Irland ist ein wirklich empfehlenswertes Land mit unglaublich netten Leuten, einer interessanten Geschichte, wahrscheinlich der besten Auswahl an Bier in den Pubs und einer tollen Landschaft. Ich stelle das hier bewusst an den Anfang, weil man medizinisch von einem halben PJ-Tertial in der Orthopädie in Castlebar nicht unbedingt den gleichen Lerneffekt erwarten sollte wie in einem Deutschen Lehrkrankenhaus. Aber wie bei vielen anderen Praktika gilt: alles kann, aber nichts muss. Und in Irland muss wirklich gar nichts. Man kann in 8 Wochen viel von diesem wunderschönen Land sehen und sehr einfach mal in verlängertes Wochenende nehmen. Trotzdem kann man teilweise medizinisch mehr machen als in Deutschland bzw. kann man immer fragen und wird nie unfreundlich zurückgewiesen. Ich habe 8 Wochen Orthopädie als Teil meines Wahltertials gemacht. Es ist aber möglich, Orthopädie/Unfallchirurgie auch als Chirurgie-Rotation zu absolvieren. In Irland gibt es Teams aus einem Consultant (Chefarzt), 2 Registrars (Oberärzte) und 2-3 SHO (Senior House Officers, Assistenz/Fachärzte) und Interns (irische PJler). Man ist quasi ein Intern, der aber nicht nur auf Station sein muss und wie gesagt alles machen kann, aber nichts muss. Die Teams wechseln sich bis auf den Consultant und manchmal einen Registrar alle 6 Monate komplett aus. Das bringt etwas Unruhe ins Krankenhaus ist aber nicht weiter schlimm. Alles in allem waren alle im Krankenhaus überaus freundlich und froh wenn man selber hilfsbereit ist und mit deutschen Blutabnahme-Künsten eine große Unterstützung darstellt. Ich war bei Mr Derek Bennett im Team. Mr Bennett ist ein irisches Original der euch viel über Whisky und Guinness erzählen wird, und ab und zu auch mal was zu Hüft-Endoprothesen. Es ist sehr lustig und angenehm mit ihm zu arbeiten. Mit den anderen Orthopädieteams und -consultants (Prof O'Grady und Ms Hughes) habe ich nicht viel zu tun gehabt, aber ich kann sagen, dass auch in deren Teams ein angenehmer Umgangston herrscht (was sich alle 6 Monate natürlich ändern kann). Die Teams haben jeweils einen OP-Tag/Sprechstundenambulanztag in der Woche. Die restlichen Tage teilen sie sich die Bereitschaftsdienste auf. Man kann eigentlich auch ziemlich einfach zu den OPs /Sprechstunden der anderen Teams gehen. Alles in allem ist es eine sehr schöne Zeit gewesen mit einigen anderen deutschen PJlern und tollen Ausflügen durch das ganze Land, bei dem man nebenbei noch ein anderes medizinisches Versorgungssystem kennen und ein bisschen Englisch gelernt hat.
Pro:
-entspannte Arbeitszeiten (ca. 8:00 - wann es aufhört spannend zu sein), Gelenkpunktionen früher (7:30)
-gute Freizeitgestaltung (Dublin, Nordirland (Giants Causeway, Londonderry, Belfast), Mount Croagh Patrick, Surfen an der Atlantikküste (www.surfmayo.ie), Galway, Cliffs of Moher, Achill Island sind nur ein paar Anregungen)
-viele Gelenkinjektionen (ich konnte "die großen drei" der Orthopädie: Knie, Schulter und Hüfte durchführen)
-immer OP-Assistenz möglich
-Blutabnehmen ist kein muss wie in Dtl, man kann aber immer und man kann es meistens besser als die jungen Stationsärzte vor Ort
-ich bin jeden Dienstag in eine Privatklinik in Galway gefahren (hatte Auto) und habe mit Mr Bennett Hüft- und Knie-Prothesen operiert, am Ende der 8 Wochen durfte ich die Knochen-Arbeitsschritte bei einer Hüft-OP selbstständig durchführen (absolutes Highlight)
- das Wetter (im Sommer keine Temperaturen von 40 grad, ab und zu regnet es, aber es ist auszuhalten)
Contra:
- das Wetter (es regnet manchmal schon jeden tag :D )
- manchmal etwas Leerlauf im KH (aufgrund der entspannten/chaotischen Arbeit, man wird aber angehalten nach hause zu gehen, wenn es nichts spannendes gibt oder die Sonne scheint, hier der Tipp: Einfach in die Notaufnahme/Emergency Department gehen und einfach Blutabnehmen und selber Patienten betreuen oder in den Plaster Room und Gipsverbände üben (was man den Iren an Nettigkeit und Hilfsbereitschaft entgegen bringt, geben sie einem 100fach zurück)
-man kann zwar immer steril an den OP-Tisch, aber oft leider nur Hakenhalten, Auf Nachfrage durfte ich aber auch manchmal nähen
- viele Knochenbrüche werden konservativ behandelt, bzw . gibt es schon andere Standardverfahren als in deutschen Lehrkrankenhäusern, was den Lerneffekt auf das M3 nicht gerade vergrößert
-man ist zwar so etwas ähnliches wie ein Intern, aber man muss sich seine Stellung am Anfang etwas erarbeiten und sich die Dinge die man gerne tun möchte einfordern, dabei klappt nicht alles sofort aber man wird nie unfreundlich zurückgewiesen
Tagesablauf:
ca. 8:00 Beginn (es gibt keine klare Zeit, irgendwann sind einfach alle wichtigen Leute da und es beginnt eine Art Visite (ward round)
danach Kaffee trinken
dann Sprechstunden oder OP-Beginn mit normalen Pausen/Wechselzeiten, aufgrund von kurzen Wegen ist man aber auch immer mal wieder auf Station
Arbeitsende wenn man das Gefühl hat es sei Zeit zu gehen :D
Tipps: Clodagh verleiht Fahrräder (die bei uns aber leider nicht sehr gut waren, aber vielleicht Surfen (surfmayo.ie), Croagh Patrick am Reek Sunday, Cliffs of Moher zum Sonnenuntergang, Auto mieten und das ganze Land bereisen
Unterkunft: Clodagh schickt eine Liste mit Unterkünften und man schreibt die Privatpersonen dann an. Ich war bei Mary und Bernard King das war in Ordnung (mit zeitweise 4 anderen Deutschen PJlern) vorallem war es sehr nah am KH, über die anderen Unterkünfte weiß ich nicht so viel.
Bewerbung
Über Clodagh Monaghan (Sekretärin eines deutschen Gynäkologen des Krankenhauses), E-Mail: medstudentscoordinator@gmail.com
am besten (wie immer) so früh wie möglich aber auch kurzfristig kann man anfragen, Kosten für 8 Wochen: 300€, Führungszeugnis, Impfnachweise mit MRSA Abstrich, alles aber sehr unkompliziert und zügig