Ich habe mein chirurgisches Tertial in Lüneburg gemacht und kann dieses sehr empfehlen.
Grundsätzlich ist die gesamte Organisation des PJ vorbildlich: man erhält vorab per Mail viele wichtige Infos, am ersten Tag gibt es eine große Begrüßungsrunde mit Vertretern aus allen Abteilungen, in der ersten Woche erhält man eine ausführliche IT-Schulung und in der Personalabteilung gibt es eine feste Ansprechpartnerin für sämtliche Fragen, Sorgen und Nöte während des Tertials. Der Bezug des Wohnheims und das Leihen eines Fahrrads klappte ebenfalls problemlos.
Ich sehe meine Zukunft eher nicht in der Chirurgie, hatte aber trotzdem eine schöne Zeit bei den Unfall- und Allgemeinchirurgen. Bei den Unfallchirurgen wurde man regelmäßig als 2., gelegentlich auch als 1. Assistenz eingeteilt. Auch wenn in vielen Operationen die Hauptaufgabe im Hakenhalten bestand, war die Atmosphäre im Saal überwiegend freundlich und gelassen. Die Operationsschritte wurden erklärt, Fragen wurden beantwortet. Auch wenn man nicht für Operationen eingeteilt wurde, war man im OP jederzeit willkommen. Auf Station war das Aufgabenspektrum für PJler eher mager: Visiten dokumentieren, gelegentlich einen Zugang legen, Briefe schreiben, aber auch hier alles in netter Atmosphäre. Jede Hilfe war sehr willkommen.
Bei den Allgemeinchirurgen wurde man ebenfalls viel im OP als 1. oder 2. Assistenz eingeteilt, auch wenn dies für die OP an sich oft gar nicht von Nöten gewesen wäre. Dafür wurden die Eingriffe umso ausführlicher erklärt und man wurde bei Bedarf und Eigeninitiative mit Halten/Saugen/Schneiden/Nähen eingebunden. Insgesamt ein prima Konzept, so hab ich fast alle wesentlichen Eingriffe von Whipple über Schilddrüse bis Galle erlebt. Auch bei den Allgemeinchirurgen war man darüberhinaus im OP jederzeit willkommen. Auf Station gab es ebenfalls eher wenig zu tun.
Sicherlich der spannenste Teil des Tertials war die Zeit in der chirurgischen Notaufnahme. Hier konnte man immer viel eigenständig machen: Patienten aufnehmen, Befunde übergeben, weitere Untersuchungen abstimmen, Frakturen reponieren, schallen, Schockräume begleiten...es war eigentlich immer viel los und das Patientenspektrum war sehr abwechslungsreich. In Lüneburg steppt der Traumabär!
Das Unterrichtsangebot ist sehr üppig, der Unterricht selber insgesamt gut. Grundsätzlich herrscht eine sehr wertschätzende Atmosphäre den PJlern gegenüber, mehrtägige Hospitationen in anderen Abteilungen sind auch willkommen und können ziemlich problemlos organisiert werden.
Man chippt sich im Krankenhaus ein und aus, dadurch ist die Anwesenheit sehr transparent und fair geregelt. Einerseits kann man nicht einfach so mal früher nach Hause gehen (Regelarbeitszeit pro Tag 7,7 Stunden), andererseits kann man insbesondere in der Chirurgie gut Überstunden sammeln und diese dann in freien Tagen abbummeln.
Das wohl beste am PJ in Lüneburg ist aber der soziale Aspekt. Es gibt immer viele PJler im gesamten Krankenhaus, durch den vielen Unterricht verbringt man viel Zeit während der Arbeit gemeinsam und der Großteil der PJler kommt im fantastischen Wohnheim unter. Hier hat man alles, was man braucht und kann eine tolle Zeit gemeinsam verbringen. Wir hatten sehr viel Spaß zusammen, haben viel unternommen, gegrillt, gebadet, auf der Terasse rumgehangen, Musik und Sport gemacht...es lohnt sich also definitiv, viel Zeit im wirklich schönen Lüneburg zu verbringen und nicht immer nach Hamburg zu pendeln:)