OP, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
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Kommentar
+++ Fazit +++
Das Krankenhaus Buchholz bietet für das chirurgische Tertial ein sehr gutes Gesamtpaket: Der PJ-Student wird sowohl von Ärzten als auch von Pflegern respektvoll-kollegial behandelt. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind für PJ-Verhältnisse hervorragend. Es findet mehrmals die Woche Unterricht statt. Man hat die Möglichkeit, in der ZNA viele Patienten eigenständig zu untersuchen. Zu guter Letzt ist die Lage von Buchholz durch die Nähe zu Hamburg reizvoll.
Ein Manko ist das stark eingeschränkte Behandlungsspektrum, so dass sich Krankheitsbilder, auch in der ZNA, sehr schnell wiederholen. Langwierige, seltene, hochkomplexe Eingriffe wird man hier nicht sehen. Auch die öde Routine durch eine endlose Anzahl an Knie- und Hüft-TEPs in der UCH, sofern man der einzige PJ-Student sein sollte, finde ich problematisch. Unterm Strich habe ich in Buchholz jedoch ein angenehmes, lehrreiches Chirurgie-Tertial verbracht.
Dennoch empfehle ich jedem, der kein Chirurg werden möchte, das Chirurgie-Tertial zuletzt zu absolvieren und viele Fehltage zu investieren. Das Teaching und der Wissenszuwachs fielen hier nämlich geringer aus als in meinen anderen Tertialen.
+++ Allgemein- und Viszeralchirurgie +++
Tagesablauf, Aufgaben, Lehre:
Der Tag beginnt um 7 Uhr mit der Visite und endet gegen 15:30 Uhr, kurz nach der Nachmittagsbesprechung. Höchstens ein- bis zweimal die Woche bin ich wegen PJ-Unterricht, langer Operationen oder einer VVK bis nach 16 Uhr dageblieben. Dafür haben die Ärzte im Gegenzug bei drei Fehltagen beide Augen zugedrückt. Dankeschön an die beiden PJ-Beauftragten.
Es gibt einen Blutentnahmedienst, der die ca. 15 Blutentnahmen pro Tag übernimmt. Nur falls dieser ausfällt, muss man diese übernehmen. Das war in meinen acht Wochen nur für zwei Woche der Fall. Man darf jederzeit in die Sprechstunden, in die prästationäre Aufnahme oder in die ZNA gehen.
Eine typische Aufgabe ist das Hakenhalten bei Operationen. Die OP-Einteilung kann spätestens am OP-Tag eingesehen werden. Ich wurde tatsächlich eher selten für Operationen eingeteilt, obwohl ich fast das halbe Tertial lang der einzige PJ-Student auf der Station war. Das liegt daran, dass in diesem Krankenhaus Assistenzärzte bereits sehr früh bei OPs assistieren oder gar selbständig operieren dürfen.
Ich habe bei mehreren Schilddrüsen-OPs und Hernien-OPs sowie ein paar Mal bei anderen Eingriffen (Cholezystektomie, 2x Hemikolektomien, Gastrektomie, Portimplantation, Abszessspaltung) assistiert. Vermutlich stand ich etwa zwei Dutzend Male im OP. Für gewöhnlich hielt ich nur Haken. Bei den laparoskopischen OPs hingegen habe ich das Endoskop geführt. Mir wurde nie angeboten zu nähen oder zu knoten, ich habe auch nie darum gebeten. Die oben aufgezählten Operationen sind fast alle, welche die AVC anbietet.
Stellt euch darauf ein, dass sich niemand für euch verantwortlich fühlt. Man wird nie in die Patientenbetreuung, Kurvendiskussion, Diagnostik, Befundbesprechung oder Therapieplanung miteinbezogen. Von sich aus erklären die Assistenzärzte selten etwas und delegieren kaum Aufgaben. Man muss jeden Tag aufs Neue darum bitten, Aufgaben übernehmen zu dürfen. Sätze wie „Komm, ich zeig dir was“ oder „Hast du schon mal… gemacht“ oder „Schau dir das mal an“ wird man selten hören.
Wenn man jedoch eine Frage stellt, wird sie immerhin freundlich und knapp beantwortet. Im OP und in den Sprechstunden hingegen erklären die meisten Oberärzte recht viel von sich heraus. Insbesondere die beiden PJ-Beauftragten Dr. T. und Dr. K. haben mir äußerst viel beigebracht. Vielen Dank im Nachhinein!
Andere PJ-Studenten kritisierten, dass sie so wenig in den Stationsbetrieb eingebunden wurden und dass das Teaching kaum existent war. Mich persönlich hat es zwar zu Beginn ebenfalls gestört, jedoch habe ich die Freiheit, die sich aus den fehlenden Aufgaben ergaben, sehr genossen. Ich konnte dadurch nämlich viel Zeit in der ZNA verbringen. Hier sieht man die klassischen Differentialdiagnosen des akuten Abdomens und übt, eine zielgerichtete Anamnese und körperliche Untersuchung durchzuführen sowie die Befunde zu dokumentieren. Die Diagnostik beinhaltet auch die selbstständige Sonographie. Man sollte proaktiv bitten, als erstes den Patienten untersuchen und dann vorstellen zu dürfen.
Es lohnt sich ferner, die Sprechstunden zu besuchen und selbstständig in der prästationären Aufnahme zu arbeiten. Hier kann man ebenfalls die körperliche Untersuchung unter ärztlicher Aufsicht üben. Nach einiger Zeit habe ich angeboten, die Aufnahmen selbstständig durchzuführen und sogar Aufklärungen über den anstehenden Eingriff zu führen.
Für gewöhnlich bin ich nach der Visite oder nach meinen OPs auf die Station gegangen, habe meine Hilfe angeboten und habe dann, falls es nichts für mich zu tun gab, angekündigt, wohin ich als nächstes gehen werde.
Eine Kommilitonin hat, als während der Semesterferien zu viele PJler und Famulanten den Stationen zugeteilt wurden, einige Tage bei den Urologen verbracht. Vermutlich ist sogar noch viel mehr möglich, solange genügend Personal da ist, weil sich niemand für dich interessiert.
Der Umgangston untereinander ist überaus freundlich. Ich wurde in all der Zeit höchstens eine Hand voll Male zickig oder genervt angemacht. Jeder bleibt höflich und verständnisvoll, wenn man Fehler macht, sowohl Pflegekräfte und OTAs als auch Ärzte. Auf den Fluren grüßen sich alle. Auch der Chefarzt behandelt seine Mitarbeiter sehr gut, auch wenn es zwischen uns beiden überhaupt nicht gefunkt hat. Bei seinen OPs und die des leitenden Oberarztes sollte man die Anatomie des Eingriffgebiets dringend wiederholen, weil sie gerne Fragen zu den anatomischen Strukturen stellen. Das Verhältnis zu den Assistenzärzten war freundlich, jedoch distanziert. Man hat zum Beispiel, anders als in anderen Tertialen, nie ein Gespräch mit mir initiiert oder Smalltalk mit mir geführt.
+++ Unfallchirurgie und Orthopädie +++
Ich fange zunächst mit dem Positiven an: Das Team ist verdammt cool und witzig. Ständig werden Witze erzählt und Sprüche geklopft. Oft genug musste ich im OP laut loslachen. Die Atmosphäre und der Unterhaltungsfaktor sind – das haben auch die anderen PJ-Studenten bestätigt – erstklassig. Selbst der Chefarzt taut nach einer gewissen Zeit auf, bleibt jedoch stets eher professionell- distanziert. Mein Tipp an zukünftige PJ-Studenten: Lernt ihm zuliebe, wie ein Kornährenverband aussieht, welche Muskeln beim dorsalen und ventralen Zugang zum Hüftgelenk präpariert werden, was der Hoffa-Fettkörper ist und sprecht ihn darauf an, dass seine OP-Technik und die eingesetzten Pfannen im Röntgenbild ganz anders aussehen als die bei den Oberärzten (Schraub- vs. Pressfitpfannen). Gern geschehen.
Anscheinend gab es in den letzten Jahren einige personelle Veränderungen, so dass alte PJ-Berichte mit kritischen Stimmen nicht mehr aktuell sind. Die Stimmung hat sich definitiv gebessert.
In den OPs erklären die Ärzte sehr viel. Alle meine Fragen, selbst wenn ich sie zu ganz anderen Themen als der gerade stattfindenden OP stellte, wurden beantwortet. Auch in diesem Abschnitt verbrachte ich viel Zeit in der Notaufnahme, wo ich selbstständig und in Rücksprache mit den Ärzten Patienten untersuchen, Röntgenbilder auswerten und in der Nachmittagsbesprechung vorstellen durfte.
Kommen wir zu den negativen Aspekten: Jeden Tag musste ich im Schnitt vier Stunden lang bei zwei Knie- oder Hüft-TEPs Haken halten. Jeden Tag. 6 Wochen lang. Puh. Spätestens ab Woche fünf hat mich die Routine doch arg genervt. Leider wurde ich bei fast keiner anderen Operation eingeteilt. Ich assistierte lediglich bei zwei Radiusfrakturen, einer Sprunggelenksfraktur und einer Humerusfraktur. Das ist eine magere Ausbeute für sechs Wochen. Immerhin durfte ich bei zwei OPs unter Aufsicht Löcher in den Knochen bohren und Schrauben einsetzen. Das fand ich cool. Knoten und Nähen wurde mir zum Ende hin ein paar Mal angeboten. Man sollte das aber vorab ausgiebig, auch mit angezogenen Handschuhen, geübt haben.
In der UCH gibt es ebenfalls einen Blutentnahmedienst. Auch hier drückte man beide Augen bei drei Fehltagen zu. Gerade zu Beginn habe ich stets meine Hilfe auf Station angeboten und Briefe geschrieben. Der Lerneffekt ist dabei begrenzt. Ich empfehle, nach der OP ohne Umwege in die ZNA zu gehen und regelmäßig den Wunsch dazu zu artikulieren. Auf Station gibt es nämlich außer Papierkram nichts zu erledigen. Für gewöhnlich konnte ich nur ein, selten zwei Stunden am Tag in der Notaufnahme verbringen. Leider waren die allermeisten Patienten nachmittags bereits abgefrühstückt, so dass ich nur wenige Patienten selbst untersuchen konnte.
Das Problem an diesem Abschnitt war, dass ich zu der Zeit der einzige PJ-Student war. Zu zweit hätten wir uns die Operationen aufteilen können. Dadurch hätte sich keine nervige Routine eingestellt und wir hätten die Freiheiten voll ausnutzen können. Da nur zwei PJ-Plätze in der gesamten Chirurgie ausgeschrieben werden, wird man wahrscheinlich der einzige Medizinstudent auf Station sein, sofern nicht durch Famulanten in den Semesterferien oder durch überlappende Tertialzeiten doch noch mehr Studenten unterstützen.
In diesem Fall empfehle ich, lediglich vier Wochen statt sechs bis acht auf der UCH/Ortho zu verbringen. Der Lerneffekt fällt dann nämlich trotz allem mager aus.
+++ Gefäßchirurgie +++
Das Team der Gefäßchirurgie ist klein, wenig hierarchisch und sehr nett. Hier sollte man ca. drei bis vier Wochen verbringen, um das Fach kennenzulernen. Hier genießt ihr alle Freiheiten der Welt. Ich bin sogar zweimal zu Sprechstunden der Unfallchirurgen gegangen, weil ich vorher nie die Gelegenheit dazu hatte.
Auf Station kann man ABI-Messungen durchführen und beim Anlegen von Verbänden helfen. In der Sprechstunde kann man Gefäße schallen. Zu guter Letzt wird man auch hier gelegentlich für Operationen eingeteilt. Ich habe bei einer Carotis-TEA und einer Femoralis-TEA sowie bei meinem Lieblingseingriff, einer Oberschenkelamputation, Haken gehalten. Stellt euch auf viele widerliche Wunden ein.
+++ PJ-Unterricht +++
Es findet offiziell bis zu sechs Mal die Woche PJ-Unterricht statt: Neurologie (fand in vier Monaten nur dreimal statt, jedoch gelobte man Besserung), Chirurgie (fand etwa jedes zweite Mal statt), ein- bis zweimal Innere (fand meistens statt), Sonographie- und Echokardiographiekurs (fanden fast immer statt und boten eine großartige Möglichkeit, seine Fähigkeiten unter Aufsicht zu üben). Der PJ-Unterricht findet während der Arbeitszeit statt. Ich konnte fast immer teilnehmen. Nie hat irgendein Arzt mich gedrängt, den Unterricht ausfallen zu lassen. Ich empfand jede Unterrichtseinheit als sehr lehrreich.
+++ Finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen +++
Die Vergütung setzt sich zusammen aus kostenloser Verpflegung, einer ebenfalls kostenlosen Unterkunft und 400 Euro Aufwandsentschädigung. Die Unterkunft misst ca. 35 qm^2 und ist ein vollständig und schön eingerichtetes Appartement mit Balkon sowie abgetrennter Küche und Schlafzimmer auf dem Klinikgelände. Ich habe mich dort äußerst wohl gefühlt. Bettzeug und Handtücher werden gestellt und von den Reinigungskräften ausgetauscht. Die Wohnung enthält vom Staubsauger über WLAN hin zu Kochgeschirr alles, was man benötigt.
Morgens kann man sich als Frühstück Kaffee und belegte Brötchen oder Gebäckstücke holen. Mittags hat man die Auswahl aus vier Gerichten, von denen mindestens eines vegetarisch ist. Dazu kann man sich erneut Kaffee sowie einen kleinen Salat und eine kleine Nachspeise nehmen. Nur der Kuchen kostet extra. Nach der Arbeit habe ich manchmal noch einen Tee getrunken und eine Nachspeise gegessen. Alles ist kostenlos und wirklich lecker. Ich hatte fast jeden Tag Zeit, essen zu gehen und tat das gerne.
Am ersten Tag wurden mir Schlüssel, ein eigener Zugang zu den meisten PC-Systemen, Namensschild und Arbeitskleidung überreicht. Nur den Zugang zum Röntgen- und Medikamentenplan müsst ihr evtl. selbst organisieren. Bezüglich der Wohnung solltet ihr nach Verstreichen der Bewerbungsfrist eine E-Mail an das Personalbüro schicken.
+++ Freizeit +++
Buchholz ist eine verschlafene Kleinstadt mit knapp 40.000 Einwohnern. Die Stadt bietet nicht viel mehr als ein paar Sportanlagen und Geschäfte. Unter der Woche habe ich deshalb nie irgendetwas unternommen und stattdessen lieber gelernt. Das kühl-nasse Wetter im Norden trug dazu bei. Nach Hamburg und Bremen benötigt man mit der Bahn, die halbstündlich verkehrt, ca. 45 bzw. 60 min. An den Wochenenden bin ich deshalb ständig nach Hamburg und zu anderen Städten in Norddeutschland gefahren. Die meiste Zeit über war ich der einzige PJ-Student im Wohnheim.