Bogotá gemacht, dort spricht man deutlich akzentfreieres Spanisch. Gerade die ersten 2-3 Wochen braucht man schon, um sich daran zu gewöhnen. Patient*innen haben dafür nicht immer Verständnis genauso wenig wie manche Profs, dass man das jetzt auch nach dem 2. Mal nachfragen noch nicht verstanden hat. Im Endeffekt war es aber natürlich trotzdem eine gute Übung, sich dieser Schwierigkeit mal auszusetzen, damit lernt man auf jeden Fall sehr gut Spanisch. Allgemein auch mit dem Schreiben der Evoluciones/Interconsultas etc.
Essen: Im Krankhaus bekommt man 1x täglich Essen, normalerweise Almuerzo wenn man Tagdienst hat. Ansonsten natürlich recht günstig im Vergleich zu Europa, gerade was almuerzos um das Krankenhaus angeht auch gut und günstig. Vegetarisch/Vegan natürlich sehr schwierig. In Manga und Getsemaní auch relativ gut und günstig, Zentrum und Bocagrande ist relativ teuer, je nach dem wo man ist. Ich kann empfehlen einen Kochkurs zu machen da lernt man auch Arroz de Coco und Patacones zu machen 😉 Ansonsten einkaufen und zuhause Essen machen ist sicherlich die günstigste Variante. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, das landes- und küstentypische Essen kennenzulernen.
Freizeit/Zeiten: Sehr unterschiedlich von Abteilung zu Abteilung bzw. abhängig von den Arbeitszeiten. In der Thoraxchirurgie hatte ich immer nur so bis 14/15 Uhr da kann man den Feierabend echt noch schön nutzen. In der Neurochirurgie sehr unterschiedlich mal kann man sich aus dem Staub machen mal ist man bis abends um 7 da wenn OPs sind. Da muss man sich einfach ein bisschen erkundigen und einen Weg für sich finden. Allgemein arbeiten die kolumbianischen PJler und auch Ärzte aber deutlich mehr, das heißt meist jeden Tag 12h, inklusive öfter auch am WE und 1x pro Woche noch Nachtdienst. Trotzdem lassen sie einen auch mal früher gehen wenn’s nix spannendes mehr gibt oder man sagt man hat schon Pläne. Empfehlungen für Feierabend: In und um seine Wohnung was essen oder trinken gehen, joggen gehen an der Bahía in Manga oder Bocagrande, in Getsemaní oder durchs Zentrum streifen, dort gibt es sehr viele schöne Cafés! Die Kulturaktivitäten der Uni auschecken (Aushang am zentralen Campus im Zentrum), ich war ein paar mal bei Tanzkursen oder beim Basketball oder Schach. An die Strände an der Punta in Castillogrande fahren oder auch nach Marbella da ist es etwas schöner als in Bocagrande. Kinos oder typisch amerikanische „Malls“ gibt es viele, das ist auch nicht schlecht. Ansonsten kann ich persönlich einen Kitesurf-Kurs empfehlen 😉 und natürlich tanzen, Salsa, feiern und weggehen bis man nicht mehr kann! Die Nachtszene in Cartagena ist unglaublich gut und war auf jeden Fall eins meiner Highlights dort.
Reisen: Insgesamt schon sehr gut. Ich habe zwischendurch und am Ende eine Woche Urlaub genommen, dadurch konnte man auch in andere Landesteile reisen, die etwas weiter weg waren. An den Wochenenden kann man natürlich gut reisen gehen, je nach dem ob oder wie lange man Freitag arbeiten muss und ob man Freitag noch weit fahren möchte, schränkt das natürlich die Möglichkeiten für einen Wochenendtrip ein… aber es lohnt sich auch, auf die Inseln vor Cartagena, oder nach Baru zu fahren, die verschiedenen Strände auszuchecken, man schafft es auch mal bis Rincon del Mar oder Santa Marta/Barranquilla. Reise immer mit Bus, Zug gibt es nicht, die sind natürlich deutlich weniger verlässlich als in Deutschland, hat aber alles trotzdem gut funktioniert. Ich war in meinen Urlauben in Medellin und der Kaffeeregion, Bogota und das Hochland Richtung Bucaramanga, und die Karibikküste. Am schlausten ist es, wenn man sich immer einen Landesteil aussucht den man sich in einer Urlaubswoche oder so anschauen möchte, viel mehr schafft man eh nicht, weil wild durch das Land reisen aufgrund der langen Strecken und Fahrten zwischendurch einfach nicht so möglich ist.
Klinik: Insgesamt funktioniert natürlich alles etwas anders und chaotischer als in Deutschland. Gut fand ich dass man alle Rotationen frei aussuchen kann, die bespricht man am Anfang mit Dr. Osorio (oder wenn man nicht Chirurgie macht mit anderen Personen). Dadurch konnte ich auch Neurochirurgie und Thoraxchirurgie sehen was man in Deutschland meistens nicht so schafft. Pflicht ist die allgemeinchirurgische Notaufnahme, dort war der aktuelle Plan als ich da war 4x 12h Schichten von 7 bis 7, und einmal pro Woche nachts, dadurch hatte man dann den Tag frei danach. Da sieht man natürlich die ganze Palette an wilden Verletzungen wie Stichen und Schussverletzungen. Meist werden dann Thoraxdrainagen eingelegt, Pneumothorax ist viel häufiger als in D, oder auch der Bauch laparotomiert wenn Blutungen bestehen. Da darf man eigentlich auch immer direkt zu den OPs im Notfall-OP. Das ist leider der einzige, d. h. da streiten sich alle Fachrichtungen drum, um dort Notfälle zu operieren.. kann man sich vorstellen wie es da zu geht. Schade fand ich dass gerade die OP-Wechselzeiten teils extrem lange waren mit sauber machen oder über die Mittagspause, das frustriert manchmal. Was das System angeht muss man sich schon etwas umstellen weil man alles auch mit dem eigenen Laptop macht, also Dokumentationen, Berichte, Anordnungen etc. und das dann immer ausdruckt und an die Pflege übergibt. Es nervt am Anfang manchmal dass dann das Internet manchmal nicht funktioniert oder man etwas nicht sofort in Auftrag geben kann, manchmal Bilder länger brauchen oder auch Konsile etc… aber man lernt dadurch mit der Situation in dem Moment so umzugehen mit den Sachen die man im Moment hat, das ist natürlich komplett anders. Im Endeffekt hat man teilweise schon mehr Verantwortung im PJ als in Deutschland, hat aber durch die Tatsache als Austausch-PJler aus dem Ausland da zu sein öfter auch mal eine Ausrede parat, wenn man etwas nicht sofort versteht oder man länger braucht. Ich fand es auf jeden fall insgesamt eine super Erfahrung die einen auch prägt. Die Teams in der Klinik auf den verschiedenen Stationen sind super nett, freundlich und hilfsbereit, das habe ich ganz anders als in Deutschland wahrgenommen, auch die Geduld der Patient*innen ist eine ganz andere.

Vorteile:
- Man kann alle Rotationen frei aussuchen
- Man lernt was in der Klinik, vor allem Kommunikation, Spanisch, aber auch viel Medizin, aber hat auch den Freizeit-, Reise- und Kennenlernwert des Landes

Mögliche Rotationen sind:
- Allgemeinchirurgische Notaufnahme
- Ortopädie/Traumatologie (Notaufnahme/Station)
- Urologie (Notaufnahme/Station)
- HNO (Notaufnahme/Station)
- Mehr oder weniger alle Subspezialisierungen der Allgemeinchirurgie, also Gastrointestinale Chirurgie, Thoraxchirurgie, Hals-Kopf-Chirurgie, Mamma-Chirurgie, MKG
- Neurochirurgie (Notaufnahme/Station)

Abteilungen, die es in der Klinik nicht vor Ort gibt (ist keine Voll-Uniklinik wie in Deutschland)
- Onkologie
- Strahlentherapie
- Nuklearmedizin
- Psychiatrie
- Gyn/Geburtshilfe
- Pädiatrie
- Interventionelle Radiologie
- Rechtsmedizin
Bewerbung
Ich habe es ca. 1 Jahr im Voraus organisiert, es geht aber auch bis 3-6 Monate.
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Bildgebung
Fallbesprechung
Repetitorien
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Untersuchungen anmelden
Punktionen
Notaufnahme
Röntgenbesprechung
Eigene Patienten betreuen
Botengänge (Nichtärztl.)
Chirurgische Wundversorgung
Mitoperieren
Gipsanlage
Patienten untersuchen
Briefe schreiben
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Nach Bedarf
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Gebühren in EUR
ca. 70-80€ für Verwaltungsgebühren und Kauf der Klinikkleidung

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
2
Unterricht
2
Betreuung
2
Freizeit
4
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
2

Durchschnitt 2