Unterkunft
Wenn man vor Arbeitsantritt noch keine Ansprechperson in Kathmandu hat, würde ich durchaus empfehlen, sich schon frühzeitig um eine Unterkunft zu kümmern, weil es immerhin eine Woche dauerte, bis wir eine in Kathmandu fanden. Hostels gibt es jedoch recht viele hier in Kathmandu auch zu günstigen Preisen. Ich denke, dass man im Zweifel auch recht kurzfristig ein Bett in einem der Schlafsäle dort buchen könnte.
Praktikum
Die acht Wochen Praktikum in der General Surgery des staatlichen Krankenhauses waren für mich auf mehreren Ebenen lehrreich. Da das TUTH die zentrale Instanz der medizinischen Versorgung des ganzen Landes ist, gab es eine unheimliche Bandbreite von Krankheitsbildern und chirurgischen Prozeduren zu sehen. Das Medizinstudium wird hier auf Englisch absolviert, daher waren mir viele vom Personal und Studierende im Medical English überlegen. Wenn auch mit einem Akzent, in den man sich erst reinhören muss. Alltagsenglisch ist in Nepal insgesamt wiederrum etwas weniger verbreitet, aber gerade unter den Studierenden fand man immer wieder jemanden, mit dem man sich gut über die Unterschiede in der medizinischen Versorgung zwischen Deutschland und Nepal (hierfür interessierten sich die Nepales*innen auch sehr) oder auch sonst über alles Mögliche austauschen konnte. Bei der Visite und in den Ambulanzen wurde allerdings leider zumeist Nepali gesprochen, da die Patient*innen ihre Beschwerden nachvollziehbarerweise in ihrer Landessprache vortrugen. Hier darf man also nicht zu schüchtern sein, mitlaufende Studierende zu befragen oder auch einen Blick in die auf Englisch durchgeführte Dokumentation der Befunde zu werfen. Im OP und auf der Intensivstation herrschte ein wirklich hoher Standard. Es wurde steril gearbeitet und technisch anspruchsvoll operiert, sodass ich in diesen Bereichen von der Geringfügigkeit der Unterschiede zur deutschen Versorgung überrascht war. Hierzu muss man aber sicher sagen, dass das Verständnis von Hygiene schon anders war als bei uns und entsprechend der Abstand, der sterilen Bereichen oder eingewaschenem Personal gegenüber einzuhalten war, geringer war. Dies führte wiederum dazu, dass man immer einen guten Blick auf Situs und OP-Technik erhaschen konnte. Außerdem herrschte meinem Empfinden nach eine wesentlich angenehmere Atmosphäre im OP und auf Station als ich es aus Deutschland kannte, sodass ich dort wirklich viel sehen und lernen konnte. In den ersten Wochen hieß das für mich vor allem Observieren, aber spätestens während meines Einsatzes in der Unit von Dr. Dinesh Koirala, einem der Oberärzte, gegen Ende meines Praktikums durfte ich auch eingewaschen direkt an den Patient*innen aktiv werden. Auch auf Station konnte ich zunehmend bei Verbandswechseln und in der Ambulanz bei Untersuchungen und dem Ausfüllen von Formularen helfen. In Nepal ist die Arbeitswoche sechs Tage lang und nur der Samstag ist frei; ausgleichsweise darf man aber ab und an einen freien Tag nehmen, zum Beispiel für einen Trip nach Pokhara oder zum Chitwan-Nationalpark. Arbeitsbeginn war um 8:30 Uhr mit der auf Englisch abgehaltenen Morning Conference (Fallvorstellungen und fachliche Vorträge) und Dienstende flexibel, aber offiziell um 16 Uhr. Man muss sich jeden Tag im NCHPE in ein Anwesenheitsbuch eintragen. Unterschiede zur Arbeit in deutschen Krankenhäusern resultierten meiner Meinung nach vorwiegend aus dem gesundheitspolitischen Zustand Nepals sowie den ökonomischen und soziokulturellen Situationen der Patient*innen selbst. In Nepal gibt es kein funktionierendes Sozialversicherungssystem, die bestehenden Versicherungen sind äußerst profitorientiert und für die meisten Menschen hier nicht bezahlbar. Dies führt letztendlich dazu, dass Erkrankte hier sehr spät und mit entsprechend fortgeschrittenen Krankheitsbildern und pathologischen Zuständen ärztliche Versorgung aufsuchen. Insofern war es wirklich beeindruckend, wie das medizinische Personal hier das Beste aus diesen oftmals prekären Umständen machte und die Patient*innen so gut es ging versorgte. Das Besorgen von OP-Besteck, Verbandsmaterialen und Medikamenten sowie die Grundpflege der Patient*innen war entsprechend der faktisch fehlenden Krankenversicherung Aufgabe der Angehörigen. Letztere waren nicht zuletzt aus diesem Grund in großen Massen sowohl auf Station als auch in den Ambulanzen zu finden, während sie für ihre erkrankten Angehörigen sorgten. Soziokulturell ist das hier auch ganz normal: ist ein Familienmitglied krank, ist es selbstverständlich, nicht zur Arbeit zu gehen und sich Tag und Nacht um dieses zu kümmern, bis es wieder gesund ist – ein beeindruckender Zusammenhalt. Als Gast wird man außerdem von den meisten nepalesischen Menschen wirklich verwöhnt: alle sind sehr höflich und extrem gastfreundlich und auch wenn das Einkommen (Residents verdienen hier bspw. 500 US-Dollar im Monat, bei durchschnittlichen Mietkosten in Kathmandu von 200 US-Dollar) hier sehr gering ist, muss man sich darauf gefasst machen, dass bspw. das Mittagessen für einen gezahlt wird – ob man will oder nicht. Insofern habe ich in diesem halben PJ-Tertial im TUTH in Kathmandu fachlich chirurgisch, gesundheitspolitisch und kulturell wirklich unheimlich viel gelernt, was ich mit mir für meine Arbeit in deutsche Krankenhäuser mitnehmen und bedenken möchte!
Freizeit
Wie oben beschrieben erschwerte die in Nepal übliche 6-Tagewoche das Besichtigen des Landes. Den Menschen hier ist aber allen klar, dass dies im globalen Norden anders ist. Vor allem aber lieben sie ihr Land und ihre Natur und wollen dies gerne mit anderen Menschen teilen. Daher war es problemlos möglich, nach Absprache Zeit eingeräumt zu bekommen, um Orte wie Pokhara, den Chitwan Nationalpark oder den Poon Hill zu erkunden. Diese Orte sind am besten mit Tourist Buses zu erreichen, die Local Buses sind oft in schlechtem Zustand und überfüllt. Da aber auch Kathmandu schon sehr vieles zu bieten hat, ließen sich auch die freien Abende immer gut zum Sightseeing oder bspw. für eine Streetfood-Tour nutzen. Das Nationalgericht Dal Bhat ist zwar sehr lecker und sollte in seinen vielen Varianten sicher nicht nur einmal probiert werden, es gibt aber auch noch diverse andere Delikatessen in Kathmandu zu genießen.
Für die Fortbewegung durch das Verkehrschaos in Kathmandu kommen am ehesten Busse, Taxen (hierfür empfehle ich die App „Pathao“ mit festgelegten Preisen) oder die eigenen Füße in Frage. Selbst Auto oder Motorroller zu fahren, halte ich und auch das Auswärtige Amt für sehr gefährlich. Nicht zuletzt, weil ich zahlreiche Unfallopfer im Krankenhaus gesehen habe.
Kosten
Für die Flüge zahlten wir jeweils etwa 700€ pro Person und Flug. Eine Übernachtung lag im Schnitt bei 5€ pro Person. Die Visumsgebühren betrugen 90€ pro Monat, die Studien- sowie Verwaltungsgebühr für zwei Monate betrug etwa 450€. Street Food kostete etwa 0.5 – 3 €.
Fazit
Die Zeit im schönen bunten Nepal war für mich sehr bereichernd. Die Krankenversorgung mit dem hohen Standard wie im TUTH in einem der ärmsten Länder der Welt mit entsprechend armen Patient*innen kennenzulernen, wird mich und mein Arbeiten als Arzt sicher prägen. Das Leben in einer asiatischen Großstadt mit lästigem Lärm, Smog und Müll auf der einen Seite sowie beeindruckenden Tempeln, religiösen Ritualen und leckerem Streetfood auf der anderen Seite, konnte ich am Ende durchaus sehr genießen. Die Vielfalt der Ethnien und Religionen dieses Schmelztiegels der Kulturen zwischen China und Indien machen das Leben in Kathmandu sehr spannend. Die beeindruckende Natur Nepals mit den unzähligen Wanderwegen durch das Himalaya-Gebirge, den Hügeln rund um das Kathmandu-Tal (bei uns würde man auch sie Berge nennen) und der flachen, heißen Terai mit seinen Dschungelwäldern fasziniert hier Touristen wie Einheimische. Darüber hinaus lohnt sich eine Reise nach Nepal allein wegen der Menschen. Mit ihrer herzlichen Art und der enormen Gastfreundschaft fällt es sehr leicht, sich schnell in dieser vielfältigen bunten Welt mit all ihren religiösen Traditionen zurechtzufinden.
Bewerbung
Etwa 14 Monate vor Tertialbeginn bewarb ich mich mit Lebenslauf und Motivationsschreiben beim TUTH über die E-Mail-Adresse nchpe_elective@yahoo.com. Kurze Zeit später bekam ich bereits eine Antwort von dem sehr hilfsbereiten Mitarbeiter des für die Electives zuständigen Mitarbeiter des National Centre of Health Professions Education (NCHPE, eine Art International Office), Herrn Pradip Kumar Shrestha. Da zwischen Eingangsbestätigung der Unterlagen und Zusage für das halbe PJ-Tertial bei mir zwei Monate lagen, sollte man nicht zu schnell verzagen, wenn mal nicht so zügig eine Antwort kommt und im Zweifel lieber eine Mail zu viel als eine zu wenig an Herrn Shrestha schicken. Auch vor Ort konnte man sich immer an ihn wenden, er half einem dabei, die richtigen Räumlichkeiten zu finden, stellte mithilfe eines mitgebrachten Passbildes den Studierendenausweis aus und auch die Studiengebühren waren bei ihm zu entrichten. Flugtickets buchten wir ein halbes Jahr vor Tertialbeginn. Am Flughafen erhielten wir ein „Visa on Arrival“, für das man seinen Reisepass und ein Passbild brauchte. Passbilder würde ich insgesamt sicherheitshalber mehrere einpacken, da man bspw. auch eins für das Kaufen einer SIM-Karte benötigt. Kleidung, Sonnencreme, Kamera, Powerbanks, Wasserdesinfektion, Reiseapotheke, Händedesinfektionsmittel und Einmalhandschuhe brachte ich in meinem Gepäck mit. OP-Schlappen kaufte ich mir hier und Kasak sowie einen weißen Kittel besorgte ich mir maßgeschneidert bei einem der vielen Schneider in der Nähe des Krankenhauses zu günstigen Preisen.