Ich kann das Tertial in Warendorf nur jedem empfehlen, der Interesse an der Inneren hat und etwas aus dem Tertial mitnehmen möchte.
Wir haben frühzeitig unseren Rotationsplan bekommen und konnten uns im Vorfeld schon wünschen, wo wir besonders gern hinwollen bzw. wo wir nicht hinwollen. Ich habe mich zudem für eine Wohnung vor Ort entschieden und bin unter der Woche in Warendorf geblieben. Mit dem Zug pendeln geht schon, ist aber besonders morgens etwas nervig, weil die Züge so fahren, dass man entweder viel zu früh da ist oder zu spät.
Der Tag startet mit einer Frühbesprechung um 8 Uhr mit dem ganzen Team (Kardio, Innere und Geriatrie). Dort wurden wir direkt vorgestellt und willkommen geheissen. Nach der Frühbesprechung geht man mit den Assistenzärzten auf die Station, auf der man eingeteilt ist. Dort steht dann der normale Stationsalltag an: Visite, Untersuchungen planen, Therapieprocedere festlegen, Briefe schreiben. Dort hilft man mit und unterstützt. Ab und an muss eine Blutentnahme gemacht oder eine Viggo gelegt werden, aber alles überschaubar, da es einen Blutentnahmedienst gibt. Kleine Sonos werden oft auf Station gemacht, die darf man selbst machen (z.B. Cava schallen oder Frage nach Nierenstau, Pleuraergüssen etc.). Gegen halb eins geht man zusammen Mittagessen. Häufig hatten die Assistenten viel zu tun und sind nicht gegangen, aber beim Mittagessen unten in der Kantine hat man eigentlich immer jemanden getroffen vom Team, zu dem man sich setzen konnte.
Das generelle Motto war: Alles kann, nichts muss. Ich wurde direkt am Anfang gefragt, ob ich eigene Patienten betreuen möchte. Für die ist man dann mehr oder weniger zuständig. Häufig melden die Assistenten dann aber doch zwischendurch schonmal was an oder organisieren im Hintergrund, sodass man nicht komplett allein alles durchdenkt. Das ist manchmal etwas schade, liegt aber an dem hohen Zeitdruck den die Assistenten haben. Die Station, wo man wirklich komplett für die Patienten zuständig ist, ist die Geriatrie. Ich kann nur jedem empfehlen dorthin zu routieren! Man wird super gut betreut, bekommt einen eigenen Patienten, um den man sich vollständig kümmert und wo nichts im Hintergrund läuft. Hier habe ich mich das erste mal so richtig für einen Patienten verantwortlich gefühlt und dadurch super viel gelernt.
Wenn zwischendurch interessante Untersuchungen anstehen (Koro, Abdomen-Sono, ERCP etc.), kann man den Patienten in die Funktionsabteilung begleiten und bei der Untersuchung dabei sein. Zusätzlich routiert man noch 1 Woche in die Herzfunktionsdiagnostik (EPU-Labor, Herzkatheter und Echo) und die Gastrofunktion (Ultraschall, Gastroskopie, Koloskopie, ERCP). Dort darf man wenig machen, bekommt aber durch die Oberärzte und die Chefärzte richtig viel erklärt.
Eine grosse Empfehlung ist die kardiologische Chefarztvisite. Man lernt dort Patienten strukturiert vorzustellen und wichtige Befunde und Therapieprocedere konkret und prägnant darzustellen. Zwischen den Patientengesprächen erklärt der Chefarzt viel, zeigt interessante Befunde und fragt einen viel. Ich fande das nicht schlimm, weil es immer auf eine nette Art und Weise war, man so aber auch gefordert wurde und mitdenken musste.
Die Notaufnahmezeit war ebenfalls super. Man läuft am Anfang mit und bekommt dann irgendwann eigene Patienten, bei denen man Zugänge legt, schon mal die Anamnese und körperliche Untersuchung macht, ggf. Ultraschall und wenn man schnell genug ist, auch ein Therapieprocedere festlegen kann (das ist aber selten gewesen, meist war es so voll, dass die Oberärztin schon alles in die Wege geleitet hat, um die Patienten aus dem Zimmer zu bekommen). Hier hab ich trotzdem eine gute Zeit gehabt, weil ich viel untersucht und geschallt habe.
Ich bin meist bis 16/17 Uhr geblieben, weil noch was zu tun war oder eine interessante Untersuchung anstand. Es war aber jederzeit möglich auch eher zu gehen, wenn nichts mehr zu tun war oder man einen Termin hatte.
Zum Kanufahren und zur Weihnachtsfeier wurde man ganz selbstverständlich mit eingeladen und hat sich direkt als Teil des Teams gefühlt. Ich hatte eine wirklich gute Zeit dort, in der ich mich super wohl gefühlt habe und gleichzeitig ganz viel gelernt habe und mitnehmen konnte.
Wirklich eine grosse, grosse Empfehlung, dort sein Tertial in der Inneren zu machen!
Pluspunkte:
- Team: ich hab selten so ein nettes Team getroffen, dass PJler direkt herzlich willkommen heisst und einen so schnell ins Team integriert
- Lust an Lehre, es wird viel erklärt
- kardiologische Chefarztvisite
- Geriatrie (hier hab ich am meisten mitgenommen, man bekommt eigene Patienten und es wird sehr darauf geachtet, dass man dort alles selbst macht von Aufnahme zu Therapieprocedere vorschlagen, richtig gute Betreuung durch die Ärzte und den PA)
- gute Orga, viel Rotationen und viele Einblicke
- kurzzeitige Änderungen im Rotationsplan möglich, je nach Interessen kann man auf der einen Station länger bleiben, auf der anderen kürzer oder ganz weglassen
- man darf viel selbst machen (Ultraschall, Pleurapunktionen, Aszitespunktionen, FEES)
- Wohnung wird gestellt, Mittagessen frei
Minuspunkte:
- Gehalt kommt 2 Monate verspätet, teils nicht korrekt berechnet, da muss man immer wieder nachprüfen und der Personalabteilung Bescheid geben
- Pflege kommt nicht mit auf Visite; generell wenig Kommunikation zwischen Ärzten und Pflege
- wöchentlicher PJ-Unterricht (Donnerstags), häufig sehr schlecht, fällt oft aus, hat meist Vorlesungscharakter; hat mich aber wenig gestört, da die Lehre "nebenbei" so gut war (z.B. durch die Assistenzärzte, im Herzkatheterlabor durch die Oberärzte, die kardiologische Chefarztvisite)
- Intensivstation (schlechte Betreuung, es wird wenig erklärt, man darf nichts machen)