Meiner Meinung nach hängt der Erkenntnisgewinn im PJ direkt proportional von der Bereitschaft des Personals ( sowohl Ärzte in Weiterbildung als auch Ober-/Chefärztliches Personal) ab, uns PJ-Studierenden Dinge zu zeigen und zu erklären. Diese Bereitschaft sowie die Bereitschaft, der PJ-beauftragten Oberärztin und des Chefarztes, unser Feedback einzuholen und unsere Wünsche und Meinungen mit einzubeziehen, sind ziemlich außergewöhnlich. Wir hatten insgesamt 3 Gepräche mit der Oberärztin zur Planung, Halbzeitreflektion und zum Abschluss. Ihr könnt Wünsche angeben, ob ihr mehr Akutneurologie oder NFR haben wollt und das im Verlauf einfach ändern. Zudem wird man als PJler/Pjlerin hervorragend ins Team integriert. Wir waren direkt in der ersten Woche mit auf dem Sommerfest und später auch bei der Weihnachtsfeier, auf dem Weihnachtsmarkt etc.
Spannend sind auch die innovativen Fortbildungsformate Stroke United und Koma United, in der die Notfälle "durchgespielt" und anschließend debrieft werden. Diese Formate sind extrem cool und lehrreich. Zusätzlich gibt es wöchentlich Neuro PJ-Unterricht, eine Neuro-teaminterne Fortbildung, interdisziplinäre Fortbildungen der NFR und Fortbildungen der Berliner Schlaganfallallianz, an denen man auch teilnehmen kann.
Im Folgenden finden sich die einzelnen Stationen, was man dort gut lernen kann und wie ihr das meiste aus eurer Zeit dort machen könnt:)
Allgemeinneurologie (S7/S2):
Ein typischer Tag beginnt um 08:15 mit der Frühbesprechung, in der die Aufnahmen der Nacht vorgestellt werden und die Aufnahmen für den Tag geplant werden. Danach findet eine Aufteilung der Pat auf die beiden Ärztinnen in Weiterbildung statt, die sich die Station teilen. Zwischen 9 Uhr und 09:30 beginnt in der Regel die Visite, die meist ca. bis 11:30Uhr geht. Danach fallen Aufgaben wie Parkinsinscores, UPDRS, MMST/MoCA und Schellongtests an, die manchmal von studentischen Hilfskräften übernommen werden, oft aber auch durch die Pjler erledigt werden. Leider sind wir auch die Rückfallebene für Vigos/Flexülen sowie BEs, die wir nicht regelhaft übernehmen sollen, die wir aber aufgrund Personalmangels oft dennoch gemacht haben. Um 13:15Uhr findet die Röntgenbesprechung statt. Davor oder danach gehen Viele des ärztlichen Teams essen, oft auch gemeinsam mit uns und untereinander. Im weiteren Tagesverlauf fallen dann häufig noch die Lumbalpunktionen an, bevor um 15:30Uhr der Tag mit der Nachmittagsbesprechung offiziell endet. Viele der LPs finden allerdings auch erst danach statt. Hier lohnt es sich, ein wenig länger zu bleiben, dann kann man echt gut Lumbalpunktionen lernen. Das Betreuen der eigenen Patienten würde ich retrospektiv noch mehr einfordern. Aus meiner Sicht gehört zu den Tätigkeiten in gewissem Umfang auch das Schreiben von Arztbriefen, weil man dann Feedback für sich erhält, ob man einen Pat. verstanden hat. Ansonsten gilt: Fragen, Fragen, Fragen! Es gibt keine zu doofen Fragen und ich habe sehr viel dadurch gelernt. Auch das oberärztliche Personal ist sehr offen dafür, wenn ihr euch interessiert.
Stroke Unit:
Der Tag beginnt mit der Frühvisite um 07:45Uhr, danach folgt die Morgenübergabe. Der Tagesablauf ist hier abseits von den Visiten etwas loser strukturiert, weil abhängig von der Anzahl der Strokes in der ZNA sehr wenig oder sehr viel los sein kann. Vormittags finden in der Regel die Suplexsonongraphien der Hirngefäße statt, die man nach Anleitung auch im Beisein des Weiterbildungsarztes/ärztin mitschallen kann. Die Röntgenbesprechung und die Nachmittagsübergabe finden auch hier statt, danach folgt dann noch die Nachmittagsvisite bis ca. 16:15Uhr. In der Stroke Unit kann man sehr viel über das Notfallmanagement des Schlaganfalls lernen und auch mal bei einer Thrombektomie dabei sein. Um am meisten mitzunehmen, würde ich mir im Vorfeld den Amboss-Artikel zum Schlaganfall durchlesen und den NIHSS ansehen.
Neurologische Frührehabilitation:
Hier fängt der Tag um 8Uhr mit der interdisziplinären Morgenbesprechung (Pflege, Physio, Logo, Ergo, Neuropsychologie, Ärzte) an. Die Patient:innen hier haben häufig entweder größere Schlaganfälle gehabt oder CIP/CIM nach langem ITS-Aufenthalt. Dadurch treten häufig Infektkomplikationen auf, die durch das ärztliche Team gemanagt werden müssen. Zudem spielen hier Trachealkanülen, Schluckstörungen und höhergradige Paresen eine wichtige Rolle im Stationsalltag. Gegen 9 Uhr beginnt hier die Visite, während parallel die Therapeut:innen arbeiten. Es lohnt sich sehr, diesen Berufsgruppen mal über die Schulter zu schauen, wenn Zeit ist. Alle sind sehr offen und freuen sich, wenn man Fragen stellt. Einmal in der Woche findet um 11Uhr auch eine interdisziplinäre Teamsitzung statt, in der alle Patient:innen dezidiert durchgesprochen werden. In der NFR ist zudem die Mitbegleitung der Angehörigen ein größerer Teil der ärztlichen Arbeit. Ich muss zugeben, dass der Reiz der Station sich mir erst später erschlossen hat, weil man in den ersten Tage die Fortschritte der Patient:innen nicht so wahrnimmt. Nach 2 Wochen habe ich dann aber zunehmend Entwicklung gesehen. Hier würde ich der Station also auf jeden Fall Zeit geben, bevor man ein Urteil fällt.
Notaufnahme:
Das jüdische KH liegt im Wedding. Das ist mir bei der Rotation in die ZNA nochmal im Besonderen klargeworden. Während nach der Morgenbesprechung erstmal meist Ruhe ist, läuft die Rettungsstelle gegen Mittag mit allen möglichen Patient:innen voll. Neben den klassischen Neuro-Patient:innen gab es auch sehr viele Patiet:innen mit Suchtanamnese, dem klassischen Alkoholentzugsanfall, Vigilanzminderung bei Benzo-Intix oder Schlaganfall bei Crystal-Konsum. Man wird mit den sozialen Härten der Stadt auf jeden Fall konfrontiert. Ich fand das als Landkind aber ziemlich spannend. Von der Rettungsstelle bekommt man Stroke- und Komaalarme mit, kümmert sich abseits davon aber primär um Kopfschmerzen, MS-Schübe, Facialisparesen und weitere klassische neurologische Krankheitsbilder. Hier würde ich empfehlen, mit dem Arzt in Weiterbildung, mit dem man dort eingeteilt ist, die Absprache zu treffen, dass man zunächst selbstständig den Pat. anamnestiziert und untersucht und dann in Rücksprache das weitere Vorgehen bespricht. So habe ich am meisten gelern. Sonst würde ich auch empfehlen, die SOPs zu Meningitis und Krampfanfall zu lesen. Man muss zwar in der Akutsituation nicht selbst handeln, nimmt aber deutlich mehr aus der Situation mit.
MS-Ambulanz:
Hier habe ich nur 2 Tage hospitiert. Während es ganz nice war, einen Einblick in die Arbeit der Ambulanz zu erhalten und die MS-Medikamente kennenzulernen, so ist es doch zu kurz, um MS vollständig zu durchblicken. Genießt einfach den späten Arbeitsbeginn um 08:30Uhr, das frühe Ende um 15 Uhr und den entspannten Arbeitsmodus.
Allgemein: Ich würde dieses Tertial allen Menschen wärmstens ans Herz legen, die sich wirklich für Neuro interessieren und etwas lernen wollen. Wer vor allem früh nach Hause gehen möchte, ist hier eher nicht am richtigen Ort. Natürlich wird man auch für die "Routinearbeit" herangezogen, dafür bekommt man aber unglaublich viel zurück. Ich würde es jederzeit wieder machen!