Kurzfassung: Cooles Tertial mit tollen Freizeitmöglichkeiten im Umkreis!
Zur Organisation: Bewerbung Mitte 2012, also ca. 2,5 Jahre vorher. Viel später sollte man sich nicht bewerben, da recht schnell alles ausgebucht ist. Der Erfahrungsbericht bezieht sich auf den Hauptstandort in St. Gallen, zu den Standorten Rohrschach und Flawil kann ich leider nichts sagen.
Die Organisation vorher ist total problemlos. Von der Klinik werden alle Formalien wie Aufenthaltsgenehmigung etc. geklärt. Selbst abschließen sollte man vorher eine Auslandskrankenversicherung die auch in der Schweiz gilt. Auch PC Zugangsdaten, eigener Piepser usw. ist alles schon fertig organisiert wenn man ankommt.
Falls man an einem Wochenende ankommt, sollte man dies vorher mit dem Logierwesen (Verwaltung der Wohnheime) klären, da dann der Schlüssel an der Information (Haus 04) hinterlegt wird. Am ersten Tag werden alle organisatorischen Dinge anhand eines Laufzettels erledigt. Los geht es mit der Vorstellung im Morgenrapport der Chirurgie, danach zur Personalverwaltung, Wäscheausgabe (man bekommt Kittel & Kasack & Hose gestellt), Schlüsselausgabe sowie zum Druck des Namensschilds, welches auch zur Zeiterfassung, als Zahlungsmittel sowie für den Zutritt zum OP benutzt wird.
Auch organisieren kann man sich einen Parkplatz bei der Polizei. Sollte man nur ein Tertial (also weniger als 6 Monate) hier absolvieren, kann dies ohne eine Meldung des Hauptwohnsitzes in der Schweiz ausgegeben werden. Dies kostet 30 CHF pro Monat und berechtigt zum Parken direkt vor dem Wohnheim, obwohl oft länger nach einem freien Parkplatz gesucht werden muss. Wichtig ist, dass ihr eine Genehmigung braucht, falls das Auto nicht auf euch selber zugelassen ist. Diese kann man auf der Internetseite der Polizei in St. Gallen runterladen.
Zum Wohnheim: Ihr habt ein Zimmer zwischen 13 und 15 qm. Darin stehen Bett, Nachtisch, Beistelltisch, Schreibtisch, Stuhl, Kommode, Schrank, kleine Garderobe, Waschbecken mit Spiegelschrank (siehe Fotos auf der Internetseite des Logierwesen). Außerdem gibt es ein Telefon. Hierfür kann man sich eine Karte kaufen, um auch von außen angerufen werden zu können bzw. um auf Prepaid-Basis nach außen anzurufen. Wenn man keine Karte kauft kann man trotzdem intern im Krankenhaus anrufen sowie seinen Piepser annehmen (weiteres zu Handy & Piepser siehe unten). Auf dem Gang gibt es zwischen sechs und zehn 1-Bett-Zimmer mit denen ihr euch 2 Toiletten und 1 Dusche, 1 Badewanne und 1 große Küche teilt. Hört sich wenig an, ist aber gar kein Problem, da oft Unterassistenten von verschieben Abteilungen gemixt sind und morgens unterschiedlichen Dienststart haben. In der Küche gibt es 2 große Kühlschränke, wo jeder ein Fach hat sowie 2 abschließbare Fächer für Vorräte etc. Die Küche ist rudimentär eingerichtet. Es schadet also nicht, sich eine Grundausstattung wie Teller, Gläser und Besteck, ein gutes Messer sowie einen Topf und Pfanne mitzubringen. Die Sachen werden immer mal wieder „entwendet“, da das Wohnheim sehr groß ist und die einzelnen Stockwerke nicht abgeschlossen sind. Außerdem gibt es in der Küche ein Ceranfeld, Backofen und Mikrowelle, eine Spüle, leider keine Spülmaschine. Jeden Tag kommt die Putzfrau und reinigt Küche sowie Badezimmer. Für das eigene Zimmer ist mal selbst verantwortlich, Putzsachen werden jedoch gestellt. Auch gestellt werden Bettzeug sowie Bettwäsche, die alle 2 Wochen ausgewechselt werden können. Die Bettdecke ist jedoch innen mit einem Plastikbezug versehen, weswegen manche sich eine eigene Decke mitgebracht haben. Handtücher werden nicht gestellt. Besuch kann man auch ohne Probleme bekommen. Das muss man offiziell vorher anmelden, dann bekommt man eine zusätzliche Matratze mit Decke, Kissen und Bezügen. Kostet 10 CHF pro Tag.
Alles ist sehr sauber und echt voll in Ordnung für den Preis (Wohnheim kostet 370 CHF pro Monat und wird direkt vom Gehalt abgezogen – Strom, Wasser usw. alles inklusive).
Es gibt auch noch ein anderes Wohnheim, welches etwas moderner ist und wo nur 4 Personen auf einem Flur wohnen. Dieses ist jedoch etwas weiter weg vom Krankenhaus und es kommt auch keine Putzfrau.
Im Keller gibt es 3 Waschmaschinen, 2 Trockner sowie einen großen Trockenraum, die alle kostenlos benutzt werden können. Waschmittel muss selber mitgebracht werden. Außerdem gibt es einen abschließbaren Fahrradkeller, man sollte aber trotzdem ein separates Schloss mitbringen. Auf den Zimmern gibt es außerdem einen Sat-TV Anschluss, wo man einen eigenen Fernseher anschließen kann.
Im Aufenthaltsraum gibt es auch einen Fernseher. Es gibt auch ein Musik-Zimmer mit Klavier sowie ein Bügel-Zimmer mit Bügeleisen und Bügelbrett.
Hier gibt es einen Link zum „Logierwesen“ mit weiteren Infos:
www.betriebundinfrastruktur.kssg.ch/home/hauswirtschaft___areal/logierwesen.html
Auf dem ganzen Klinikgelände gibt es kostenloses WLAN. Hier kann man sich ohne Passwort einloggen und muss danach mittels Handynummer (dort funktioniert auch eine Deutsche Handynummer) ein Passwort anfordern und kann sofort lossurfen. Funktioniert problemlos, man hat wirklich auf dem gesamtem Gelände Empfang. Das heißt in den Zimmer, Keller, Stationen usw. Das Internet ist sehr schnell, man kann also ohne Probleme Skypen, FaceTimen etc.
Zum Handy: Da das Internet so gut ist, braucht man eigentlich keine Schweizer Handynummer. Bei manchen deutschen Anbietern kann man für ca. 5 € monatlich eine Auslandsoption dazubuchen.
Gehalt: Man bekommt nach Abzug des Wohnheims ziemlich genau 670 CHF und zusätzlich zum Ausgleich der Dienste 50 CHF Essensgutscheine pro Monat. Das Gehalt kann man mittels IBAN auch ohne Probleme auf ein deutsches Konto überweisen lassen – manche Banken fordern einen geringen Betrag an Gebühren, für 4 Monate lohnt sich aber kaum der Aufwand ein Schweizer Konto zu eröffnen und danach wieder aufzulösen.
Das Essen in der Kantine ist gut, kostet jedoch zwischen 8 und 10 CHF pro Essen.
Was man auch auf jeden Fall mitnehmen sollte: Steckdosen-Adapter sowie 2-3 Doppelsteckdosen für Laptop, Handy usw.
Zum Arbeiten: Dienstzeiten normalerweise Montag bis Freitag ab 07.30 Uhr.
Los geht es morgens mit der Morgenbesprechung (Rapport). Dort werden die Notfälle und OPs aus der Nacht vorgestellt und ab und zu gibt es Vorträge für alle Ärzte (und natürlich auch Studenten) der Abteilung.
Danach bis ca. 08.15 Uhr Frühstücken in der Cafeteria, danach gehen die OPs los (falls man eingeteilt ist) bzw. auf Station die Visite.
Im OP hält man hauptsächlich Haken. Ab und zu darf man auch mal die Kamera halten, Saugen etc. Hautnähte in ca. 25 % der Fälle. Hier wird sehr viel Intrakutan genäht. Ob man im OP eingeteilt ist erfährt man am Tag davor wenn der vorläufige OP-Plan per Mail kommt.
Auf Station geht man bei den Visiten mit, erstellt teilweise Verlaufseinträge am Laptop, übernimmt auch eigene Patienten inkl. Untersuchung etc. Immer mit Hilfe und Unterstützung des Arztes. Nach der Visite bereiten Unterassistenten die Eintritte (Aufnahmen) vor, manchmal ist auch ein Aufnahmestatus nötig falls dieser noch nicht prästationär angefertigt wurde. Danach stellt man dem Arzt diese Eintritte vor und muss im Nachmittagsrapport um 15.05 Uhr die OPs der Station für den nächsten Tag vorstellen. Außerdem schreibt man auch Briefe oder darf auch mal VAC-Verbände wechseln oder Thoraxdrainagen ziehen. Blutabnehmen oder Zugänge legen ist hier Aufgabe der Schwestern.
Es gibt es 4 Stationen. 4 & 5 sind in Ost und West aufgeteilt. 9 Ist halb-privat und 11 ist privat. Auf allen Stationen sind alle Patienten gemischt. Also Gefäß-, Thorax-, und Visceral. Die 3 Abteilungen sind mittlerweile getrennt, laufen aber trotzdem unter dem „Hauptdach Chirurgie“ und man ist für alle 3 Abteilungen zusammen tätig.
Mittagessen geht man meistens mit allen zusammen. Im OP gibt es kostenlos Suppe und Brötchen.
Dienstende ist manchmal schon direkt nach dem Rapport (also ca. 15.30 Uhr), selten auch mal erst gegen 17.30 Uhr etc.
2x die Woche (meist montags und dienstags) ist Fortbildung von einer Oberärztin oder fortgeschrittenen Assistenzärzten. Dann ist man manchmal auch erst gegen 18 Uhr raus. Leider fällt die Fortbildung immer mal wieder aus, weil die Ärzte im OP sind oder es vergessen haben.
Ca. 4 mal im Monat hat man „Picket Dienst“, also Rufdienst. Der Ist werktags von 17 Uhr bis 8 Uhr. Am Wochenende 24h von 9 Uhr bis 9 Uhr. Dafür hat man den Tag danach frei. Manchmal wird man gar nicht angepiepst, dafür aber auch selten mal 3-4x pro Nacht. Das Dienstsystem ist eigentlich recht gut durchdacht. Änderungen am Dienstplan können mit einem Oberarzt (Dr. Walter Kolb) meist problemlos umgesetzt werden. Für 4 Monate bekommt man 7 Urlaubstage. Wer weniger als 3 Monate arbeitet bekommt keine Urlaubstage. Die Urlaubstage werden nicht auf den deutschen Urlaub angerechnet. Den deutschen Urlaub kann man dafür aber auch nicht in der Schweiz nehmen. Über Weihnachten gab es eine sehr nette Lösung für uns: Nur an bestimmten Tagen musste ein Dienst durch UHUs (also Unterassistenten) besetzt werden. Der Rest wurde durch Ärzte besetzt, sodass fast alle zumindest über Weihnachten oder halt Silvester freihatten, manche sogar die ganze Zeit über – und das ohne Urlaub nehmen zu müssen. Jeweils eine Woche ist man auch in der zentralen Notaufnahme sowie im „Ambi“, also der prästationären Patientenaufnahme eingeteilt.
Sonstiges:
- Direkt auf dem Klinikgelände gibt es einen Geldautomat, wo man Schweizer Franken abholen kann.
- Jeder PJler bekommt eigene Zugangsdaten für die Computer etc. sowie eine eigene E-Mail Adresse, die man auch von zu Hause abrufen kann.
- Es sind im Winter ca. 15 PJler gleichzeitig da, im Sommer wohl auch weniger. Man überarbeitet sich also nicht.
- Einkaufen kann man z.B. am „Silberturm“, das ist ca. 5 min zu Fuß. Die Preise sind, wie alles in der Schweiz, natürlich höher als in Deutschland. Aber „normale“ Lebensmittel sind kaum teurer. Besonders teuer sind Dienstleistungen (z.B. Friseure) und Restaurants.
- Hier ist ein Lageplan: Das große Wohnheim ist in Haus 55 & 56, die Chirurgie in Haus 03:
http://www.kssg.ch/content/applikationen/bausteine/portal_kssg/Anreise_St_Gallen/_jcr_content/Par/downloadlist/DownloadListPar/download_0.ocFile/Arealplan_SG_2014.pdf
Noch ein paar Worte zur Freizeit:
- Jeden Donnerstag gibt es einen sog. „kleinen Freitag“, organisiert von den Assistenzärzten. Dann treffen sich die Ärzte und Unterassistenten zum Bier trinken auf dem Dach vom Krankenhaus. Das ist immer ganz witzig.
- Ansonsten kann man hier sehr gut joggen gehen. Wer gerne etwas „Hügeltraining“ macht sollte zu den „3 Weihern“ laufen. Von dort kann man bis zum Bodensee schauen und die Landschaft, besonders oberhalb der Weiher ist super schön! Ab Dezember war bei uns durchgehend alles voll Schnee.
- Die Clubs (Trischli, Elephant etc.) sind sehr teuer aber ganz cool – Eintritt ab ca. 15-20 CHF.
- Über den Unisport gibt es ein super gutes Fitnessstudio. Man kann am kompletten Unisportprogramm teilnehmen, muss dafür aber eine Gastgebühr von ca. 50 CHF pro Semester zahlen. Die Uni ist ca. 15 Minuten zu Fuß weg.
- Last but not least: Ski fahren. In St. Gallen selber gibt es kein Skigebiet, aber man kann von dort aus sehr viele Skigebiete (sowohl in Österreich als auch Schweiz) in kurzer Zeit erreichen. Die Saison startet zuerst in Davos, dann machen die anderen großen Skigebiete wie St. Anton, Ischgl usw. auf. Auch super für Tagestouren sind Flumserberg, Toggenburg und Damüls. Für die Schweizer Gebiete lohnt sich eine Autobahnvignette. Je nachdem wo man nach Österreich fährt braucht man auch eine Vignette für deren Autobahnen. Es finden sich meistens mehrere UHUs die mit Skifahren wollen. Falls vorhanden sollte man natürlich eigene Ski mitbringen, da besonders der Verleih für einen Tag teuer ist. Wir waren ca. an 3 von 4 Wochenenden im Monat Ski fahren. Online findet man auch immer wieder günstige Angebote mit Übernachtung. Das lohnt sich besonders in den großen Gebieten wie St. Anton.
Generell war es ein super Tertial, was ich jedem empfehlen würde.
Als Assistenzarzt würde ich jedoch nicht hier anfangen, da man im Vergleich zu Deutschland definitiv viel mehr arbeitet und besonders am Anfang sehr wenig im OP ist.