Zunächst zum formalen Setting: Die Neurologie des Bezirksklinikums Regensburg hat zwei Träger, die Medbo (Bezirksklinikum) sowie die Universität. Zur Folge hat das, dass man im PJ hier zeitgemäße universitäre Neurologie erleben kann, jedoch gleichzeitig die persönliche Atmosphäre einer Bezirksklinik hat.
Es gibt verschiedene Rotationsstellen, die unter den PJlern selbstverwaltend verteilt werden. Hausintern sind dies: Normalstation, Stroke Unit, Intensivstation, Poliklinik. Fakultativ können besucht werden: Neurochirurgie, Neurologische Rehabilitation, Neuroradiologie.
Aus meiner Sicht empfehlenswerte Rotationsdauern: Normalstation 4-6 Wochen, Poliklinik 4-6 Wochen, Stroke Unit 2-4 Wochen, ITS 1-2 Wochen, Neurologische Rehabilitation 2-4 Wochen.
Positiv:
-Man wird in der Poliklinik bestens für den assistenzärztlichen Alltag gerüstet! Eine riesige Stärke der Ausbildung hier. Die Angst vor der ärztlichen Tätigkeit ist nach dem Tertial erheblich geringer als vorher. In der Poliklinik wird man langsam an die ärztliche Arbeit herangeführt, sieht schließlich selbständig Patienten und arbeitet - wie die Assistenten - direkt dem Oberarzt zu. Das Patientenkollektiv ist oft nicht leicht, man lernt auch, mit fordernden Patienten produktiv umzugehen. Liquorpunktionen können nach Einarbeitungszeit selbständig durchgeführt werden. Es gilt: alles kann, nichts muss. Die Verantwortung liegt bei alledem aber immer bei einem approbierten Arzt.
-Auf der Stroke Unit kann man als PJler selbständig den stationären Aufenthalt planen: die Visitebögen vorbereiten, das Procedere (ärztlich supervidiert) planen, Briefe schreiben, Visite führen und viel klinisch untersuchen.
-Die Intensivstation ist eine Intensivstation. Man muss die Arbeitsatmosphäre mögen - wenn man es mag, kann man hier Einblicke gewinnen.
-Auf Normalstation sind die Fälle meist komplex. Neurologiecracks werden hier ihre Freude dran haben; ansonsten schreibt man hier Briefe, lernt auch seltene Krankheitsbilder kennen, dokumentiert Visite, macht Liquorpunktionen (viele!) und kommt in die stationären Abläufe rein. Bei passender personellen Situation kann man als PJler auch unter Supervision einige Zimmer visitieren.
-Die Elektrophysiologie ist eine sehr professionelle Einheit, bestens geführt von einem Großmeister der Elektrophysiologie; wer sich hierfür interessiert, kann die Chance nutzen, solide Grundlagen der EMG und ENG zu erwerben.
-Die Neurologische Rehabilitation ist eine große der Medbo angegliederte Klinik und ein echter "Geheimtipp" für das PJ; nur wenige Studenten wählen bislang diese Rotation. Man gewinnt hier Einblicke in eine sehr komplexe und multifaktorielle Medizin, die in ihrem tiefen Vertrauen in Neuroplastizität eine enorme Zukunftsfähigkeit an den Tag legt; der Arzt ist hier "primus inter pares", sozusagen der Kapitän in einem Team von diversen Funktionstherapeuten, die sich hervorragend auskennen. Wer mit der Weißkittelzentriertheit der Medizin nicht viel anfangen kann, und ein teambasierteres Behandlungskonzept kennenlernen will, dem sei ein 2-4wöchiger Aufenthalt wärmstens ans Herz gelegt. Der Arbeitsstress ist zugleich - dem Vorurteil gehorchend - eher gering, man hat jedoch als Arzt genug Arbeit, wenn man sich dem Patienten und seinen Zielen freiwillig intensiv widmen will.
Negativ:
-Der Studentenunterricht ist leider sehr zentralisiert auf etwa 2-3 Oberärzte. Er findet regelmäßig statt, aber verpasst leider die Chance, die große Vielfalt neurologischer Perspektiven aufzuzeigen und wirklich für die Neurologie zu begeistern. Empfehlen würde ich einen Unterricht (2x/Woche) für alle PJler in enger Kooperation mit allen "neurozentrischen Fächern" am Medbo-Campus (Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologische Rehabilitation), bei dem nicht nur Oberärzte, sondern auch Assistenzärzte, ggf. Doktoranden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Pfleger, MTAs und Neuropsychologen Seminarthemen anbieten können. Es gibt in den Funktionsbereichen der Klinik eine riesige Kompetenz, die jedoch den PJlern leider nicht vermittel wird.
Alles in allem ist es kein Tertial zum bloßen Zugucken, sondern man wird ins Team eingebunden - mit der damit verbundenen Arbeit, aber auch der daraus wachsenden Erfahrung. Überstunden sind jedoch eine Seltenheit, und das Anforderungsniveau schlägt so gut wie nie in Überforderung um.