Ich habe mich sehr auf meine Zeit in Aarau gefreut.
Entgegen den meisten anderen Berichte hat mich meine Zeit in Aarau aber nicht überzeugt.
Die meiste Zeit als UA (so werden die PJler in der Schweiz genannt) wurde ich hier nicht wahrgenommen.
Der Tag beginnt eigentlich immer (ausser Freitag, da gibt es eine Hausinterne UA-Weiterbildung die eigentlich niemand vom NCH-Team auf dem schirm hat. Ist aber recht gut & gibt gratis "Gipfeli" & Caffee;) ) mit dem Rapport.
An den Rapporten sitzen die UAs hinter einer Säule sodass man vom Rapport Maximum die Hälfte mit kriegt. Die Aufgabe am Rapport ist die Tür zum Computerraum zu schliessen falls diese geöffnet ist.
Selber Patienten vorstellen darf man nicht - auch wenn man diese als einziger im Raum gesehen hat und schon die ganzen Eintrittsuntersuchung und Berichte erstellt hat (was in der Schweiz scheinbar in den meisten Kliniken von den UAs gemacht wird) . Die Stimmung am Rapport war kalt bis eisig, vereinzelt werden Witze erzwungen. Oft fragt der Chefarzt (von allen "Chef" genannt) einen AA oder OA (Fachärzte gibt es in der Schweiz nicht) über einen Fall aus. Was wohl didaktisch gemeint ist kommt (zumindest bei mir und den anderen UAs) ehr als Machtdemonstration vom Chefarzt rüber. Als ich am Rapport nach mehreren Wochen erstmals etwas gefragt wurde, hat der Chefarzt meine korrekte Antwort korrigiert. Das war schon komisch. Es kommt auch vor, dass ein UA vom Chef schon am ersten Tagen im Rapport etwas gefragt wird. Eigentlich auch komisch. Manchmal erklärt er ihnen dann sogar geduldig die banalsten Dinge. Es scheint bei Ihm sehr eine Rolle zu Spielen von welcher Uni man kommt.
Es kommt bei ihm auch mal vor, dass er die Pflege anfährt oder kompromittiert. Patienten zentriert habe ich die Klinik höchstens in sofern erlebt, dass die Liegedauer möglichst Kurz sein sollte. Manchmal hatte man das Gefühlt, die Patienten werden regelrecht hinausgeworfen.
In den OPs darf man eigentlich immer - was sicher ein grosses Plus war, da ich dadurch viele Operationen sehen durfte. Erklärt wurde mir nur auch nachfrage - und selbst denn äussert knapp. Manchmal darf man sich auf Nachfrage Einwaschen. Selber mithelfen (zB beim Zumachen) darf man selten. Es wurden Vorwände gebracht wie " ich würde gerne, aber wir sind grad im stress/ das ginge zu lange ..." .
Auf dem Notfall war ich während meiner Zeit sehr selten. Man läuft mit, schreibt einige Berichte die dann meinst ohne Feedback einfach korrigiert oder neu geschrieben werden. Der Notfall war generell ehr Ruhig - bei den Schockräumen darf man nicht dabei sein.
Wenn Hospitanten für einen Tag kommen (also Leute die sich für eine AA-Stelle bewerben) muss man die als UA eigentlich betreuen weil sich sonst niemand um die kümmert.
Wenn der Chefarzt die Hospitanten mag, werden die von ihm dann auch "ausgefragt" (wie oben beschrieben) und dürfen sich dann auch mal Einwaschen und mithelfen.
Weil mich (und einige andere UAs) der Chef scheinbar nicht mochte war meine Zeit in Aarau mittelmässig bis schlecht.
Das übrige Team in Aarau war aber grösstenteils sehr freundlich und hat mir auch oft viel erklärt. So dass ich von meiner Zeit doch etwas profitieren konnte.
Es mag sein, dass die Klinik in Aarau verglichen mit deutschen Kliniken den Unterassistenen/Pjlern viel bietet.
Für Schweizer Standards liegt sie aber in meinen Augen weit hinten.
Desshalb kann ich persönlich diese Klinik nicht empfehlen - denn selbst wenn der "Chef" einem mag habe ich das Arbeitsumfeld als toxisch empfunden, was die zwei bis drei guten Teachings nicht Wett macht.