Das Chirurgie-Tertial am Krankenhaus Weilheim war wirklich eine schöne Zeit. Auch als Student, der nicht später in der Chirurgie tätig sein möchte, ist es auf jeden Fall lohnenswert. Es erfolgt eine Monatsrotation über die vier Bereiche (Allgemein-, Gefäß-, Unfallchirurgie, Notaufnahme).
Allgemeinchirurgie:
Ein kleines, aber durchaus cooles Team, welches primär in dem Haus die Standard-OP's des Faches durchführt. Am Ende des Monats hatte ich wirklich einen schönen Überblick über die Hernien-OP's, Appendizitiden und entzündeten Gallenblasen. Darüber hinaus finden auch Entfernungen von Darmabschnitten statt, z.B. die Sigmaresektion nach Hartmann. Seltener werden auch Schilddrüsen-OP's durchgeführt. In dieser Abteilung war ich praktisch täglich im OP und durfte durch das gewonnene Vertrauen auch zunehmend aktiv durchführen. Auf der Station möchte ich noch die Kontroll-SONO's positiv herausheben, die standardmäßig z.B. bei den Gallen durchgeführt werden. Desweiteren gibt es die proktologische Sprechstunde am Donnerstag, an der man bei Interesse ebenso teilnehmen kann.
Gefäßchirurgie:
Dieses Team ist durch verschiedenste teils auch spezielle Charaktere geprägt, was aber den Charme ausmacht. Der Chef dieser Abteilung ist sehr um das eigene Personal bemüht, wodurch sehr flache Hierarchien im Team herrschen. Durch die gute Besetzung der Assistenzärte war ich leider weniger operativ tätig, habe mich zugegebenermaßen aber auch nicht übermäßig darum gerungen. Wenn man nach den Blutentnahmen viel Präsenz im OP zeigt, wird man wahrscheinlich schon mehr machen können!
Unfallchirurgie:
Hier hatte ich das Glück, dass einige im Sommerurlaub waren. Nachdem ich mehrmals im OP nach dem Beherrschen von Handknoten gefragt wurde, habe ich mich tatsächlich darum bemüht, diese zumindest in irgendeiner Form zu praktizieren. Dies wurde anscheinend als "motivierter PJler" eingestuft, weshalb ich doch recht regelmäßig an den OP's teilnehmen konnte. Gerade zum Ende wurde mir diese Abteilung sehr schmackhaft gemacht, da ich selbst unter Anleitung von Oberärzten Eingriffe durchführen durfte (z.B. eine Mako-Knie-TEP oder einen Gamma-Nagel). Der Ton in der Abteilung ist schon etwas direkter, was schon typisch für den Fachbereich ist, womit ich aber zum Glück keine Probleme hatte. Auf Station durfte ich recht flott sehr viele Aufgaben übernehmen, was nicht zuletzt an dem vergleichsweise gut ausgefeilten System liegt. Es sind Standard-Briefe für sämtliche Erkrankungen und Eingriffe vorhanden, sodass ich frei für mich Arztbriefe schreiben durfte. Zudem konnte ich Aufnahmen durchführen und in das System einlesen. Sobald man in dieser Richtung Motivation zeigt, wird man hier ordentlich gefördert. Sprechstunden gibt es Montags und Mittwochs insb. für TEP's und Freitags für die Handchirurgie, jeweils von unterschiedlichen Oberärzten.
Notaufnahme:
Hier hatte ich das Glück, dass sich zu meinem Zeitpunkt lediglich zwei Assistenzärzte hier befanden. Die Notaufnahme ist grundsätzlich nur durch Assistenzärzte geführt, was den PJlern umso mehr Aufgaben und Kompetenzen erlaubt. Hier bin ich die ersten 2-3 Tage mitgelaufen und durfte zunehmend verschiedene Aspekte übernehmen (Anamnese, Untersuchung, Dokumentation, Anordnung etc.). Anschließend haben sie mir das Vertrauen zur eigenständigen Arbeit gegeben, am Ende musste natürlich kurz der Fall in Form des Arztbriefes zusammengefasst und von ihnen abgesegnet werden. Den Großteil der Fälle durfte ich also in voller Eigenverantwortung durchführen, natürlich aber erst nach dem Erhalt des Vertrauens. Bei größeren Geschichten habe ich sie entweder zur Hilfe geholt, mit ihnen den Fall kurz besprochen oder gleich einen Oberarzt angerufen. Zudem durfte ich verschiedenste Wunden nähen und auch größere Abszesse bzw. Atherome ausräumen und versorgen. Mir persönlich hat dieser Monat am besten gefallen, weil man wirklich Arbeit abnehmen konnte und gemerkt hat, wie schnell man doch Verantwortung übernehmen kann. Zudem durfte ich wirklich viel lernen und mitnehmen, falls ich doch mal z.B. vor einer offenen Wunde stehen sollte.
Tagesablauf:
Morgens um 7:30 Uhr ist die Frühbesprechung für die gesamte chirurgische Abteilung. Dort werden Röntgenbilder durchgesprochen, wohl bemerkt ohne der Präsenz von Radiologen. Sämtliche Röntgenbilder werden von der Chirurgie befundet, nur bei Unklarheiten werden die Radiologen zurate gezogen. Das hat auch innerhalb dieses Tertials ungemein dafür gesorgt, sicherer in der Befundung zu werden. Anschließend findet die morgendliche Visite im jeweiligen Fachbereich statt, in der Notaufnahme geht's natürlich direkt mit den Fällen los. Die Visiten sind je nach Abteilung unterschiedlich intensiv, am extremsten ist es natürlich in der Gefäßchirurgie. Anschließend haben wir PJ'ler untereinander ausgemacht, dass wir die Blutentnahmen machen. Diese sind auf drei Stationen zu bewältigen, auf der unfallchirurgischen Station gibt es einen extra Abnahmedienst. Dieser meldet sich, sofern etwas nicht geklappt haben sollte. Danach ist der Tagesablauf individuell. Man kann auf Station bleiben, in den OP oder in die Sprechstunde gehen oder ggf. in der Notaufnahme aushelfen. Es kann natürlich auch passieren, dass man direkt nach der Frühbesprechung in den OP gerufen wird, dann haben die anderen PJ's die Blutabnahmen übernommen. Es war also ein kollegiales Nehmen & Geben, was in meinen Augen sehr gut funktioniert hat. Mittags von 12:30-14:00 Uhr gibt es Mittagessen, welches man kostenlos durch Essens-Chips erwerben kann. Leider gibt es immer nur ein warmes Gericht, welches aus Schongau gebracht wird und meistens fleischhaltig ist. Alternativ kann man mit dem Chip auch Brötchen oder Salate erwerben, jedoch keine Getränke. Da empfehle ich, einfach das Wasser von Station mit herunter zu nehmen. Um 15:30 Uhr ist die Nachmittagsbesprechung, wo die Aufnahmen und Röntgenbilder noch flott durchgesprochen werden. Anschließend darf man i.d.R. gehen, in der Notaufnahme war ich meist durch eigene Patienten doch noch etwas länger. Wenn mal gar nichts zu tun ist, kann man durchaus auch in Absprache früher gehen.
Sonstiges:
Was mein Hauptkritikpunkt an diesem Tertial ist, war leider die Lehre. Nur ein Oberarzt hat innerhalb unseres Tertials 3-4 Seminare ganz kurzfristig bei gegebener Zeit & Motivation durchgeführt, ansonsten war es doch recht dürr. Wöchentlich fanden jedoch internistische Seminare in Form von EKG-Kurs oder Fallbesprechungen statt, zudem gab es auch jeden Freitag einen SONO-Kurs. Dort war man auch immer herzlich eingeladen, sofern es sich natürlich zeitlich ausging. Somit durfte ich in dieser Zeit aus der Inneren sehr viel Theorie mitnehmen, in der Chirurgie war es doch deutlich weniger. Wenn ihr also auf Seminare in eurem Fachbereich schwört, kann ich leider diese Klinik nicht empfehlen. Dennoch möchte ich anmerken, dass mir das Arbeiten hier tatsächlich viel Freude bereitet hat und sie es mir doch gut schmackhaft gemacht haben, obwohl ich eigentlich nichts Chirurgisches in Zukunft machen wollte.
Auf Anfrage gibt es auch Wohnmöglichkeiten in der Kanalstraße, etwa 15 Minuten zu Fuß von der Klinik entfernt. Hier hat auch mein Mit-PJ'ler gewohnt und es war durchaus konfortabel. Etwa 20 m², Südbalkon, eigener Küche und Bad (mit Wanne) sowie Möglichkeiten zu Waschen. Auch wenn ich nicht viel in meiner Wohnung war, hat es mir doch von den Gegebenheiten gut gefallen. Bettwäsche habe ich mir einfach aus der Klinik mitgenommen, das hat auch gut funktioniert.
Die Umgebung ist traumhaft, gerade im Sommer darf hier das Radl nicht vergessen werden. Seen gibt es in der Umgebung ohne Ende und sie sind wirklich alle sehr empfehlenswert! Ansonsten sind die Alpen 30-45 Minuten mit dem Auto entfernt, die auch genügend Angebot an Outdoorsport bieten.
Insgesamt kann ich also die Klinik sehr weiterempfehlen. Bis auf den Fakt der fehlenden Seminare ist mir das Ganze Team der Chirurgie dieses kleinen Krankenhauses sehr ans Herz gewachsen. Bei Fragen könnt ihr mich selbstverständlich kontaktieren.