PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Korle Bu Teaching Hospital (1/2022 bis 3/2022)

Station(en)
diverse
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP, Station, Diagnostik
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Mein drittes Tertial habe ich im Fach Chirurgie vollständig im Korle Bu Teaching Hospital in Accra (Ghana) verbracht. Die Idee war, ein zu mitteleuropäischen Standards gänzlich verschiedenes Gesundheitssystem kennenzulernen, ebenso aber auch die Zeit zu nutzen, um ein fremdes Land zu erkunden, das man weniger mit einem durchschnittlichen Urlaub verbinden würde. Außerdem war es mir wichtig, dass ich mit Englisch gut durchkomme. Daher fiel meine Wahl neben anderen Zielen auf Ghana, das insgesamt als sicheres Reiseland einzustufen ist. Den Ausschlag für meine endgültige Entscheidung gab dann die gute Organisation über Elective Ghana, die dieses Tertial überhaupt erst ermöglich hat, während - auch wegen Covid-19 - die Kommunikation mit anderen Krankenhäusern in Afrika quasi ausschließlich im Sand verlief. Bezüglich des konkreten Ablaufs der Vorbereitungen verweise ich auf die vielen anderen Berichte, die es über Elective Ghana bereits gibt; hier nur das Wichtigste in Kürze:

- Sefa von Elective Ghana hilft einem bei allen Formalitäten im Vorfeld und beantwortet, manchmal mit kleiner Verzögerung, jede Frage; mit ihm erfolgt auch die initiale Kontaktaufnahme
- alles bezüglich des Krankenhauses klärt Sefa
- Elective Ghana bietet eine wunderbare Gruppenunterkunft mit Einzel- und Doppelzimmern für aktuell 7 Leute an (teils mit Air Conditioning, zu fast jedem Zeitpunkt mit fließendem Wasser und Strom), die zu Beginn von 2022 mit Deutschen, Schweizern und Dänen besetzt war
- Visum über die Botschaft in Berlin circa 2-3 Monate im Voraus (Online-Formular, Einladungsschreiben, Gelbfieberimpfung, Nachweis über Finanzen, Zahlungsnachweis für Visum, gültigen Reisepass, Kontaktdaten von Person in Ghana, i.e. Sefa, nach Berlin schicken mit frankiertem Rücksendeumschlag oder persönlich in die Botschaft gehen)
- tropenmedizinische Beratung zum Thema Impfungen und Malaria-Prophylaxe rechtzeitig im Voraus
- Sefa hat eine Packliste, die gute Tipps enthält, was man in Ghana braucht
- Sefa und Kofi (auch von Elective Ghana) holen dich vom Flughafen ab, zeigen dir die Stadt, besorgen eine SIM-Karte, führen dich ins ghanaische Leben (und Nachtleben) ein und helfen dir beim Start im Krankenhaus; zu ihnen hast du während des gesamten Aufenthalts sehr regelmäßigen Kontakt

In Ghana angekommen wird man ohne Vorerfahrungen schnell feststellen, dass es in Accra immer warm und schwül, weshalb man außerhalb klimatisierter Räume konstant schwitzt, immer laut, weil überall Musik läuft und der Verkehr brummt, und immer hektisch und trubelig ist, weil die Autos wild fahren, die Straßen staubig sind und an jeder Ecke bunte Stände verschiedenste Dinge verkaufen. Fortbewegungsmittel der Wahl sind Trotro (1 bis 2 Cedis pro Kurzstrecke, was 15 bis 30 Cent entspricht), Taxi (hier muss man verhandeln können, Kofi ist Spezialist) oder Uber/Bolt/Yango (erstaunlich erschwinglich, auch für längere Fahrten über Land). Den Straßenrand zieren tiefe Gräben, in denen meistens stinkender Müll und Abwasser schwimmen. Leitungswasser ist ein kostbares Gut, mit dem man sparsam umgehen muss, das man jedoch auch nicht ungekocht trinken sollte (daher kauft man massig Wasser in Plastikflaschen, was in vielerlei Hinsicht nicht optimal ist, oder man legt sich Kanister mit einer Pumpe zu). Auch mit auswärts gekauften Speisen sollte man besonders in Hinblick auf Schärfe und Qualität der (vor allem Fleisch-)Produkte vorsichtig sein, man gewöhnt sich jedoch schnell. Eine westliche Ernährung ist in Accra möglich, verlangt jedoch längere Fahrten zu den großen Malls und ist teurer als der ghanaische Standard. Insgesamt ist das Leben in Accra vor allem zu Beginn für den Ungeübten ein großes Abenteuer mit vielen Umstellungen und Fremdheiten, doch man gewöhnt sich schnell an vieles und lernt einiges sogar regelrecht zu schätzen und lieben. Es ist in Ghana und im Rahmen der gesamten Organisation des Tertials unglaublich leicht, Menschen kennenzulernen, mit denen man viele interessante Begegnungen hat und über die man mannigfaltige Erfahrungen macht.

Im Korle Bu Teaching Hospital, einem der größten Akutkrankenhäuser Afrikas, wird man in der Chirurgie entweder den Medizinstudenten oder den Residents (entspricht etwa deutschen Assistenzärzten) zugeteilt. Während die Medizinstudenten vor allem Anamnese und körperliche Untersuchung am Patienten üben und Vorlesungen haben (zu Beginn von 2022 noch online), lernt man bei den Residents den klinischen Alltag kennen. Zu Beginn des Tertials durften wir angeben, wo wir unsere Rotation für welchen Zeitraum beginnen wollen. Dabei hatten wir alle Freiheiten (auch Pediatrics, Gynaecology oder Neurology waren innerhalb der Chirurgie-Rotation möglich). Die meisten begannen mit General Surgery bei den Residents, was in meinem Fall eine Station mit Spezialisation auf Krankheitsbilder des unteren GI-Traktes (Karzinome, Hämorrhoiden, Stichverletzungen, Ulzera etc.) bedeutete.

Der erste Tag zeigte bereits, dass die Notaufnahme im Freien vor dem Eingang des großen Chirurgie-Gebäudes aufgestellte Stühle waren und hier einiges anders laufen würde als in Deutschland. Der Stationsalltag bestand aus morgendlichen Visitenrunden, bei denen die Residents von den Consultants (am ehesten vergleichbar mit deutschen Oberärzten) oder auch vom Head (Chefarzt) ausführlich geprüft wurden - manchmal bezogen auf einzelne Patienten, oft jedoch auf Grundlagen in Physiologie und Anatomie. Erschreckend war dabei, wie wenig die Residents wussten. Leider wurden wir als Studenten in diese Fragerunden meistens nicht mit eingebunden, auch wenn wir viel hätten beitragen können. Auch auf die Patienten wurde erstaunlich wenig eingegangen. Nach den oftmals sehr langen Visiten begannen Dokumentation und kleinere Eingriffe (Blutentnahmen, Nadeln, Drainagen, etc.). Wir Studenten durften hier assistieren, mussten aber insgesamt viel warten und zusehen und durften keine eigenen Patienten betreuen. Unser Eindruck war, dass man mit uns nicht viel anzufangen wusste oder wissen wollte. Daher war mancher Tag recht zäh und auch ein frühzeitiges Gehen war nicht auf allen Stationen immer möglich (auf anderen jedoch sehr wohl bereits um 10 oder 11 Uhr), stattdessen wurden wir teilweise hingehalten, dass es später noch etwas Interessantes zu sehen gäbe. Auch Pünktlichkeit findet in Ghana ganz generell unter anderen Bedingungen statt. Im OP oder in der Endoskopie durfte man zusehen, fast nie jedoch am Tisch stehen. Mit ein wenig Geschick und aktivem Nachfragen konnte man letztlich jedoch gut beeinflussen, dass die am Krankenhaus verbrachte Zeit sinnvoll gestaltet wurde.

Spannend waren jedoch die teils fortgeschrittenen Krankheitsbilder, eindrückliche Stichverletzungen oder auch gänzlich andere Differentialdiagnosen (Malaria!) in der Patientenversorgung. Auch das Gesundheitssystem mit geringen Kosten für die Bürger, aber nur rudimentärer Versorgung (jedes CT, jedes MRT muss vom Patienten selbst gezahlt werden, daher findet Staging eines Mamma-Ca mitunter eben durch die körperliche Untersuchung statt), die hygienischen Voraussetzungen auf Station und bei Eingriffen oder die Notwendigkeit, dass Patienten Untersuchungsmaterial selbst abholen und ins Labor bringen, waren spannende Einblicke in eine andere medizinische Welt.

Für zwei Wochen war es uns außerdem möglich, in einem kleinen Krankenhaus in Donkorkrom mit nur einem Arzt zu hospitieren. Unsere Abwesenheit im Korle Bu organisierten wir in Absprache mit unseren Stationen. Wir wurden in Donkorkrom im Gästehaus des Waisenhauses für ein bis zwei Wochen untergebracht und erhielten im dortigen Krankenhaus einen Einblick in die medizinische Versorgung in einem am ehesten ländlichen Bereich mit schlechter Erreichbarkeit und limitierten Mitteln. Hier wurden wir durch die gute Betreuung stärker praktisch eingebunden, durften auch mitoperieren und uns wurde alles gezeigt und erklärt. Ein Aufenthalt in Donkorkrom ist eine großartige Ergänzung zum Aufenthalt in Accra, den ich jedem empfehlen würde, sofern möglich. Auch das Leben dort ist mit Accra nicht zu vergleichen. Erkundigt euch bei Sefa nach weiteren Details.

Durch die gemeinsame Unterkunft mit anderen internationalen Studierenden in Accra war es sehr einfach möglich, quasi an jedem (oftmals verlängerten) Wochenende gemeinsame Ausflüge zu unternehmen und Ghana in seiner ganzen Fülle (Küste mit Stränden, Sklavenburgen, Volta-Region, Nationalparks und vieles mehr!) kennenzulernen. So günstig und so leicht werdet ihr kaum wieder ein ganzes Land erkunden können und Ghana ist wirklich schön und vielfältig.

Insgesamt war das Tertial in Ghana eine unglaubliche Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Wer Chirurgie-begeistert ist und praktisch arbeiten möchte, wird nicht auf seine vollen Kosten kommen. Wer - wie ich - sein Chirurgie-Tertial in einem fremden Gesundheitssystem und einem fremden Land aufwerten möchte, dem kann ich Elective Ghana (und letztlich auch das Korle Bu) aber sehr empfehlen.
Bewerbung
Wie oben geschildert, circa 9 Monate vorher, aber auch kurzfristiger möglich.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Patientenvorstellung
Prüfungsvorbereitung
Tätigkeiten
Patienten untersuchen
Punktionen
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Gebühren in EUR
90 USD pro Woche plus einmalig 200 USD Verwaltungsgebühr für das Krankenhaus

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
3
Unterricht
1
Betreuung
3
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.8