PJ-Tertial Chirurgie in Klinikum Fulda (9/2024 bis 12/2024)
Station(en)
Gefäßchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Allgemein- und Viszeralchirurgie. Freiwillige Rotation in die Handchirurgie und Herzchirurgie.
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Muenster
Kommentar
Hallo :)
Im Folgenden werde ich versuchen, einen kleinen Einblick in mein Chirurgie-Tertial in Fulda zu geben. Da meine Erfahrungen je nach Rotation sehr unterschiedlich waren, werde ich zu allen Abteilungen getrennt was schreiben und danach noch ein bisschen was zum "drumherum" erzählen (Wohnung, Fulda als Stadt, etc.). An Rotationen sind 2 Wochen Gefäßchirurgie und je 7 Wochen Ortho/Unfall bzw. Allgemeinchirurgie vorgesehen. Ich konnte mir noch eine Woche Fremdrotation raushandeln, das ist aber nicht standardmäßig vorgesehen.
Disclaimer: das sind natürlich alles nur persönliche Eindrücke und jedes Tertial läuft anders. Also bitte erwarte nicht, dass es bei dir 1:1 genauso wird. Mein Bericht soll nur einen Eindruck geben, damit du eine grobe Vorstellung hast, wie es vielleicht sein könnte.
Gefäßchirurgie (2 Wochen)
- Arbeitsbeginn 7:15 Uhr mit Visite auf Station, dann Röntgenbesprechung (v.a. DSA-Bilder), dann OP, Sprechstunde oder Station. Ende war bei mir meist so gegen 16/16:30 Uhr.
- OP: viele Shuntanlagen, TEAs, teils komplexere Gefäß-OPs, manchmal Amputationen. Nettes OP-Team (OP-Pflege, etc.). Inwieweit man selbst etwas machen darf war bei mir sehr abhängig von OP und Operateur. Teils nähen und knoten, teils eher nur Haken halten. Erklärt wurde auf Nachfrage relativ viel.
- Sprechstunden: meist täglich. es wird viel erklärt, man steht allerdings häufig eher daneben. Je nachdem, wer die Sprechstunde macht, darf man aber auch selbst mal schallen oder Verbandswechsel machen.
- Station: sehr stark abhängig von den Assistent:innen. Ich war eher wenig dort, weil ich die meiste Zeit wenig eingebunden wurde. Sonst v.a. Visitendoku, Verbandswechsel, Briefe schreiben.
Orthopädie/Unfallchirurgie (6 Wochen)
- Dienstbeginn mit Frühbesprechung um 7:20. Danach Röntgendemo (viele Bilder, recht schnell demonstriert, ohne große Erklärungen). Danach i.d.R. OP oder ZNA, seltener Station oder Sprechstunden.
- OP: i.d.R. zwei Säle + ambulanter OP, die OP-Teams sind überall nett. Eingeteilt wird man v.a. für Hüft- und Knie-TEPs. Im Schnitt so 2-3/d würde ich schätzen, je mehr PJler:innen da sind, desto entspannter, alleine ist man damit schon gut beschäftigt. Ansonsten kann man sich prinzipiell jede OP mit anschauen, ob/wie viel erklärt wird und ob man mit an den Tisch darf ist ein bisschen Glückssache. Wenn man das vorher abspricht (falls man einen passenden Moment findet), sollte das aber ganz gut klappen. Bei den TEPs ist man als 2. Assistenz nur zum Hakenhalten da, wenn man (seltener) als 1. Assistenz bei irgendwelchen kleineren OPs dabei ist, darf man meistens ein bisschen mehr machen. Genäht habe ich glaube ich nie (Haut wird meist geklammert und die anderen Nähte machen die Oberärzt:innen meist selbst), Knoten durfte ich selten, meist auch nur wenn ich aktiv danach gefragt habe. Für die eigenen chirurgischen Skills also eher weniger lehrreich, aber wenn man genug Leute hat, dass man neben Hüft- und Knie-TEPs auch noch was anderes sieht, wahrscheinlich trotzdem ganz cool.
- ZNA: da konnte man kommen und gehen wann man wollte, war eigentlich immer ganz cool, wenn zwischen den OPs etwas Zeit war. Fest eingeteilt (z.B. 2 Wochen nur ZNA) wird man nicht. I.d.R. darf man Pat. voruntersuchen und Anamnesen erheben. Den Rest haben bei mir meist die Assistent:innen gemacht (cool, weil man direkt den nächsten Fall sieht, ungünstig, weil man nicht immer mitbekommt, wie es weitergeht). Inwiefern die Fälle nachbesprochen wurden, war sehr abhängig von den Assistent:innen. Wenn es etwas zu nähen gab und man gerade dort war, durfte man fast immer nähen.
- Sprechstunden: z.B. BG-Sprechstunde, Schulter-, TEP-, Fußsprechstunde. Mitkommen durfte man eigentlich immer (wenn auch nicht unbedingt vorgesehen), erklärt wurde unterschiedlich viel, abhängig davon, wer die Sprechstunde gemacht hat. Aus meiner Sicht ganz spannend, das mal 1-2 Tage gesehen zu haben, dann ist ZNA und OP vermutlich lehrreicher.
- Station: hier war ich eher wenig, da die Visiten häufig während der ersten OP waren (und ich da meist mit eingeteilt war). Ansonsten auch ganz spannend, wenn man sich an die richtigen Leute hängt. Teils wird man für Blutentnahmen/Zugänge angerufen (auch wenn man nicht primär auf Station ist).
- Fazit: man kann recht frei entscheiden, was man sehen möchte (falls neben OP-Assistenzen und Blutentnahmen Zeit dafür bleibt) und fast überall mit dazukommen. Für sinnvolle Lehre muss man allerdings i.d.R. ein hohes Maß an Eigeninitiative zeigen.
Allgemein- und Viszeralchirurgie (6 Wochen, davon vier Wochen IPSTA, von der ich unten gesondert berichte)
- Dienstbeginn 7:00-7:15 mit Visite auf Station, Frühbesprechung um 7:45 Uhr, danach OP, ggf. Station oder Sprechstunden (v.a. Adipositas, Proktologie und allgemeine Srpechstunde).
- OP: man wird selten eingeteilt (eigentlich nur SD-OPs und selten größere offene Bauch-OPs), darf aber überall mit dazu und dann meist auch mit an den Tisch. Dort wird i.d.R. erklärt und man kann entspannt Fragen stellen. Selbst gemacht habe ich auch hier nicht so viel (auf Nachfrage mal Knoten und ein paar Stiche Nähen), aber ich habe trotzdem einiges gesehen und gelernt.
- Station: Visite (meistens echt ganz gut), Blutentnahmen, danach Stationskram. Nach der IPSTA war für mich persönlich der Rest (OP, Sprechstunden) spannender, sodass ich nach der Visite meist woanders war.
- Sprechstunden: habe ich nur eine mitgemacht, aber die war echt gut und es wurde viel erklärt.
IPSTA
- interprofessionelle Ausbildungsstation, d.h. man arbeitet quasi als Assistenzärzt:in (unter ärztlicher Supervision) und betreut zusammen mit Pflegeschüler:innen zwei Zimmer (bis zu 5 Pat.). Wir waren zu zweit, da konnte man sich das gut aufteilen. Bei mehr als 2 PJler:innen gibt es meist Früh- und Spätdienst.
- Dienstbeginn um 7 Uhr mit Übergabe durch die Pflege, danach Visite, die man von Anfang an selbst führt. In der anschließenden Frühbesprechung stellt man jeden Tag seine Pat. vor. Danach macht man das, was an Stationskram/To Dos gerade ansteht (Visitendoku, Blutentnahmen, Verbandswechsel, ggf. Konsile anfordern, ggf. Untersuchungen anfordern, (Labor)befunde sichten, Medikamente prüfen, Briefe schreiben, ggf, Aufklärungen (unter Aufsicht), ggf. (Angehörigen-)Gespräche führen, usw.). Um 13 Uhr ist Übergabe an den Spätdienst und dann eine erneute Visite (theoretisch durch den Spätdienst, falls es einen gibt). Bei der morgendlichen Visite und der Mittagübergabe sollte immer ein:e Ärzt:in dabei sein zur Supervision und um das weitere Prozedere zu besprechen. Dienstende ist theoretisch um 15:12, praktisch waren wir häufig eher so bis 16/16:30 Uhr da.
- persönliches Fazit: ich habe in der IPSTA-Zeit auf jeden Fall wahnsinnig viel gelernt. Einerseits inhaltlich-medizinisch (Verbandswechsel, Umgang mit Drainagen, Medikamente dosieren, etc.), andererseits aber auch eher organisatorisch (was gehört alles zum Stationsalltag, was steht heute an, wie organisiere ich mich so, dass ich alle Aufgaben gut schaffe). Ich habe gelernt, selbstständig Entscheidungen zu treffen (darf der:die Pat. essen, welches Schmerzmittel sollen wir geben, etc.). Diese wurden natürlich an den nötigen Stellen mit den Ärzt:innen besprochen/rückgesprochen, aber erstmal war man selbst erste Ansprechperson und musste überlegen, was man machen würde. Ich habe gelernt, Visiten zu führen, selbstständiger zu arbeiten, fachlich sinnvoll zu diskutieren und mir aus verschiedenen Meinungen eine sinnvolle Vorgehensweise zusammenzubasteln. Die Supervision hat bei uns trotz großem Engagement der betreuenden Ärzt:innen leider nicht immer optimal geklappt. Aber auch das bereitet leider in gewisser Weise gut auf den späteren Berufsalltag vor. Meine Zeit auf der IPSTA war zwischenzeitlich echt anstrengend und bei weitem nicht immer perfekt, aber ich habe in diesen vier Wochen so viel an "soft skills" für den späteren Berufsalltag gelernt, dass ich sie keinesfalls hätte missen wollen.
Handchirurgie (3 Tage Hospitation, freiwillig)
- kleines, nettes Team. Ich war viel im OP und durfte dort, falls ich mit am Tisch war, auch nähen/knoten, etc. Im OP wurde echt viel erklärt. Manchmal war ich mit auf Visite oder bei Sprechstunden dabei. Bei beidem wurde viel erklärt, sodass ich daraus einiges mitnehmen konnte. Bei den Sprechstunden durfte ich teils schonmal vorgehen und mit Anamnese und Untersuchung anfangen. Etwas überfordernd bei meinem bis dato nicht gerade ausgeprägten Wissen über Handchirurgie, aber auch cool und dank ausführlicher Nachbesprechung sehr lehrreich.
Herzchirurgie (2 Tage Hospitation, freiwillig)
- auch eher kleines Team, los geht es mit Visite, dann Frühbesprechung, dann OP. Die OPs sind lang, aber spannend. Viele Bypass- und Herzklappen-OPs, sonst z.B. ein paar Schrittmacheranlagen. Ich durfte beide Tage mit an den Tisch und mit nähen und knoten. Auf Nachfrage wurde auch viel erklärt, insgesamt aus meiner Sicht auch eine lohnende Rotation für ein paar Tage.
PJ-Unterricht
- 2-4x/Woche, i.d.R. 15-16 Uhr. Montags immer Innere, mittwochs Chirurgie (jeweils wechselnde Fachrichtungen), sonst alle zwei Wochen EKG-Kurs und immer mal wieder PJ- Unterricht der Radiologie, Augenheilkunde oder Apotheke.
- findet regelmäßig statt und wenn ich da war, war der Unterricht meist gut. Ich konnte geschätzt etwa 2/3 der Termine wahrnehmen, den Rest stand ich häufig noch im OP, etc.
Unterkunft
- Zimmer im Personalwohnheim für sehr geringe Miete (bei mir 15€/Monat), i.d.R. kleines Bad mit Waschbecken und Toilette auf dem Zimmer, Dusche auf dem Flur. Einrichtung schon etwas in die Jahre gekommen, aber absolut okay. Küche ist auf dem Flur und mit ca. 10 Leuten geteilt. Bei uns auf dem Flur war keine Küchenausstattung vorhanden. WLAN gab es nicht. Bei mir haben alle PJler:innen im gleichen Personalwohnheim gewohnt, das war ganz cool. Ansonsten war die Atmosphäre dort nicht unbedingt einladend, aber man konnte es gut aushalten.
Mittagessen
- Mittagessen gibt es für PJler:innen kostenfrei. In der Chirurgie bin ich leider nicht immer zum Essen gekommen, meistens (schätzungsweise 90%) hat es aber geklappt.
Fulda und Freizeitmöglichkeiten
- Fulda als Stadt hat mir echt gut gefallen. Man kann sich auf jeden Fall beschäftigen. Bei gutem Wetter sind natürlich Ausflüge in die Rhön oder das Nutzen der verschiedenen Fernradwege grandios. Und für Wochenendtrips liegt Fulda auch gut, zentral gelegen und mit ICE-Anbindung.
Fazit: insgesamt fallen mir durchaus einige Dinge ein, die verbessert werden könnten und die mein Tertial noch bedeutend besser gemacht hätten. Trotzdem habe ich in den vier Monaten einiges gelernt. Wer unbedingt super viel selbst machen möchte im OP (nähen, knoten, etc.), ist vielleicht in einem anderen Haus besser aufgehoben (oder muss seeeehr viel Eigeninitiative zeigen und Glück haben). Ohne Eigeninitiative kommt man aber auch sonst nicht weit, denn aktiv mitgenommen und eingebunden wird man (oder wurde ich zumindest) eher wenig. Dafür darf man viel selbst entscheiden, was man sehen möchte. Alles in allem war es für mich bei weitem kein perfektes, aber durchaus okayes Chirurgie-Tertial, das mir durch die IPSTA noch einmal besonders herausragende Lerneffekte ermöglicht hat.
Bewerbung
Bewerbung über das PJ-Portal. Frau Kaspar (PJ-Organisation in Fulda) meldet sich dann kurz vor Tertialbeginn mit allen wichtigen Infos.