Chile - ein wirklich tolles Land mit ebenso tollen Menschen. Nachdem ich beschlossen hatte, mein Tertial "Innere Medizin" in einem spanischsprachigen Land zu absolvieren fiel meine Wahl sofort auf... Spanien. Leider wurde das dann aus mehreren Gründen nichts und ich konnte mich über meine Uni an der Pontificia Universidad Catolica de Chile (Partneruni) bewerben. Und ich muss retrospektiv sagen: Gut, dass ich in Chile gelandet bin. Ich habe in Chile im "Hospital Clinico UC CHRISTUS" der Pontificia Universidad Catolica de Chile (=PUC) mein komplettes Innere-Medizin-Tertial gemacht und will hier schnell die wichtigsten Punkte aufführen:
- Vorbereitung und Visum:
Die Bewerbung funktioniert sehr schnell und unkompliziert online. Studierende von Partnerunis müssen keine Studiengebühren, nur Anmeldegebühren (ungefähr 90 USD), zahlen. Kontakt im International Office der PUC ist Fr. Hendersson, die wirklich schnell und gewissenhaft arbeitet und antwortet. Beim Visum gibt es den "offiziellen" Weg einer "Permanencia transitoria", die einen Aufenthalt in Chile bis zu 2 Jahren ermöglicht und online beantragt werden kann. Die Beantragung ist SEHR langsam, Zeit- und Dokumentenaufwändig (Dokumente müssen "apostilliert" werden, also speziell beglaubigt). Ich bin mit dem Touristenvisum eingereist (muss man nicht vorher beantragen, bekommt am Flughafen einen Stempel) mit dem man 90 Tage in Chile bleiben kann und unentgeltliche Praktika machen darf. Dieses kann man unkompliziert zum Preis von 100 USD vor Ort ("Prórroga de Permanencia Transitoria") verlängern lassen oder (inoffiziell) einfach nach Argentinien/Peru aus- und wieder einreisen.
- Spanisch/Sprache:
Ohne Spanisch geht GAR NICHTS. Sowohl Patient*innen als auch Ärzt*innen Sprechen extrem schnelles, undeutliches chilenisches Spanisch. Ich hatte Spanisch in der Schule, habe es durch Kurse an der Uni aufgefrischt und verstand trotzdem die ersten zwei Wochen seeeehrrr wenig. Man kommt allerdings rein. An euren Sprachkenntnissen werden die Ärzt*innen auch festmachen wie viel ihr machen dürft. Ist also sehr wichtig!
-Wohnen:
Wohnpreise sind in den guten Gegenden hoch (ich zahlte 550,000 CLP für ein Zimmer). Wollte daher am Anfang in der Innenstadt, unweit des Krankenhauses, leben, was ich definitiv NICHT empfehlen kann (viele Demonstrationen etc.). Bin dann nach "Providencia" umgezogen und fühlte mich sehr wohl und sicher. Gute Gegenden sind: Providencia, Las Condes, La Reina, Vitacuria. Ich kann Providencia aber besonders empfehlen. Es ist sicher, gut angebunden und voll mit süßen Kaffees, Parks und Freizeitmöglichkeiten. Wohnungssuche über AirBNB.
-Sicherheit:
Wollte hier nochmal gesondert sagen: Chile ist prinzipiell eines der sichersten Länder Südamerikas. Nach 11 Uhr würde ich, je nach Gegend, immer das Uber bis zur Haustür bestellen und ich würde nicht mit Schmuck oder Handy in der Hand (selbst vor dem KH tagsüber) durch die Gegend laufen. Gewaltverbrechen sind aber sicherlich die ABSOLUTE Ausnahme. Ich kannte einige Studierende, denen das Handy aus der Hand geklaut wurde (auch im Bus), und ich wäre da besonders vorsichtig. Kann in Paris oder Barcelona aber sowieso genauso passieren.
-Praktikum:
Ich habe mich für folgende Rotationen entschieden:
Nephrologie-Rheumatologie-Endokrinologie-Infektiologie.
Generell gilt: Alle Ärzt*innen waren extrem nett und geduldig im Umgang mit mir (zu chilenisch: "buena onda"). Je nach Person prüfen die Ärzt*inne (ganz ohne Druck) auch mal gerne und gehen immer auf Fragen der Studierenden ein. Ich wurde auch echt oft auf Kaffees oder Essen eingeladen. Das Wissen der Ärzt*innen ist sehr hoch, die innere Medizin ist ein sehr theoretisches Fach in Chile. Praktische Tätigkeiten gibt es fast gar nicht (also kein Blutabnehmen, Punktionen, Viggos legen, etc.). Ich durfte Patient*innen selbständig untersuchen, Evaluationen und Entlassungsbriefe (mit Hilfe) schreiben und Konsiliargespräche führen. Wichtig ist: desto besser dein Spanisch, desto mehr darfst du machen. Die Ärzt*innen betreuen übrigens auch keine Stationen, sondern laufen ihre Patient*innen kreuz und quer im Krankenhaus ab. Wer Stationen betreuen möchte muss in die "generelle" Innere Medizin. Die Standards im KH sind hoch (Bild vom KH siehe unten).
Hier noch eine Kurzinfo zu jeder Fachrichtung:
Nephrologie: Sehr entspannte Arbeitszeiten; viel Möglichkeiten für Patient*innenkontakt (auf Nachfrage!); keine Ambulanzzeit; Sehr viel 1:1 strukturiertes
Teaching; 8/10 Punkte
Rheumatologie: Arbeitszeiten bis 5; viel Ambulanzzeit d.h. wenig eigenständige Arbeit; deckt alle Krankheitsbilder ab; wenig teaching; besonders nette
Ärztinnen; 7/10 Punkte
Endokrinologie: Arbeitszeiten bis 5-6; viel Ambulanzzeit aber auch eigenständige Patientenarbeit bei den Krankenhaus-Visiten; Abschluss mit kleiner
mündlichen Prüfung (fand ich super wg. Lernmotivation); 7/10 Punkte
Infektiologie: Arbeitszeiten bis 3-4; supernettes Team; tolle Fälle; eigene Patient*innen betreuen (untersuchen, befragen, dem OA vorstellen); sehr
anspruchsvoll (sprachlich und fachlich); wenig Ambulanzzeit; man kann einen Mikrobio-Labortag machen; 9/10 Punkte
-Freizeit/Freunde finden:
"Una pregunta... me puedo tomar el lunes libreee???" - eine verheißungsvolle Frage, die durch die Bank immer mit "Si, porfa!" beantwortet wurde. Wenn man einen guten Eindruck hinlegt, haben die Ärzt*innen auch nichts dagegen, wenn die ausländischen Studierenden einmal einen Wochenendausflug starten. Ich würde es nicht übertreiben (habe es pro Rotationen höchstens ein Mal gemacht) aber das lief alles sehr stressfrei. Chile ist zwar wirklich KEIN konventionelles Tourismus-Land aber wenn man gerne Wandern geht sicher das richtige. Ich persönlich habe noch nie so schöne, unberührte Natur gesehen und durfte durch Vulkantäler, Wüsten, Schneelandschaften, Strände und Wälder wandern. Einige Wandermöglichkeiten, gibt's auch direkt neben Santiago. Nimmt man alte Busse und billige Hostels mit sub-luxuriösen Standards (vorsichtig ausgedrückt) in Kauf, dann kommt man auch relativ billig durchs Land.
Freunde zu finden war sehr angenehm und einfach: Es gibt immer international Students, die Lust auf gemeinsame Unternehmungen haben. Die Chilen*innen sind durch die Bank auch sehr offen und ich konnte unter den Internos (PJler) auch einfach Kontakte knüpfen. Außerdem wurde ich von meiner 70-jährigen AirBNB-Host Chilenin komplett in ihre Familie aufgenommen. Die Chilen*innen haben mich mit ihrer Offenheit und Freundlichkeit echt begeistert und NIEMAND war in 4 Monaten (weder Patient/Arzt/etc.) jemals unfreundlich zu mir.
Fazit: Meine Zeit in Chile zählt wahrscheinlich zu den besten meines gesamten Studiums. Ich finde, dass ich sowohl kulturell ALS AUCH medizinisch viel lernen konnte und ich wäre sogar gerne noch länger geblieben. 2 Monate würde ich für zu kurz halten und ich würde immer wieder ein gesamtes Tertial in Chile machen. Das Land hat sehr viel zu bieten und das einzige, was ich schwierig fand, war der Abschied. Es Chile!
Bewerbung
3/4 Jahr im Voraus über Heimatuni
Sonst auch über offizielles Formular online