Bevor ich auf die zwei Fachbereiche eingehe, möchte ich die guten Bedingungen für PJ'ler*innen am Harzklinikum in Quedlinburg betonen. Man bekommt kostenlos ein möbliertes Zimmer mit eigener Küchenzeile und eigenem Badezimmer auf dem Klinikgelände zur Verfügung gestellt. Dieses reicht vollkommen aus, um dort gut einige Monate zu verbringen. Weiterhin kann man kostenlos Mittagessen in der Mensa bekommen. Theoretisch könnte man sich sogar Frühstück und Abendessen abholen. Dies habe ich aber nicht in Anspruch genommen. Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Vergütung mit 752 Euro pro Monat. Eine so hohe Vergütung für das PJ bekommt man aktuell (leider) noch selten. Das Geld war auch immer pünktlich zum Monatsende auf dem Konto.
Ich habe am Harzklinikum mein 1. Tertial verbracht. Begonnen habe ich in der Unfallchirurgie/Orthopädie. Der Chefarzt ist sehr nett und studierendenfreundlich. Die Integration ins Team war anfangs etwas schwer, da ich in der ersten Woche einem weiter fortgeschrittenen Assistenzarzt zugeteilt worden war, der sich nicht wirklich für mich interessierte und mir keine Aufgaben deligierte. Weiterhin gab es relativ viele neue Assistenzärzte, die sich selbst noch nicht ganz zurechtfanden und mir dementsprechend wenig zeigen konnten. Nach ein paar Tagen wusste man aber, an wen man sich hängen muss, um Dinge zu lernen und Aufgaben deligiert zu bekommen. Dann machte es auch mehr Spaß. Der Tag ist meistens so strukturiert: Übergabe/Röntgenbesprechung vom Vortag > Visite > OP/Stationsarbeit > Nachmittagsbesprechung. Man wird regelmäßig für Operationen eingeteilt, darf mit der Zeit nähen üben und teilweise selbst Löcher für die Schrauben bohren. Wenn man Glück hat, dann darf man am Ende des Tertials eine eigene kleine Operation (meistens Metallentfernung) unter Supervision durchführen. Beispiele für OPs sind: Schrauben- und Plattenosteosynthesen, Marknagel, Hüft-TEPs, Knie-TEPs, Arthroskopien, Kreuzbandplastiken, M. Dupuytren. Auf der Station kann man immer bei der Visite mitlaufen und helfen. Sollte man die Blutentnahmen nicht schaffen, weil man den ganzen Tag im OP eingeteilt ist, dann ist das kein Problem. Das Pflegepersonal übernimmt das bzw. man macht es wenn mal etwas Zeit ist. Der Kontakt zum Pflegepersonal ist übrigens sehr gut. Ansonsten schreibt man Entlassbriefe, füllt Reha-Anträge, meldet Konsile oder radiolog. Untersuchungen an. Wenn Zeit übrig ist, dann kann man jederzeit in die Notaufnahme, zur BG-Sprechstunde oder in die vorstationäre Aufnahme gehen und dort zuschauen bzw. helfen. Zugegeben interessiert mich Unfallchirurgie/Orthopädie sehr wenig. Die Rotation lohnt sich aber dennoch, um einen Einblick in das Fachgebiet sowie ein unfallchirurgisches/orthopädisches Grundverständnis zu bekommen.
Als nächstes ging es für mich in die Allgemein-/Viszeralchirurgie. Hier bin ich schon mit einer ganz anderen Motivation gestartet, da mich das viel mehr interessiert. Mir ist das Team vom ersten Tag an super positiv aufgefallen. Der Umgang untereinander und zum Pflegepersonal ist sehr nett und kollegial. Auch ich wurde sofort ins Team integriert und war ein vollwertiges Mitglied. Die Station ist in zwei Gruppen aufgeteilt. Dementsprechend gibt es zwei ärztliche Teams, die sich um die jeweilige Seite kümmern. Ich wurde direkt am ersten Tag einer Seite zugeteilt. Die Struktur des Tages sieht meistens so aus: Übergabe/Blutabnahmen/Flexülen legen > Visite > Frühbesprechung > OP/Stationsarbeit/vorstationäre Aufnahme/Sprechstunden/Endoskopien > Nachmittagsbesprechung. Man weiß immer am Nachmittag des Vortages, wo man am nächsten Tag eingeteilt ist. Sollte man den ganzen Tag im OP eingeteilt sein und dementsprechend evtl. nicht alle Blutentnahmen schaffen, dann kann man auch hier das Pflegepersonal fragen. Generell halten sich die Blutentnahmen aber in Grenzen (ca. 4-6/Tag). Übrigens kann man auch hier immer bei der Visite mitlaufen, zuhören und helfen. An anderen Häusern wird es ja teilweise so gehandhabt, dass man nur mitlaufen kann, wenn man die Blutentnahmen geschafft hat. Hier ist das zum Glück nicht so. Auf der Station schreibt man Briefe, stellt Anträge, legt Flexülen. Man kann sogar ein eigenes Zimmer betreuen. Bei den Operationen hält man Haken oder die Kamera bei laparoskopischen Eingriffen. Die Ärzt*innen sind stets bemüht, Dinge zu erklären und man kann jederzeit Fragen stellen. Beispiele für OPs sind hier: Portanlagen, Thyroidektomien, Appendektomien, Cholezystektomien, Hemikolektomien, Stomaanlagen, perineale Rektumextirpationen, (seltener) Pankreasresektionen, Splenektomien etc. In der vorstationären Aufnahme hilft man bei der Anamnese und körperlichen Untersuchung. Nach einiger Zeit darf man unter Supervision sogar das Aufklären zu Operationen üben. Eine Besonderheit in der Chirurgie in Quedinburg ist, dass die Chirurg*innen selbst endoskopieren. Sollte man kein Gastro-PJ machen, dann kann man auch hier mal in die Endoskopie reinschnuppern.
Alles in allem kann ich das Chirurgie-Tertial in Quedlinburg nur empfehlen! Und wenn man gerne wandern geht, dann wird man im Harz auch auf seine Kosten kommen. :)