Da Lüdenscheid ein recht große Haus ist, ist auch das operative Spektrum sehr vielfältig (außer Neuro- und Herzchirurgie eigentlich jedes operative Fach). Als PJlerIn kann man daher wirklich viele operative Fachrichtungen aus anästhesiologischer Sicht erleben. Es gibt im zentral OP 10 Sääle und zusätzlich noch ein paar ausgelagerte. Als PJlerIn ist man aber eigentlich die ganze Zeit im zentral OP. Hier kann man im Prinzip alles machen, man muss aber nicht, wenn man nicht möchte. Intubieren und Arterie legen sowieso, ZVK auch hin und wieder. Theoretisch wohl auch mal spinale oder Blöcke, dazu hatte ich allerdings keine Gelegenheit. Einen Monat seines Anästhesietertials verbringt man auf der Intensivstation und routiert hier fest mit einem/r Arzt/Ärztin mit. Ich hatte in meiner Rotation ein wenig Pech, da es einfach nicht so viel zu tun gab, aber grundsätzlich kann man hier natürlich auch ZVKs und Arterien legen. Aber auch so bekommt man hier einen guten Einblick in die Intensivmedizin.
Die Arbeitszeiten sind von 7:15-15:45Uhr. Früher gehen war bei mir nur manchmal möglich, also eher nicht die Regel (ist aber wegen den Seminaren eh egal). Die Palli Station gehört inzwischen nicht mehr zur Anästhesie, eine Rotation hierhin ist also nicht unbedingt mehr möglich. Im Rettungsdienst mitfahren ist wohl theoretisch möglich, hat bei mir aber leider nicht funktioniert. Es wäre aber vermutlich gegangen, hätte ich etwas offensiver nachgefragt.
Die eine Stunde Lernzeit die einem laut PJ Ordnung theoretisch zusteht ist an dem Krankenhaus generell nicht wirklich etabliert. Aber da die Anästhesie ja ein Fach ist, in dem generell viel Lehre stattfindet und es auch Operationsabschnitte gibt, während derer man nicht so viel zu tun hat kann man hier mit Sicherheit ein Buch schauen.
Ich denke neben der Uniklinik selber hat Lüdenscheid das größte operative Spektrum. Und obwohl es wirklich ein großes Krankenhaus ist, gibt es nur sehr wenig PJler (vermutlich einfach aufgrund der Entfernung nach Bonn). Man steht sich daher generell auf keinen Fall mit anderen PJlern auf den Füßen und gehört recht schnell zum Team und wird gut integriert. Morgens wird man meistens einem Saal zugeteilt, Saalhopping ist aber auch normalerweise kein Problem. Mir wurde sehr viel erklärt und ich habe viel gelernt.
Das OP Team ist sehr nett.
PJ Lüdenscheid Allgemein:
Lüdenscheid ist ein recht großes Haus. Abgesehen von Neurochirurgie und fancy Dingen wie Herzchirurgie etc. sind eigentlich alle Fachabteilungen vertreten. Auch seltenere Sachen wie Kinder- und Jugendpsychiatrie kann man als Wahlfach belegen.
Die Organisation fand ich sehr gut. Man bekommt direkt zu Beginn ein eigenes Telefon sowie einen IT Zugang. Zudem gibt es pro Monat 90€ Guthaben für die Mensa und bei Bedarf kann man kostenlos im Wohnheim (direkt gegenüber vom Krankenhaus) wohnen.
Die Seminare finden sehr regelmäßig statt und sind auch insgesamt gut gemacht und sehr lehrreich (meistens werden die Seminare von Ober-/ ChefärztInnen der Abteilung gehalten). ABER: Die Seminare finden jeweils Montag bis Mittwoch von 16-17:30Uhr statt. Da das ja in die Freizeit fällt, kann man sich im Ausgleich zwar alle zwei Wochen einen Tag frei nehmen, aber ich muss im Nachhinein sagen, dass ich die Seminare sehr viel lieber innerhalb der normalen Arbeitszeit gehabt hätte. Ich fand man konnte sich Nachmittags teilweise nur schwer auf die Inhalte konzentrieren und auch wenn die Arbeitszeit offiziell nur bis 15:30Uhr ging, musste man die halbe Stunde noch zusätzlich warten bis Seminarbeginn und ab 17:30Uhr ist der Tag dann auch irgendwie vorbei. Fairerweise muss man aber schon sagen, dass man (sofern man im Wohnheim wohnt) natürlich quasi keine Zeit auf Pendeln verschwendet und sich die Seminarzeit dadurch wieder etwas ausgleicht.
Wohnheim: Im Wohnheim hat jeder ein eigenes möbliertes Zimmer mit eigenem Waschbecken und kleinem Kühlschrank. Man teilt sich pro Etage zwei Badezimmer und eine Küche (Mikrowelle, Herd und Backofen vorhanden). Die Badezimmer werden täglich gereinigt und tatsächlich sind selten beide Badezimmer gleichzeitig besetzt. Zudem steht ein Waschraum mit kostenloser waschmaschinennutzung zur Verfügung.
Grundsätzlich habe ich mich in dem Wohnheim sehr wohl gefühlt. Es ist jetzt kein Luxusleben, aber für ein Jahr absolut machbar und der Arbeitsweg zum Krankenhaus ist natürlich optimal kurz.
Lüdenscheid als Stadt:
Es hält ein Bus direkt vor dem Wohnheim der einen in die Innenstadt bringt und ein Aldi ist fußläufig gut zu erreichen (5min zu Fuß). Trotzdem habe ich sehr von meinem Auto profitiert (der Mitarbeiterparkplatz ist für PJler kostenlos), da das Krankenhaus auf einem Berg gelegen ist und für die Fahrt zum Rewe oder Ausflüge ins Schwimmbad etc. war ein Auto schon von Vorteil.
Lüdenscheid kennt man als BonnerIn vermutlich hauptsächlich aus den Stau Nachrichten. Seit die Autobahnbrücke Richtung Dortmund gesperrt (und inzwischen auch gesprengt) wurde, besteht die Innenstadt quasi aus Stau. Von Bonn aus kommend ist Stau tatsächlich kein Problem, aber der Weg Richtung Ruhrgebiet (oder Richtung Stadtinneres) ist wirklich eine Katastrophe. Seit der Flut funktioniert auch die Bahnverbindung nach Lüdenscheid nicht mehr, sodass man den Schienenersatzverkehr bis Hagen nehmen muss, um von dort aus mit der Bahn irgendwohin zu kommen.
Die Stadt selber bietet eigentlich alles, was man braucht. Es gibt ein Einkaufszentrum in der Innenstadt, zwei Kinos und ein Schwimmbad. Außerdem ein McDonalds und ein Burger King. Es gibt auch mehrere Fitnesstudios und generell viele Sportvereine, die einen auch gerne nur für ein Jahr aufnehmen. Was das kulturelle Angebot angeht kann man aber Lüdenscheid natürlich nicht mit Bonn vergleichen. Für's PJ fand ich es aber völlig ok und ausreichend. Außerdem kann man in der Umgebung gut wandern gehen und es gibt viele Talsperren.