Insgesamt hatte ich als nicht besonders Chirurgie-begeisterte Person ein tolles Chirurgie Tertial in Korbach, das ich wirklich weiterempfehlen kann.
Allgemeinchirurgie: In der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie habe ich angefangen, wurde gleich am Anfang vom Chefarzt der Abteilung willkommen geheißen und dem gesamten Team vorgestellt. Der Alltag bestand v.a. aus Stationsarbeit (Visiten, Verbände, Wundkontrollen, Braunülen, Briefe schreiben) oder OP (meist 1 Saal für die Abteilung, gelegentlich jedoch auch mehrere OPs parallel). Dort hat man ein relativ breites Spektrum von kleinen allgemeinchirurgischen Eingriffen, Schilddrüsenchirurgie, laparoskopischen viszeralchirurgischen Eingriffen über offene Hemicolektomien bis zu großen gefäßchirurgischen OPs an der Aorta. Dabei konnte ich zu jeder OP, zu der ich wollte, mindestens zum Zuschauen dazukommen und wurde nie durch Stationsarbeit davon abgehalten. Mit der Zeit wurde ich auch mehr als Assistent zu den OPs eingeteilt, was mal sehr lehrreich, manchmal aber auch etwas nervig war (da gehörte dann eben auch Haken halten oder Kameraführung dazu). Dabei fühlte ich mich im OP aber überwiegend gut aufgenommen und auch von der größtenteils sehr netten OP-Pflege gut unterstützt. Zu Aufnahmen über die ZNA gingen wir häufig gemeinsam mit mehreren des Teams, aber hier musste ich mich aktiv drum kümmern, da mir nicht unbedingt bescheid gesagt wurde. Am Anfang des Tertials hätte ich mir auf jeden Fall mehr Anleitung gewünscht, musste so selbstständig in die Arbeit hineinkommen, konnte mich dann aber mit der Zeit gut als Teil des Teams fühlen. Zu den von mir geschriebenen Briefen bekam ich von einem Oberarzt sehr detailliertes und gutes Feedback, sodass ich auch dazu gut etwas lernen konnte.
Frühbesprechung 07:00 Uhr, Nachmittagsbesprechung 14:30, danach oft Feierabend für PJler
Note: Der Chef der Abteilung geht leider voraussichtlich dieses Jahr in den Ruhestand.
Unfallchirurgie und Orthopädie: Nach 8 Wochen wechselte ich die Abteilung, was definitiv nochmal eine Umstellung bedeutete. Auch in der Unfallchirurgie waren alle Ärzt:innen super nett und hilfsbereit, wobei ich mich hier weniger als Teil des Teams integrieren konnte und eher "auch da" war. Viel konnte ich hier in der ZNA lernen in der ich Untersuchung, Röntgen, Sono oder auch mal Nähen üben konnte. Ich führte hier eigenständig Untersuchungen, Röntgenanmeldungen, Wundversorgung durch und schrieb die Briefe (für ambulante Hilfeleistungen), sodass ich Patienten beinahe komplett selbstständig behandelte. In der Notaufnahme fühlte ich mich leider immer wieder und viel zu früh manchmal alleine gelassen, da der/die eigentlich zuständige Ärzt:in plötzlich weg war (auf Station oder im OP und kein Ersatz heruntergekommen war) und musste teilweise mehrfach telefonieren, bis mich jemand wieder unterstützte. Mit anderen Kolleg:innen klappte das aber wiederum richtig gut, was dann auch viel Spaß machte. Bei den OPs war ich v.a. bei Endoprothetik eingeplant und musste hier Haken oder Beine halten, konnte aber auch oft etwas dabei lernen. Auf Wunsch konnte ich aber auch in der Abteilung bei allen spannenden OPs dabei sein und durfte am Ende sogar selbst eine kleine Materialentfernung von Anfang bis Ende (oberärztlich supervidiert) durchführen. Als regionales Traumazentrum gab es auch gelegentlich eine Schockraumalarmierung (sicherlich seltener als in einem Maximalversorger), wobei ich dabei sein konnte, jedoch nur zuschauen konnte. Außerdem konnte ich auf eigenen Wunsch Dienste mitmachen, dabei gibt es immer eine:n Chirurg:in für das gesamte Haus, und dabei extrem viel lernen und gut unterstützen, weswegen ich das auch weiterempfehlen würde. Dabei war die Assistenz in den OPs auch besonders interessant und ich konnte mehr machen, als im regulären Alltag.
Frühbesprechung 08:00 Uhr, davor jedoch gegen 7:15 Stationsvisite, Nachmittagsbesprechung gegen 15 Uhr, d.h. es kommt häufig vor, dass man bis etwa 16 Uhr da ist.
Allgemeines:
Ich war die Hälfte meines Tertials der einzige PJler im gesamten Haus (obwohl es insgesamt 3 Plätze in der Chirurgie sowie viele weitere in anderen Fachabteilungen wie der Inneren, Anästhesie und Gyn gibt). Das war etwas schade, hat aber vermutlich dazu geführt, dass ich einen engeren Kontakt mit den Ärzt:innen, Pflegekräften oder auch Famulant:innen und Pflegepraktikant:innen hatte.
Essen: Als PJler gibt es kostenlos Frühstück (Brötchen mit diversem Belag oder Müsli) und Mittagessen in der Cafeteria. Das Essen fand ich insgesamt sehr lecker, man bekommt gute Portionen und wenn man richtig Hunger hat, kann man das auch sagen und bekommt dann sogar größere Portionen, damit man inklusive Salat und Dessert auch wirklich nie hungrig bleiben kann. Etwas schade fand ich, dass von 3 Gerichten die täglich zur Auswahl stehen nur ein vegetarisches dabei ist, welches einmal in der Woche eine Süßspeise ist. Hierzu wurde aber bereits gesagt, dass es Bestrebungen gibt das zu ändern und auch die alternativ zur Verfügung stehende Salatbar aufzuwerten. Da auch viele Ärzt:innen die Cafeteria mittags nutzen, war ich häufig gemeinsam mit den Kolleg:innen essen.
Ich hatte ein eigenes PJler Telefon direkt am ersten Tag bekommen, sodass ich wie auch alle Ärzt:innen erreichbar war und die anderen problemlos erreichen konnte. Weiterhin gab es einen Transponder für die Türen z.B. in die OP-Umkleide und einen Chip für Ein- und Ausfahrt auf dem Parkplatz und Cafeteria direkt zur Begrüßung.
PC-Zugänge zu den beiden verwendeten Programmen bekam ich auch innerhalb der ersten 2 Wochen durch die IT und konnte damit normal mitarbeiten.
Es gab im Haus einen Blutentnahmedienst, sodass man als PJler nur bei nachgemeldeten Blutentnahmen unterstützen musste oder wenn dieser krankheitsbedingt ausgefallen ist. Dann wurde aber wie auch bei den zu legenden Braunülen unter den ärztlichen Kolleg:innen und mir aufgeteilt.
PJ-Unterricht gab es leider keinen regelmäßigen (ich war aber wie gesagt auch alleine, sodass es sich kaum gelohnt hätte), nur in der Unfallchirurgie gab es eine Oberärztin, die sehr bemüht war wenigstens ab und zu eine kleine Fortbildung anzubieten, was dann auch echt viel gebracht hat. Hier muss man auch am besten aktiv nachfragen, ein Nahtkurs wäre z.B. auch möglich gewesen. Nach Studientagen habe ich nicht gefragt, hatte sowieso eine relativ große Freiheit bei meiner Zeiteinteilung.
Es gibt wohl die Möglichkeit über den Chef der Anästhesie Mitfahrten auf dem NEF zu organisieren, was ich aber leider nicht gemacht habe.
Unterkunft: Es gibt zwie PJler/Assistenten Wohnungen in Korbach direkt in der Nähe des Bahnhofes von der man ca. 6 Minuten mit dem Rad zum Krankenhaus braucht. Dabei war ich in den ersten 4 Wochen in einer sehr großen für 3 Personen gedachten (schlicht aber angenehm ausgestatteten) WG komplett alleine. Ohne Ankündigung hatte ich dann aber plötzlich eine Mitbewohnerin von einem Tag auf den nächsten, was aber auch gut funktionierte. Im Verlauf mussten wir dann auch relativ kurzfristig über ein Wochenende in die andere Wohnung im gleichen Haus umziehen, die im Vergleich kleiner ist (mit 4 Zimmern, dafür ohne Wohnzimmer und mit etwas kleinerer Küche), was in dem Moment natürlich etwas frustrierend war. Dennoch ist auch diese Wohnung sehr schön und adäquat ausgestattet, nur die Dusche unter einer Schräge war für mich als nicht gerade kleine Person etwas ungünstig. Eine Waschmöglichkeit besteht in der Unterkunft übrigens auch (im Keller). Suboptimal fand ich, dass ich die Wohnung erst am ersten PJ-Tag beziehen konnte (musste dafür auch erst um 10 Uhr da sein) und am letzten direkt wieder abgeben musste.
Freizeit: Als Stadt hat Korbach nicht so riesig viel zu bieten, ist aber auch nicht hässlich und hat z.B. an Einkaufsmöglichkeiten alles wichtige in fußläufiger Entfernung zur Wohnung. Im Sommer ist an einem Wochenende mit den Altstadtkulturfest mal richtig Party in der Stadt, ansonsten eher nicht. Mit dem Edersee, Twistesee und Diemelsee hat man aber im Sommer tolle Freizeitziele in der Umgebung und kann gut eine kleine Radtour dahin unternehmen. Nach Kassel oder Marburg kommt man mit der Bahn, braucht aber ca. 1,5 Stunden für eine Fahrt.
Ihr solltet direkt nach Ende der Frist zum Wechseln im PJ-Portal eine Mail bekommen in der auch der Bedarf einer Unterkunft abgefragt wird. Bei mir hatte dies allerdings nicht geklappt und erst auf meinen Anruf einige Wochen vor Beginn des Tertials konnte mir dann die Unterkunft noch organisiert werden und ich erhielt die wichtigsten Infos. Achtet hier also darauf und meldet euch rechtzeitig, falls ihr keine Mail bekommt!