Das Krankenhaus:
Das Hôpital der Morges ist ein peripheres Klinikum, ca. 10km von Lausanne entfernt (Bahn ca. 12 Min.). Es liegt in erhöhter Hanglage von Weinbergen umgeben mit wunderbarem Blick auf die französiche Seite des Genfer Sees und deren Bergausläufer.
Offenbar wird die Klinik besonders häufig durch dt. Pjer frequentiert. Während meiner Zeit waren zwischendurch 4 Deutsche vor Ort (Chirurgie).
Auch durch die hohe Zahl an Ausländern im Allgemeinen, ist man den Umgang mit nicht-Muttersprachlern an der Klinik gewohnt.
Einsatzbereich:
Während der ersten beiden Monate war mein Einsatzgebiet die NA. Dort galt es Patienten aufzunehmen und Untersuchungen einzuleiten (meist Rx bei verstauchten Knöcheln/Handgelenken). Erschreckt hat mich die niedrige Schwelle, Rx anzufertigen. Dies gilt im Allgemeinen als auch bei Kindern im Speziellen. Teilweise wurden Rx angefertigt, bevor die Patienten überhaupt gesehen worden waren.
Lehrreich war hier für mich die Wunderversorgung. Fast jeden Tag ergab sich die Möglichkeit Wunden zu nähen.
Supervision erfolgte jederzeit mit dem Assistenzarzt. Aufgrund fehlender Zeit kamen umfangreichere Erklärungen meistens zu kurz.
Morgens und Nachmittags gab es täglich ein Kolloquium, in dem die (Not-)Aufnahmen des Tages zusammen mit den Radiologien durchgegangen wurden.
Parallel wurde man als Hakenhalter/Kameramann/Wundnäher in den OP gerufen, wenn gerade kein Assistent disponibel war. Dies war gerade zu Anfang interessant. Hierbei wurde man überwiegend von den Orthopäden beansprucht, als Installation von Hüft-/Knieprothesen. Fragen konnte man hier immer loswerden und wurden gerne beantwortet. Der eigenen Geschicklichkeit/der eigenen Motivation entsprechend wurde man hier auch die per operativen Abläufe eingebunden: Blasenkatheter legen, Patienten lagern, Desinfektion des Eingriffsgebietes.
2 Wochen verbrachte ich auf der Station, auf welche ich gerne verzichtet hätte. In dieser Zeit ist man überwiegend im OP. Auf Wunsch kann man eigenen Patienten betreuen. Dabei beschränkt sich die Tätigkeit auf Medikamente verschreiben und Patientenuntersuchung. Blutabnahmen und Verbandswechsel werden durch die Pflege durchgeführt.
2 weitere Wochen verbrachte ich in der CPA (Consultation prä-anesthesie). Hier wurden Patienten vor Elektiveingriffen nochmals untersucht.
Dies geschah von Seiten der Anästhesie (Anamnese und Untersuchung) als auch der Chirurgie (Anamnese und Untersuchung). Der Sinn dieser Redundanz hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Positiv in dieser Zeit war, dass man eigenständig die Konsultation übertragen bekam. Bei Fragen konnte man sich jederzeit an den verantwortlichen Assistenten wenden.
Die verbliebenen 2 Wochen war ich in der Poliklinik eingeteilt. Hier erfolgten die Untersuchungen in Sekundentakt. Pat. mit Knieprothesen/Brandwunden/Frakturen wurden nachbeobachtet, was ich die ersten beiden Tage spannend fand. Als PJ ist man hier mehr Zuschauer, der Lerneffekt gering. Aus diesem Grunde verbrachte ich diese Zeit überwiegend in der Notaufnahme, wo Hilfe immer gern gesehen ist.
Freizeit:
Abhängig vom Ausbildungsverantwortlichen hat man 2-3 freie Tage /Monat. Diese werden eher großzügig gehandhabt. Auf Nachfrage kann man auch mal früher gehen.
Es wird jedoch verlangt, dass auch an den Wochenenden Stagaires die NA unterstützen. Die Frequenz dieser Wochenenden hängt von der Anzahl der jeweils vorhandenen Stagiares ab. Mit diesen muss man sich dann abwechseln.
Kollegen:
Als Stagiare wurde man freundlich aufgenommen. Grundsätzlich sind alle (Ärzte/Pflege) sehr hilfsbereit und auch interessiert. Gerade am Anfang hatte ich noch (bzw. alle anderen) mit meinen Sprachkenntnissen zu kämpfen. Hierbei waren die meisten sehr geduldig und hatten auch Verständnis, wenn man nochmal nachfragte.
Freitags gab es nach Dienst in der Chirurgie einen Apero mit allen Kollegen. Bei Wein und Käse konnte man sich über Patienten oder Ausflugstips für das anstehende Wochenende austauschen. Hier kamen meist noch Mitarbeiter anderer Abteilungen hinzu. Auf diese Weise erlangte man schnell ein vertrautes Verhältnis mit der Belegschaft.
Ausgehen:
Leider wohnt ein Großteil der Ärzte nicht vor Ort. Viele Pendeln von Genf/Lausanne, so dass es am KH am Wochenende immer sehr ruhig ist. Die meisten haben ihr soziales Netzwerk in weiter Entfernung, die Bereitschaft mal eben abends auszugehen ist gering.
Geld:
Das Gehalt von 750,- ist ausreichend. Ca. 250,- werden direkt abgezogen, sollte man im Wohnheim der Klinik wohnen.
Es gibt einen Aldi am Ort, der günstiges Leben ermöglicht.
Wohnen:
Wie beschrieben, kann man direkt an der Klinik wohnen. Hierzu bewirbt man sich an der Ecole de Soins et Santé, die hierfür zuständig ist. Am besten ruft man direkt an. Mir wurde vor Beginn meines Tertials gesagt, dass alle Zimmer belegt seien. Als ich nach Beginn nochmals nachhakte, waren plötzlich Zimmer vorhanden. Mit 250,- sind die Zimmer sehr günstig! Man wohnt auf einer Etwas mit anderen Ärzten/Schwesternschülern/PJern. Es gibt eine gut ausgestattete Gemeinschaftsküche und einen kleinen -Balkon mit wunderbarem Blick auf den MontBlanc. Weisse Zettel mit Hinweisen/Verboten lassen einen jederzeit wissen, dass man sich in der Schweiz befindet.
Fazit:
Der Lernerfolg war zu Anfang am höchsten, korrelierend mit der Freude an der Arbeit. Die Arbeit mit den Patienten hat mir am meisten Freude bereitet. Man lernt im Gespräch viel über Land und Leute. Die meisten Patienten sind sehr aufgeschlossen und höflich. Man lernt die wichtigsten Krankheitsbilder der Chirurgie sowie die Wundversorgung.
Von Seiten der Klinik gibt es, abgesehen von 1/Woche stattfindenden Vorträgen, leider keinerlei Angebote was auf Interesse an der Lehre zurückschliessen liesse. Aufgrund dessen würde ich meine Zeit dort mit 2-3 benoten.
Bewerbung
Man bewirbt sich über die Uni Lausanne mit einer Vorlaufzeit von etwa einem Jahr. Ein Mit-PJer hatte sich erst 1/2 Jahr vorher beworben. Kurzfristig scheinen die Aussichten also auch nicht schlecht zu sein.
Es werden Sprachkenntnisse des Niveaus B2 verlangt. Ein entsprechendes Zertifikat bekam ich über das Spracheninstitut meiner Heimatuni.
Die Einschreibung über die Uni Lausanne ist mit 285 Chf sehr teuer. Angeblich kann man selbiges über die Uni Genf deutlich günstiger bewerkstelligen.