Es ist schwer zu sagen, ob ich euch ein Chirurgie-Tertial in Guadalajara empfehlen würde. Ich würde sagen, dass ich einiges lernen konnte, auf sehr nette Ärzt*innen und Mit-PJler*innen gestoßen bin und eine gute Zeit in einer wirklich tollen Stadt hatte. Was ich mir von einem Tertial in der Chirurgie erhoffte habe, habe ich aber nicht gelernt. Ich bin froh über die Erfahrungen die ich machen konnte und ärgere mich über die verpasste Chance wirklich einen Einblick in die Allgemeinchirurgie zu bekommen.
Die Organisation des Tertials in Guadalajara war für mich recht unkompliziert. Ich habe mich per Mail bei der zuständigen Person (Juan-José Maldonado) am Hospital Civil Fray Antonio Alcalde beworben. Das Büro für internationale Angelegenheiten an meiner Heimatuni musste dann noch ein Dokument unterzeichnen, was sie sehr feundlich gemacht haben.
Juan-José Maldonado ist sehr nett und ausgesprochen hilfsbereit. Er hat uns zu Beginn alles gezeigt und war immer erreichbar. Er hat es möglich gemacht auf verschiedene Stationen zu rotieren.
Das Hospital Civil ist ein sehr großes Krankenhaus (1000 Betten?) auf sehr kleinem Raum. Das Gebäude besteht aus sehr alten und neueren Teilen und ist insbesondere zu Beginn sehr verwirrend organisiert. Das Krankenhaus ist ein Universitätsklinikum und es sind immer sehr viele Studierende anwesend. Zusätzlich zu den sehr vielen mexikanischen Famulierenden und PJler*innen gibt es jede Menge Medizinstudierende aus der ganzen Welt, insbesondere aus Europa die für ein Praktikum oder zum PJ kommen.
Die mexikanischen PJler arbeiten im Schichtdienst und verbringen sehr viel Zeit im Krankenhaus. Je nach Einsatzgebiet übernehmen sie sehr viel Verantwortung und arbeiten selbstständig oder sitzen schweigend in Sprechstunden und hören zu. Ich war darauf vorbereitet als ausländische PJlerin ohne Kenntnisse des lokalen Gesundheitssystems und mit mittelmäßigen Sprachkenntnissen weniger als hilfreiche Arbeitskraft denn als zusätzliche Bürde betrachtet zu werden. Außerdem musste ich mir eingestehen, dass ich zum Teil nicht bereit war, mehrere 32-Stunden-Dienste pro Woche zu machen. Dementsprechend war ich nicht überrascht, dass ich kaum mit an den OP-Tisch durfte und kaum selbstständig arbeiten konnte. Überrascht hat mich eher, wie freundlich die mexikanischen Student*innen mich las Teil des Teams aufgenommen, mir alles erklärt und mich immer wieder ermutigt haben Dinge zu tun. Auch die Assistenzärzt*innen waren zum großen Teil wirklich nett und haben mit großer Motivation Lehre gemacht. Es gab auf den Stationen regelmäßigen Unterricht. Ich hatte die Möglichkeit auch einige Zeit in der Rettungsstelle und auf der Geburtshilfe zu verbringen, wo ich tatsächlich sehr viel gelernt habe. Besonders schön und lehrreich wurde es, als ich mich überwunden habe einen Monat lang die Arbeitszeiten der mexikanischen PJler*innen mitzumachen. So konnte ich mich mehr als Teil eines Teams fühlen und wurde dann auch von Seiten der Ärzt*innen als vollwertige Studentin betrachtet. Im geburtshilflichen OP gibt es keine OTAs, sondern Studierende instrumentieren. Das war eine tolle Möglichkeit viel zu lernen und gelegentlich zu nähen. Es bleibt schwer abzuwägen, ob es eine gute Idee ist zum PJ ans Hospital Civil zu gehen.
Die Wohnungssuche in Guadalajara war recht einfach. Ich hatte zunächst auf Empfehlung von Juan-José Maldonado ein Zimmer in der Nähe des Krankenhauses gefunden. Leider hatte das Zimmer kein Fenster und ich bin sehr schnell umgezogen, was aber sehr einfach möglich war.
Guadalajara ist eine große Stadt mit vielen Kulturveranstaltungen und hippen Cafés. Im Umland kann man sehr schön sportklettern. Ich habe gerne dort gewohnt. Gleichzeitig ist die schlechte Sicherheitslage im Alltag deutlich zu spüren und auch einschränkend.