Sehr zu empfehlen! Hier für euch ein mittellanger Roman, wieso:
Allgemeinchirurgie:
Absolut tolles Verhältnis zu Ärzt*innen und Pflege! Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und konnte mir direkt vom ersten Tag an recht frei aussuchen, was ich machen möchte.
Die Station ist in zwei Hälften mit je 8 Zimmern aufgeteilt, wobei das Personal, sowohl Ärztlich als auch Pflege, nur für eine Seite zuständig ist. Da es für beide Seiten nur einen Aufenthaltsraum mit Küche gibt, trifft man sich dort trotzdem immer mal wieder und man kann mit allen mal quatschen und Kaffee trinken - das hab ich sehr genossen, weil ich mich mit allen sehr sehr gut verstanden habe.
Begonnen wird hier um ca. 7.15 mit der Visite von einer Hälfte der Station, ich war immer nur bei der vorderen Hälfte dabei, da kannte ich die Patienten dann auch besser. Beigetragen habe ich da nichts, nur zugeschaut und ab und an was gefragt. Ich habe mich allerdings auch ehrlicherweise nicht initiativ darum bemüht, eigene Patienten zu bekommen. Auf Anfrage wäre das sicher möglich gewesen.
Danach gibt es eine Besprechung mit den Ärzt*innen von beiden Seiten, zu der noch ein Radiologe kommt und jede aufgenommene Bildgebung kurz zeigt.
Als guter PJler sollte man danach natürlich Blut abnehmen gehen - wenn aber ein spannender Punkt als erstes im OP kam, konnte ich aber auch Bescheid sagen und dort mitgehen. Manchmal waren die Blutentnahmen dann sogar schon erledigt, wenn ich wieder kam. Meistens waren es sowieso nicht viele, und es war auch in Ordnung, nur die von der "eigenen" Stationshälfte zu machen, aber ich habe trotzdem oft noch die andere Seite mitversorgt.
Für Nadeln war ich auch zuständig und wurde angerufen, wenn jemand im Laufe des Tages eine neue brauchte. Das kam so ca. 1-2x am Tag vor. Wenn mal was nicht geklappt hat, haben die Assistenten auch gern geholfen ohne zu grummeln, das war echt super!
Es gab, als ich dort war, eine Wundexpertin, die sämtliche Verbände gemacht hat. Mit ihr bin ich super gerne mitgegangen, da sie sich echt gut auskannte und man nicht nur viel Spaß mit ihr haben konnte, sondern auch viel über die verschiedensten Verbandsmaterialien und Wundheilungssituationen lernen konnte. Oft haben wir auch Arbeitsteilung gemacht und ich durfte eine ganze Reihe von Patienten eigenständig versorgen, inkl. Drainagen Ziehen etc. .
Außerdem habe ich gerne Briefe geschrieben, das klappte mit dem Orbis Programm mit eigenem Zugang auch echt komfortabel (ich erlebe im aktuellen nachfolgenden Tertial gerade SAP, Jesus Christus, kein Vergleich :D).
In den OP darf man so viel und so oft man möchte. Ich hatte dort auch einen eigenen Spind. Mit den OTAs und der Anästhesie hab ich mich auch prächtig verstanden - einfach alle in diesem Krankenhaus sind nett!!
Leider muss ich sagen, dass ich Zuschauen bei Laparoskopien, bei denen man nicht mit an den Tisch kann, sehr schnell langweilig fand - da war ich dann doch lieber auf Station. Zu Osteosynthesen bin ich allerdings gerne mitgegangen, vor allem wenn kein Assistent eingeteilt war, denn dann durfte ich mit OA Dr. Klein immer an den Tisch und auch ab und zu ein Loch bohren. :-)
Außerdem bin ich ab und zu zu Dr. Klein in die BG-Sprechstunde gegangen, das war auch ganz spannend.
Jeden Donnerstag und Freitag operiert ein Belegarzt Hüft- und Knie TEPs, zu denen immer jemand Assistieren kommen MUSS - wenn es keinen PJler gibt, auch gerne mal ein Facharzt. Wild. Die Ärzt*innen von meiner Stationsseite haben mir direkt gesagt, dass ich das nur machen soll, wenn ich da Lust drauf hab - manch anderer hat natürlich trotzdem versucht, mich dort jedes Mal hinzuschicken. Ich fand 40% des Allgemeinchirurgie-Tertials mit TEPs zu verbringen aber recht happig, weswegen ich mit dem Chefarzt Prof. Standop direkt am Anfang den smarten Deal geschlossen hab, dass ich jeden Freitag hingehe (Freitags sind nur 2, Donnerstags 3 TEPs...). Die Freitage haben mir dann aber wirklich Spaß gemacht! Dr. Popken ist ein echt lustiger Dude, wenn man sich drauf einlässt. Für die OPs bekommt man so einen sterilen Astronautenhelm auf, das war 50% brutal nervig aber auch 50% absoluter Segen, wenn man die ganzen Spritzer von Säge und Hammer nicht ins Gesicht bekommen hat.
Um 15 Uhr ist dann jeden Tag noch eine kurze Nachmittagsbesprechung, danach durfte man auf jeden Fall gehen - wenn es nichts zu tun gab, war man aber auch nicht verpflichtet dafür zu bleiben und wurde teilweise schon deutlich früher vor die Tür gekehrt.
Da ich die einzige PJlerin im ganzen Haus war, gab es keinen Studentenunterricht. Prof. Standop, die süße Maus, hat aber ein paar Mal besonders wichtige Themen rausgesucht und wir sind es in seinem Büro mit PowerPoint auf dem Laptop durchgegangen. Das wusste ich sehr zu schätzen!
Normalerweise verbringen PJler wohl ihr ganzes Tertial auf der Station, ich wollte aber gern noch ein bisschen rotieren. Darauf habe ich Prof. Standop angesprochen und er hat mich sehr unterstützt, mir Ansprechpartner für die anderen Stationen genannt, dort sollte ich einfach anrufen und frei die Zeiträume mit denen abklären.
Zuerst wollte ich dann in der Ambulanz/Notaufnahme der Allgemeinchirurgen. Hier ist ein Arzt fest eingeteilt, bei dem ich mich allerdings nicht sehr willkommen gefühlt habe... hätte gerne irgendwie geholfen, und sei es nur zwischen zwei Patienten die Liegenauflage zu wechseln, aber irgendwie war immer alles falsch. Und machen durfte ich sowieso nichts. Naja. Habe dann meine Ambulanz-Rotation doch wieder oben auf Station verbracht und mir die Vibes nicht angetan. :D
Gefäßchirurgie:
In die Gefäßchirurgie bin ich drei Wochen rotiert, und es waren alle sehr verwirrt, was ich dort suche - anscheinend hatten die seit Jahren keinen PJler gesehen. Kann ich aber sehr empfehlen!
Ich hab Tränen gelacht mit der Pflege in der Küche, die waren obercool! Die Ärzteschaft war nicht so mingelig, die hab ich außerhalb des OPs kaum gesehen.
Es gibt eine Gefäßassistentin, sodass ich keine einzige Kanüle in die Hand nehmen musste da oben, und da der Chef dort seeeehr hohe Anforderungen an die Briefe stellt, war das auch nichts, wo es sich gelohnt hätte, mich einzuarbeiten. Also null Stationsarbeit, mehr Kaffee. Es gab noch Sprechstunden, zu denen ich mitkonnte, aber sehr unregelmäßig, sodass ich nur dort war, wenn ich zufällig mitbekommen habe, dass ein ambulanter Patient gerade da ist.
Auch hier durfte ich natürlich so viel wie ich wollte in den OP, aber auch hier bin ich nach einer Weile fast nur mitgegangen, wenn ich mich mit einwaschen konnte. Das war aber tatsächlich sehr oft! Carotis-TEAs haben so eine abgefahrene Befriedigung, wenn der Operateur den Schnodder da raus holt, ich habs GELIEBT. Nähen durfte ich manchmal. Und auch eine Vene durfte ich strippen, das war lustig. Zu interventionellen Sachen bin ich trotz nicht-Einwaschens gern gegangen, das ist ja eh nur wie im Kino und man sieht alles, auch wenn man irgendwo in einer Ecke auf einem Stuhl chillt.
Neurochirurgie:
Auch hier war ich für drei Wochen.
Es gibt (/gab zu meiner Zeit, hoffe ich) keine Frau in der Neurochirurgie, die gesamte Ärzteschaft ist männlich. Und so verhielten die sich auch - wie die in der Frühbesprechung manchmal ein Testosteron-Konzert des Geweihstoßens von sich gegeben haben... habe als einziges weibliches Wesen im Raum in der Beobachterrolle teilweise fast gelacht, weil das so obvious war. Habe aber gehört, dass ein paar die Klinik wechseln, sodass der/die nächste PJler das hoffentlich nicht miterleben muss.
Hier habe ich quasi gar keine Zeit mehr auf Station verbracht, sondern war durchgehend im OP. Durfte mich auch oft einwaschen und tatsächlich was tun, das war ziemlich cool! Vor allem der Chef Dr. Rothe hat mich viel machen lassen. Dafür muss man allerdings auch aushalten, dass er die gesamte Zeit lang redet - und davon ein hoooher Prozentsatz absoluter Stuss ist. Und der Rest handelt davon, was ein toller Kerl er ist. Man wünschte, es wäre nur ein Klischee...
Glaubt ihm kein Wort, wenn er euch einredet, was er alles besser weiß als die Oberärzte anderer Fachrichtungen! Es war wirklich komplett wild, was er alles als "falsch im Lehrbuch" deklariert und seine richtige Meinung zum Besten gegeben hat. Unmöglich das Schmunzeln zu unterdrücken, wenn während einer dieser Lobesreden auf sich selbst neben ihm ein Oberarzt steht, Augenkontakt mit dem PJler sucht und subtil genervt den Kopf schüttelt, nach dem Motto "Lass ihn labern, wir wissen beide, dass das Lehrbuch Recht hat".
Wenn man die Strategie da-rein-da-raus beherrscht, und sich vielleicht eher ein bisschen drüber amüsieren kann, kann man aus der Neurochirurgie allerdings viel mitnehmen und auch diese Rotation kann ich jedem empfehlen.
Essen: (zu meiner Zeit wegen Corona noch Casino geschlossen)
Man bekommt 3x am Tag kostenlos Essen, wenn man das möchte. Pflege und Ärzte wissen aber meistens nicht, wie genau das abläuft, daher am besten einfach runter in die Küche und das persönlich mit den Verantwortlichen klären. Die sind super duper nett, wollen es einem so recht wie möglich machen, und sind auch sehr anpassungsfähig, wenn man doch mal die Strategie ändern möchte.
Man kann sich die Mahlzeiten jedenfalls entweder immer unten abholen und mitnehmen wohin man möchte, oder man macht sich eine Essenskarte, wie die Patienten sie haben, und lässt sich das Essen mit hoch auf Station schicken. Das Abendessen können sie einem auch direkt mit dem Mittagessen schon hochschicken, dann kann man es sich auf Station in den Kühlschrank oder in den Spind stellen und muss nicht noch mal dafür in die Küche (wenn das Abendessen für die Patienten kommt, ist man ja schon weg).
Man kann auch Wünsche äußern, was man beim Frühstück/Abendessen haben möchte - und ich glaube, die Mitarbeiterin, die mir das Tablett belegt hat, hat mir absichtlich öfter mal ein extra-Nutella dazugelegt :D <3
Das Mittagessen fand ich auch vollkommen in Ordnung, habe immer das Vegetarische gewählt. Dazu gibts Suppe, Salat, Nachtisch und ein Getränk.
Wohnheim:
Das Wohnheim ist auch komplett umsonst, und dafür fand ich es auch total Ok. Mein Zimmer war sehr spärlich mit einem Bett, Tisch, Stuhl und der Mini-Kochzeile ausgestattet. Die Kochzeile hat kein Geschirr/Töpfe oder so, das musste ich selbst besorgen, habe natürlich bisschen was aus der Klinik dahin mitgenommen hehe, und auf Töpfe habe ich wegen der Rundum-Versorgung in der Klinik sowieso verzichtet.
Der Wasserboiler war mir sehr suspekt, sodass ich nur mit Wasser meinem eigenen Wasserkocher gespült habe. Der Rest des Zimmers und des Bads waren aber super sauber, nichts zu meckern.
Ich habe mir das Zimmer dann selbst wohnlich eingerichtet und einen Teppich, meinen TV+Bank und eine Kommode von zu Hause mitgebracht. Eine zweite Kommode habe ich umsonst über Ebay Kleinanzeigen bekommen.
WLAN gibt es leider nicht, habe mir von Congstar einen 100GB Vertrag für einen LTE Router geholt, 30€, ging voll klar. TV-Anschluss war bei mir vorhanden.
Der "Balkon" ist eine Sache für sich - da wurde eine zweite Wand mit Fenster vor gebaut, aber nicht von innen zu gemacht, man schaut also auf die Dämmung. Gibt schönere Ausblicke im Leben. Außerdem gibt es keine Trennung zwischen den Wohnabschnitten, man könnte also theoretisch den Gang lang laufen und allen mal ins Zimmer schauen, das macht natürlich keiner, aber fühlt sich trotzdem bisschen weird an :D und als Nichtraucher auch etwas nervig, neben Rauchern zu wohnen.
Für umme aber wie gesagt komplett in Ordnung.
Waschmaschinen soll es geben, habe ich aber nicht nach gesucht, sondern bei meiner Schwester in Koblenz gewaschen. Auch von einer Gemeinschaftsküche habe ich gehört, bin aber eh nicht der Fan von sowas.
Es gibt einen unterirdischen Gang in die Klinik, sodass ich mich auch immer zu Hause umgezogen habe.
Und, nun ja. Wie soll ich sagen. Das Kliniktelefon hat... möglicherweise... Empfang im Zimmer...?
Sodass man... rein hypothetisch... nachmittags, wenn nichts zu tun ist, auch ne Stunde... oder drei... netflixen gehen könnte... und in 3min wieder in der Klinik ist, um eine Nadel zu legen oder an der 15 Uhr Besprechung teilzunehmen... das wisst ihr nicht von mir. :D
Kleidung:
Kleidung bekommt man natürlich gestellt, mir wurde jeden Tag ein Set rausgelegt das ich mir frei abholen konnte. PJler die länger da sind, bekommen das System wie bei den Ärzten, damit kenne ich mich aber nicht aus.
Alles in allem kann ich das Tertial wärmstens empfehlen!! Habe mit allen, die ich kennengelernt habe, viel Spaß gehabt, war direkt Teil des Teams, habe viel gelernt, und wenn es im OP Suppe gäbe (gibt es nicht, einer der wenigen Nachteile), und ich Allgemeinchirurgie machen wollte, würde ich ernsthaft drüber nachdenken, mich hier zu bewerben.
Vielen Dank! <3
Bewerbung
Ein Freund arbeitete dort in der Radiologie und hat Prof. Standop für mich gefragt, ob ich kurzfristig noch zum PJ dorthin wechseln kann, das war gar kein Problem und ich habe alles Organisatorische mit Frau Eisenbach telefonisch geklärt.